Gelsenkirchen. Ein magischer Abend: Mit dem zweiten Sinfoniekonzert bescherte die Neue Philharmonie Westfalen in Gelsenkirchen schönste musikalische Nordlichter

„Aurora Borealis“, das lateinische Wort für die Nordlichter erweckt geheimnisumwobene Bilder im Kopf und genauso mystisch, märchenhaft und beeindruckend gestalte sich am Montagabend im Großen Haus des Musiktheaters im Revier das zweite Sinfoniekonzert der Neuen Philharmonie Westfalen. Generalmusikdirektor Rasmus Baumann lies sein Orchester in den magischen Farben der Polarlichter leuchten.

Zweites Sinfoniekonzert der Saison im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier

Die „Nordischen Impressionen“ begannen mit Hugo Alfvéns „Midsommarvaka“, die „schwedische Rhapsodie“ eine wunderbare Mischung von fröhlichem Tanz in den Schären, verträumten Wäldern, denen die Harfe und Holzbläser funkelnde Glanzpunkte verliehen, breiten Klangbildern der Streicher, volltönende Pauken – ein gelungener Auftakt.

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Subtiler Edvard Griegs Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 16. Solist Sebastian Knauer und Orchester im intensiven Gleichschritt durch den spannungsgeladenen ersten Satz, perfekte Abstimmung. Knauer setzte unglaublich einfühlsam die perlenden Tropfen auf den schmelzenden Klangteppich im Adagio, aufgewühlt ging es durch den dritten Satz, die Bögen der Celli schienen sich durch Fleisch zu bohren, Knauer selbst wurde Orchester, virtuos die letzte Solo-Passage.

Solist Sebastian Knauer freut das Spiel vor Live-Publikum nach der langen Corona-Zeit

Unglaublich einfühlsam: Solist Sebastian Knauer interpretierte Edvard Griegs Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 16.
Unglaublich einfühlsam: Solist Sebastian Knauer interpretierte Edvard Griegs Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 16. © Unbekannt | Veranstalter

„Es ist wunderbar, endlich nicht mehr für rote Punkte zu spielen“, stellte er mit Rückblick auf die vergangene digitale Corona-Zeit sichtlich ergriffen fest. Dem Publikum bei seinem Debüt in Gelsenkirchen dankte der renommierte Pianist mit einer Mozart-Zugabe. Nach der Pause die von einigen Zuhörern lang erwartete symphonische Dichtung „Finlandia“ von Jean Sibelius. Selten dürfen sich die exzellenten Blechbläser der NPW so schön in Szene setzen. Voll und dunkel, majestätisch und nebulös eröffneten sie die Jagd der Streicher. Das komplette Orchester kompakt aus einem Guss, Baumann mit dem Taktstock hier spießend, dort schmeichelnd. Der opulente Ritt am Ende viel zu schnell vorbei.

„Die vier Temperamente“ von Nielsen als krönender Abschluss

Der wahrhaft krönende Abschluss des Abends die Sinfonie Nr. 2 „Die vier Temperamente“ des Dänen Carl Nielsen. Baumanns Haltung vor dem ersten Ton, bis in die Finger und Fußspitzen gestrafft und vor Spannung zitternd, lies erahnen, welch energiegeladenes Werk dort wartete: Höchstleistung an Präzision und Schnelligkeit in allen Sektionen des Orchesters, traumhafte Pizzicati, märchenhafte Oboen. Ein effektvolles und einnehmendes Werk, die halbe Stunde verging im Flug. Stehende Ovationen für ein wahrhaft magisches Orchester und einen vor Leidenschaft brennenden Dirigenten.

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Sonderapplaus gab es nach dem ersten Stück für den Cellisten Walter Gödde, dem der Bogen gerissen war, und der ganzen Violoncello-Sektion. Die Kollegen reichten sich im Spiel jeweils den Bogen vom Nachbarn und Hintermann weiter, der letzte holte einen neuen aus dem Off. Das alles professionell unaufgeregt und in keiner Weise die Darbietung beeinträchtigend.