Gelsenkirchen-Horst. Die Internationale Gartenschau Metropole Ruhr schafft einen Zukunftsgarten in Gelsenkirchen. So ist der Fahrplan zur Umsetzung im Nordsternpark.

Wer eine Internationale Gartenschau wie die IGA Metrople Ruhr plant, rechnet in anderen Zeitmaßstäben. 2027 soll die IGA im April eröffnet werden. Bis dahin wird sich der Nordsternpark, nachhaltiges Relikt der Bundesgartenschau 1997, in Teilen gründlich wandeln, soll zwischen Rhein-Herne-Kanal und Emscher eine „Zukunftsinsel“ entstehen, wird rund um den „Green Tower“, den ehemaligen Kohlebunker der Zeche Nordstern, Gelsenkirchens neue „Blaue Mitte“ geschaffen werden. Lang hin? Von wegen!

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Der Zeitplan ist und bleibt eng getaktet. Mitentscheidend wird die Feinabstimmung, weil bei solch einem Mammutprojekt unendlich viele Behörden- und Genehmigungsrädchen ineinandergreifen müssen, weil zig Förderanträge gestellt und vor allem bewilligt werden müssen, weil neben dem Land Kommunen und Kreise, etliche Gesellschaften, unterschiedliche Mittelbehörden mit im Boot sind.

IGA-Siegerentwurf für Gelsenkirchen wird bearbeitet

Am 14. April 2021 wurde durch eine Fachjury über die Siegerentwürfe entschieden. Nun wurde das angeschlossene Vergabeverfahren für die Planungsaufgabe ebenfalls beendet. Beauftragt wurde das Landschaftsarchitekturbüro GM013. Das Berliner Team um Landschaftsarchitekt Paul Giencke hatte den erstplatzierten Entwurf des Realisierungswettbewerbs eingereicht. So wird es nun Zug um Zug weiter gehen:

Es entstehen eine barrierefreie Mobilitätsachse über die gesamte Insel, ein erlebbares Wendebecken nah am Wasser sowie generationenübergreifende Spiel- und Sportangebote an Emscher und Rhein-Herne-Kanal. Die Visualisierung stammt aus dem Siegerentwurf.
Es entstehen eine barrierefreie Mobilitätsachse über die gesamte Insel, ein erlebbares Wendebecken nah am Wasser sowie generationenübergreifende Spiel- und Sportangebote an Emscher und Rhein-Herne-Kanal. Die Visualisierung stammt aus dem Siegerentwurf. © Paul Gliencke | FUNKEGRAFIK NRW Denise Ohms

„Mit dem Planungsbüro laufen derzeit die Steuerungsrunden. Bis Oktober wollen wir die Phase für den Vorentwurf abschließen, die Entwurfsphase ist bis Frühjahr 2022 geplant, die Genehmigungsplanung sollte bis Herbst 2023 abgeschlossen sein“, nennt Christoph Prinz die nächsten Stationen auf dem IGA-Fahrplan. Der Landschaftsarchitekt ist IGA-Beauftragter der Stadt Gelsenkirchen, in seiner Stabsstelle laufen lokal die Fäden zusammen.

Die Ausführungsplanung für die diversen Baustellen soll auch bereits 2022 anlaufen. Ab Januar 2024, so der Plan, „werden wir dann anfangen zu bauen“, sagt Prinz und unkt, dass es zum Finale in rund fünfeinhalb Jahren so kommen könnte, wie auf allen großen Baustellen: „Vorne kommen die Besucher rein, hinten verlassen die letzten Handwerker das Gelände“.

Spannungsfeld zwischen montanindustrieller Vergangenheit und Naturerfahrung

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„Es entstehen eine barrierefreie Mobilitätsachse über die gesamte Insel, ein erlebbares Wendebecken nah am Wasser, generationenübergreifende Spiel- und Sportangebote und immer wieder Möglichkeiten, die Zukunftsinsel als solche neu zu entdecken“, glaubt Paul Giencke. Das Spannungsfeld zwischen der montanindustriellen Vergangenheit und der Zukunftsinsel als Lebens- und Naturerfahrungsraum, findet der Landschaftsarchitekt, „könnte größer kaum sein, und so sind es auch die Potenziale, die es freizulegen gilt.“

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Bei einem Begehungstermin im Nordsternpark erläuterten die Berliner Anfang September Vertretern der Stadt sowie der IGA gGmbH ihre Planung für den Zukunftsgarten: „In unseren Arbeiten sind wir auf der Suche nach dem Landschaftlichen in der Architektur, dem Natürlichen im urbanen Kontext und der Erfahrung des Künstlerischen in der Natur“, formuliert Giencke den Anspruch seines Büros, den er als Landschaftsarchitekt umsetzen will. Sein Ziel: „Anpassungsfähige, aneigenbare und vielfältige Freiräume, die sich mit dem Leben und Wandel der Stadt und der Gesellschaft weiterentwickeln und sich außerhalb des Alltäglichen bewegen.“

