Gelsenkirchen. Nach drei Monaten Aufenthalt zieht Gelsenkirchens erste Stadtschreiberin Carola Gruber eine positive Bilanz. Sie hat viele Texte geschrieben.

Die Zeit, sie ist gerannt für Carola Gruber. In den vergangenen drei Monaten war die Münchnerin als erste Stadtschreiberin in vielen Teilen Gelsenkirchens und des Ruhrgebiets unterwegs. Unzählige Eindrücke, die sie unterwegs gesammelt hat, hielt sie in ihren Texten fest. „Der Wandel und der Umbruch sind hier wirklich greifbar und waren für mich hautnah zu erleben“, zog sie ein positives Fazit als erste Auserwählte für das Literatur-Stipendium „Writer in Residence“.

Abschlusslesungen an diesem Sonntag und Montag

Der Blick von Stadtschreiberin Carola Gruber auf Gelsenkirchen – hier von der Halde Rheinelbe aus – hat sich in den vergangenen drei Monaten nachhaltig verändert.
Der Blick von Stadtschreiberin Carola Gruber auf Gelsenkirchen – hier von der Halde Rheinelbe aus – hat sich in den vergangenen drei Monaten nachhaltig verändert. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Kurz vor ihrer Heimfahrt gen Süden stehen für Gruber aber noch zwei Termine auf dem Programm: Bei der offiziellen Abschlusslesung an diesem Sonntag, 5. September, ab 18 Uhr im Kiez-Schuppen (Bochumer Straße in Ückendorf) will sie nicht nur einige jener Texte vortragen, die hier entstanden sind. „Ich habe auch Arbeiten aus meinen beiden Schreibwerkstätten in Horst und Ückendorf mit dabei“, erzählt sie. Elf Frauen und Männer zwischen 15 und 75 Jahren hatten sich in den beiden Kursen unter der Anleitung Grubers selbst als Autor versucht – mit tollen Resultaten. Diese Schreibwerkstätten-Teilnehmer werden bei der Lesung am Sonntag ebenfalls zu Gast sein.

Tags darauf, am 6. September, will Gruber die Resultate ihrer Arbeit zudem in der „Werkstatt“ in Buer (Hagenstraße 34) vorstellen. Dort geht es um 19 Uhr los. Der Eintritt ist frei. Es gilt für alle Besucherinnen und Besucher an beiden Veranstaltungsorten die 3-G-Regel. Dann heißt es für Gruber kurz darauf, Abschied von Gelsenkirchen zu nehmen. „Ich freue mich sehr, meine Freunde in München wiederzusehen. Und ich freue mich aufs Essen“, sagt Gruber und strahlt.

Schnell Kontakte zu den Menschen geknüpft

Und was hat ihr hier besonders gut gefallen? „Wie schnell ich hier Anschluss gefunden habe und wie hilfsbereit alle waren“, antwortet die Stadtschreiberin. „Ich hatte das Gefühl, dass ich überall, wo ich hinkomme, offene Türen einrenne.“ So habe es höchstens ein bis zwei Wochen der anfänglichen Orientierung gebraucht, bis sie auch gefühlt in ihrer provisorischen Heimat richtig angekommen war. Die lag in einer Wohnung in Ückendorf. Und auch dort fand sie schnell Anschluss an die Kulturszene, knüpfte aber auch Kontakte zu älteren Ansässigen. „Die haben mich bei Spaziergängen an ihre persönlichen Erinnerungsorte im Stadtteil geführt und viele emotionale Geschichten dazu erzählt“, so Gruber.

Einer jener Rückzugsorte, die sie zum Schreiben für sich entdeckt hat, ist die „Himmelsleiter“ auf der Halde Rheinelbe im tiefen Süden der Stadt. Dort saß sie dann auf dem Betonfundament des Kunstwerks, schaute wahlweise in den Sonnenauf- oder -untergang. Und ließ sich von der fantastischen Fernsicht ebenso inspirieren wie von der Stille und dem Naturerlebnis auf der Halde. „Hier sind mehrere Texte entstanden“, erzählt sie beim Treffen an der Landmarke.

Stadtschreiberin hat auch viele Halden erklommen

Apropos Halde: Viele dieser „Berge des Ruhrgebiets“ hat sie in ihren drei Monaten kennen und schätzen gelernt. Auch in Nachbarstädten. Ganz so hoch wie die Alpen in der bayrischen Heimat sind die natürlich nicht. Doch sie haben Gruber Perspektiven geboten, die ihren Blick auf Gelsenkirchen und das Ruhrgebiet nachhaltig verändert haben.

Das dreimonatige Stipendium „Writer in Residence“ ist 2021 erstmalig vom städtischen Referat Kultur in Kooperation mit der Stadtentwicklungsgesellschaft und mit Unterstützung der Gelsenwasser-Stiftung vergeben worden. Carola Gruber erhielt als Erste den Zuschlag. Sie hofft, dass dieses Angebot in den nächsten Jahren fortgesetzt wird. Infos im Netz: www.gelsenkirchen.de/literaturstipendium.

Viel Lob auch von der Leiterin des Referats Kultur

Auch Referatsleiterin Andrea Lamest zeigte sich zufrieden: „Mit dem Stipendium haben wir einen künstlerischen Blick von außen auf Stadt und Region gesucht; jemanden, der all das, was für uns alltäglich ist, offen und unvoreingenommen miterlebt, Wandel und Möglichkeiten auslotet und dokumentiert. Carola Gruber hat sich als wunderbare Erst-Stipendiatin erwiesen, die neugierig am kulturellen Leben teilgenommen und eigene Impulse darin gesetzt hat.“

Wer am Sonntag bei der Abschlusslesung in Ückendorf dabei sein will, sollte sich im Vorfeld anmelden unter: 0209/169 28 55 oder per Mail an referat.kultur@gelsenkirchen.de.