Gelsenkirchen-Resser Mark. Von seiner Krankheit hat sich der Gelsenkirchener Jörg Neumann nie unterkriegen lassen. Jetzt hofft er, mit einer Erfindung Geld zu verdienen.

Jörg Neumann stand früher im Ring, er weiß, dass man nicht so einfach aufgibt, wenn der Gegner einem Tiefschläge verpasst. Der 59-Jährige hat einmal für den BC Erle geboxt, im Schwergewicht. Das ist lange her, und seitdem war es das Leben selbst, das Jörg Neumann die Tiefschläge verpasst hat: Seine Hüften sind kaputt, seine Wirbelsäule, seine Schultern, er kann kaum noch laufen, ist auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen, an Arbeit ist seit acht Jahren nicht mehr zu denken. Doch einfach das Handtuch zu werfen, das würde dem Gelsenkirchener nie in den Sinn kommen.

Ganz im Gegenteil: Jörg Neumann blieb im Ring und geht, um in der Boxersprache zu bleiben, zum Gegenangriff über. Denn die Zeit, in der er nicht arbeiten konnte, hat er sinnvoll genutzt – und aus einer guten Idee ein Produkt erschaffen, dass es demnächst im Baumarkt zu kaufen gibt, und das Jörg Neumann ein wenig Geld einbringen könnte.

Gelsenkirchener hatte die Idee in einer heißen Sommernacht

Die Idee kam ihm in einem heißen Sommer in Velbert, wo er für einige Jahre gelebt hat. Neumann, damals schon nicht mehr in der Lage zu arbeiten, hatte einen Bericht über Einbrecher gesehen, die nachts durch Fenster einsteigen, die wegen der Hitze geöffnet waren. „Das muss man doch verhindern können“, dachte sich Neumann. Sein Einfall: Ein Gitter, das aber nicht fest im Mauerwerk verankert wird, sondern das sich einfach Nacht für Nacht mit wenigen Handgriffen neu einsetzen lässt und das im Fensterrahmen verhakt wird. Samt einem Schloss zum Abschließen.

Das Fenstergitter, das Jörg Neumann entworfen hat.
Das Fenstergitter, das Jörg Neumann entworfen hat. © Jörg Neumann

Fest eingebaute Gitter schrecken nicht nur Einbrecher, sondern auch Hausbesitzer ab, ist sich Neumann sicher: „Das sieht dann schnell aus wie im Gefängnis, das will niemand.“ Er tüftelte, zeichnete, bis am Ende der fertige Entwurf stand. Der sieht ein Gitter vor, das bei geöffnetem Fenster einfach im Rahmen verkeilt wird. Oben greift ein U-förmiges Stück nach der Oberkante des Rahmens, unten sitzt das Gitter auf und wird dort mit einem Schloss gesichert: Fertig ist der schnelle Einbruchschutz.

Seit 2013 kann Jörg Neumann nicht mehr in seinem Beruf arbeiten

Eine Ingenieurausbildung hat Jörg Neumann nie gemacht. In der Feldmark geboren, absolvierte er zunächst eine Fleischerlehre. Bei der Bundeswehr machte er den Lkw-Führerschein und wechselte den Beruf, arbeitete als Fahrer im Straßenbau sowie im Garten- und Landschaftsbau. Bis er 2012 mit einem Mal morgens kaum mehr aus dem Bett kam. „Ein Besuch beim Orthopäden ergab, dass die Hüften kaputt waren“, erinnert sich Neumann. Ein Jahr versuchte er noch, mithilfe von Schmerzmitteln zu arbeiten, doch das ging irgendwann nicht mehr.

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Damals wohnte er in Velbert in einer Wohnung im ersten Stock – „ich war praktisch an die Wohnung gefesselt und kam nicht raus.“ Statt Trübsal zu blasen, grübelte er über Erfindungen – „wie kann man das Leben besser machen“, fragte er sich, bis ihm in jener heißen Sommernacht die Eingebung kam.

Dieser Bochumer Betrieb baute den Prototypen

Gitter in mehreren Größen

Jörg Neumann hofft, dass seine Erfindung ab dem kommenden Frühjahr in Baumärkten erhältlich sein wird. Geplant ist, das Gitter in mehreren Größen anzubieten, um so verschiedenen Fenstergrößen abzudecken.

Der Preis soll je nach Größe zwischen 99 und 199 Euro betragen, so der Gelsenkirchener.

Mit seiner Idee ging er zunächst hausieren, fragte bei Herstellen nach – einfach war das nicht. „Wenn man niemanden kennt und einfach so bei Firmen anruft, hat man es schwer“, sagt er. Schließlich wurde er bei der Metallbaufirma Thönnessen in Bochum fündig. „Die waren begeistert von der Idee und haben einen ersten Prototypen angefertigt.“ Eine erste Baumarktkette habe schon zugesagt, das Gitter ins Programm aufzunehmen, Gespräche mit weiteren Märkten sollen folgen. „Dann können wir in Serienproduktion gehen“, freut sich Neumann, der auch einen durchaus ernsten Grund dafür hat, mit seiner Erfindung Geld zu verdienen: „Ich möchte so lange wie möglich in meiner eigenen Wohnung leben“, sagt er.

Als ehemaliger Boxer weiß er: Auch wenn man in den ersten Runden Gegentreffer einkassieren muss, kann man immer noch als Sieger aus dem Ring steigen.