Gelsenkirchen. Die Verjüngung der CDU erlebt man beispielhaft in Gelsenkirchen- Heßler. Wie der Parteinachwuchs auf den aktuellen Zustand der Union blickt.

Viel wird seit dem historisch schlechtesten Bundestagswahlergebnis der CDU gesprochen über eine notwendige personelle und inhaltliche Erneuerung, die in der Union stattfinden muss – in Heßler wurde die Verjüngung bereits vollbracht. Nach über 25 Jahren in der Kommunalpolitik hat sich der mittlerweile 60-jährige Wolfgang Heinberg zurückgezogen. Sein Nachfolger als Vorsitzender CDU in Heßler: der erst 24-jährige Hobie Fischbasch. Er gehört damit zu der Altersgruppe, in der seine Partei bei der Bundestagswahl nur zehn Prozent geholt hat. Was zieht einen jungen Gelsenkirchener zur CDU?

Junger CDU-Chef in Heßler: Die „Kontinuität“ seiner Partei begeistert ihn

Hobie Fischbach ist neuer Chef der CDU-Ortsgruppe in Heßler. Er will den dortigen Markt und die Einkaufsstraße beleben.
Hobie Fischbach ist neuer Chef der CDU-Ortsgruppe in Heßler. Er will den dortigen Markt und die Einkaufsstraße beleben. © WAZ | Gordon Wüllner-Adomako

Er stand noch in Kinderschuhen, da habe er schon „das Gefühl gehabt, zur CDU zu gehören“, erzählt Fischbach. Als der Jura-Student 2020 von seinen Kommilitonen an der Ruhr-Uni Bochum angesprochen wurde, ob er nicht mal bei einem Treffen der Jungen Union mitmachen wolle, habe er deshalb direkt zugesagt - und sich dann so sehr am richtigen Platz gefühlt, „dass ich den Beitrittsantrag direkt im Auto ausgefüllt habe." Von seinen Eltern kommt die Prägung nicht. „Ich weiß gar nicht, was sie immer gewählt haben - ich hoffe, heute ist es die CDU.“

Fragt man den Reitsport-Enthusiasten, was ihn an der Union reizt, gibt es für Fischbach ein Schlagwort: „Es ist die Kontinuität.“ Als historisch interessierter Mensch habe er festgestellt, dass die CDU für die neuere deutsche Geschichte am meisten bewirkt hätte. In seiner Partei sei es stets darum gegangen, über einen langen Zeitraum verlässlich zu regieren. „Bei der CDU stehen keine Hau-Ruck-Reformen im Mittelpunkt.“ Es sind Sätze, die nochmals gedämpfter klingen als das „Modernisierungsjahrzehnt“, das Kanzlerkandidat Armin Laschet im Wahlkampf beworben hat, weniger aufwühlend als die „Jahrhundertreform“ im Staatswesen, die CDU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus forderte. Dem jungen Fischbach geht es offenbar nicht um die großen Umstürze - für ihn haben Maß und Mitte Anziehungskraft.

Neue CDU-Spitze in Heßler will neue Gastronomie und Feierabendmarkt

Seine Vorbilder sind nicht allein „die großen Staatsmänner der Vergangenheit“ – Adenauer oder Kohl. Auch vom 28-jährigen Philipp Amthor, der bis zu seiner Lobbyaffäre 2020 als ein großer Hoffnungsträger der Union gehandelt wurde, hat Fischbach „jede Bundestagsrede gesehen“. Von den Lobby-Verstrickungen abgesehen sei Amthors Stil „sehr ansprechend“, findet der Jura-Student. „Er war in der vergangenen Legislatur einer der Leistungsträger, hat eine harte wie intellektuelle Auseinandersetzung mir Rechts wie auch mit Links geführt.“ Amthor zeige, „dass Menschen viel bewegen können und sich medienwirksam darstellen können.“

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Vor dem 30. Lebensjahr im Bundestag wie Amthor sieht sich Fischbach aber nicht. Erst mal will er vor der Tür, in seiner ewigen Heimat Heßler etwas bewirken: „Hier gibt es alles, was man braucht und das soll auch so bleiben. Wir haben hier einen autarken Dorfcharakter, den ich beibehalten möchte“, sagt er. Wichtig sei dafür zum Beispiel eine neue Gastronomie im zugemauerten Steakhouse Fischer. „Wir wollen auch den Marktplatz mehr aufleben lassen - vielleicht mit einem Feierabendmarkt. Das Miteinander, das in Heßler immer gelebt wurde, wollen wir weiter ausbauen.“

Wüst, Jamaika, CDU-Wahlergebnis: Das denkt die junge Stellvertreterin

Friederike Faulhaber (31) ist schon als 18-Jährige der Jungen Union beigetreten. Jetzt ist sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU in Heßler.
Friederike Faulhaber (31) ist schon als 18-Jährige der Jungen Union beigetreten. Jetzt ist sie die stellvertretende Vorsitzende der CDU in Heßler. © WAZ | Gordon Wüllner-Adomako

An seiner Seite hat Fischbach die beiden, ebenfalls jungen und neuen stellvertretenden Vorsitzenden Peter Stanizcek (32) und Friederike Faulhaber (31). Die Kundenbetreuerin bei einer Privatbank ist schon seit ihrem 18. Lebensjahr Mitglied der Jungen Union, verlor die örtliche Politik dann mit einem Studium nahe Frankfurt und einer beruflichen Station in Berlin aus den Augen. „Gelsenkirchen war aber immer mein Lebensmittelpunkt, hier habe ich meine Freunde, Familie und mein Pferd.“ Als sie vollständig zurückkehrte, reizte sie auch das politische Engagement wieder mehr - und Faulhaber trat 2020 endlich auch der Mutterpartei bei.

Den designierten NRW-Ministerpräsidenten und Laschet-Nachfolger Hendrik Wüst? Findet Faulhaber „einfach gut!“ Das desaströse CDU-Wahlergebnis? „Muss man gründlich analysieren.“ Die Chancen für eine Jamaika-Regierung?„Sieht nicht gut aus - aber ist auch noch nicht entschieden.“ Sie selber möchte sich inhaltlich vor allem für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen. „Da müssen wir mehr noch Lebensqualität bieten können. Aber da ist die CDU bereits auf einem guten Weg.“

Verjüngung der CDU

„Die Verjüngung der CDU Gelsenkirchen ist ein kontinuierlicher Prozess, den wir konsequent seit Jahren gehen. Wer sich engagieren will, hat auch im jungen Alter gute Chancen, gewählt zu werden“, sagt der CDU-Kreisverbandschef Sascha Kurth. „Das sieht man gerade in den Ortsverbänden, nicht nur in Heßler.“

So verweist Kurth etwa auf den Ortsverband in Schalke, den die junge Bundestagskandidatin Laura Rosen (27) schon mit 21 Jahren als Vorsitzende übernommen hatte. Ein anderes Beispiel: Michael Schmitt wurde bereits mit 20 Jahren zum Vorsitzenden der CDU in Neustadt, seine Stellvertreterin Friederike Stöckmann war damals 21.