Grüne Gartenschau: Klimaanpassung gilt als zentrales Thema

Die Bundesgartenschau 1997 schuf in Gelsenkirchen den Nordsternpark, der wird in Teilen für die IGA 2027 zur Zukunftsinsel.
Die Bundesgartenschau 1997 schuf in Gelsenkirchen den Nordsternpark, der wird in Teilen für die IGA 2027 zur Zukunftsinsel. © Funkegrafik NRW | FUNKEGRAFIK NRW Denise Ohms

„Mit Highlights wie dem Greentower, der Mobilitätsachse und dem klimaneutralen Eingangsgebäude zeichnet sich schon heute eine für die Metropole Ruhr hoch innovative Zukunft mit naturbasierten Lösungen ab“, betont Nina Frense, Beigeordnete Umwelt beim RVR und Geschäftsführerin der IGA gGmbH. Das Giencke-Team, ist sie überzeugt, werde die Zukunftsinsel auf „einzigartige Weise erlebbar machen. Hier kann das Ruhrgebiet erneut zeigen, was für Potenziale in seinen ehemaligen Industrieflächen stecken. Ob Zukunftsthemen wie Klimaanpassung, klimafreundliche Mobilität oder Gebäudebegrünung: Mit der IGA werden wir zur grünsten Industrieregion der Welt.“

Mit diesem Realisierungsansatz, so Stadtbaurat Christoph Heidenreich, „haben wir die Chance, auch über 2027 hinaus zukunftsweisende und tragfähige Strukturen im Zukunftsgarten Gelsenkirchen zu schaffen“ und aus „dem Nordsternpark einen Park mit höherer Qualität schaffen, den Nordsternpark+.“

Im Überblick: Daten, Zahlen, Fakten zur IGA 2027

– Die Schauplätze. Die IGA wird die erste dezentrale Internationale Gartenausstellung. Neben Duisburg und Dortmund wird Gelsenkirchen einer der Hauptschauplätze der Internationalen Gartenausstellung 2027 sein. Lokal werden der Nordsternpark und die „Blaue Mitte“ an Kanal und Emscher mit dem Green Tower das Kernstück der IGA bilden. So soll zum Beispiel aus dem Wendebecken des Hafens der ehemaligen Zeche Nordstern ein attraktiver Freizeitort werden. In Randbereichen reicht das Gelände bis Schalke-Nord. Im raumplanerischen Wettbewerb ging es allerdings allein um das 30 Hektar große Herzstück am Kanal.

Der Nordsternpark – hier mit Amphitheater und Doppelbogenbrücke – soll eine qualitative Aufwertung erfahren. Ein besonderes Projekt: Der ehemalige Kohlebunker (l.) der Zeche wird zum „Green Tower“.
Der Nordsternpark – hier mit Amphitheater und Doppelbogenbrücke – soll eine qualitative Aufwertung erfahren. Ein besonderes Projekt: Der ehemalige Kohlebunker (l.) der Zeche wird zum „Green Tower“. © www.blossey.eu | Hans Blossey

– Die Beteiligten. Die IGA wird organisiert durch die IGA Metropole Ruhr 2027 gGmbH als Durchführungsgesellschaft, den Regionalverband Ruhr (RVR) sowie die Kommunen und Kreise als Projektträger. Einbezogen sind ferner die Deutsche Bundesgartenschaugesellschaft (DBG), die Ruhr Tourismus GmbH, das Land NRW oder auch die Emschergenossenschaft .

– Die Kosten. Mit 84 Millionen Euro wird der „Durchführungshaushalt“ der IGA angegeben. 35 Millionen davon sollen aus Einnahmen der verkauften Eintrittskarten finanziert werden. Besucherprognosen gehen von etwa 2,6 Millionen Besuchern aus. Den bislang errechneten Zuschussbedarf von rund 36 Millionen Euro werden sich der RVR und die Mitgliedskommunen teilen. Zuletzt kalkulierte die Stadt Gelsenkirchen ihre Realisierungskosten netto mit rund 8,32 Millionen Euro.

Hinzu kommen erhebliche Fördermittel. Für die Entwicklung des Nordstern-Kohlenbunkerensembles zum „Green Tower“ erhielt die Stadt beispielsweise im März sechs Millionen Euro aus der Städtebauförderung des Bundes.

Exakte Kostenschätzungen sind zum jetzigen Zeitpunkt für den städtischen IGA-Beauftragten Christoph Prinz kaum seriös: „Es gibt so viele Unbekannte, zum Beispiel bei der Baupreisentwicklung.“

– Der Wettbewerb. Insgesamt hatten sich 30 Büros zur Teilnahme am internationalen Realisierungswettbewerb allein für den IGA-Part in Gelsenkirchen akkreditiert. Insgesamt wurden schließlich 14 Arbeiten eingereicht und bewertet.

– Die Gesellschaft. Die IGA Metropole Ruhr 2027 gGmbH hat Ende 2019 ihre Arbeit aufgenommen. Gelsenkirchen ist an der GmbH mit 6,4 Prozent beteiligt, der RVR mit 54,6 Prozent, Dortmund hält beispielsweise 14,4 Prozent. Die Gesellschaft soll die IGA vorbereiten, durchführen und abwickeln.