Gelsenkirchen-Feldmark. Der RVR bot eine interaktive Show mit Picknick-Atmosphäre am Revierpark Nienhausen. Im Dialog mit Jugendlichen ist der Fokus auf dem Klimawandel.

Wer hier heute dabei war, wollte mitmachen. Selbst, wenn das auf den ersten Blick kaum gehen mochte - in Sonnenstühlen unter Zeltdächern beim Fruchtsaft, vielleicht nicht die Kulisse, in der Revolutionen entstehen. Aber die Zielgruppe zwischen 14 und 17 Jahren sprang auf das Format mit dem sperrigen Titel „Klima Festival Ruhr Picknick“ an. Gut 80 hatten sich online vorab angemeldet zu einem „chilligen“ Nachmittag mit großem, ernsten Thema als interaktiver Show.

Kontroversen untereinander gab es kaum, bestenfalls Diskussionen beim Umwelt-Quiz per Tablet, das vier Gruppen je nach Farbe des Pavillondachs bestritten. Dabei war der Trend eindeutig: Die Zahlen, Daten und Fakten mit dem schlechtesten Ergebnis für das Klima mussten (leider) die richtigen sein.

Junge Generation in Gelsenkirchen fordert Ressourcen für sich

In gechillter Picknick-Atmosphäre erlebten die Gäste von 14 bis 17 Jahren das Festival im Revierpark.
In gechillter Picknick-Atmosphäre erlebten die Gäste von 14 bis 17 Jahren das Festival im Revierpark. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Wobei „richtig“ längst nicht „recht“ heißen konnte. So gab es vor allem Beifall für Leonie, die für die „friday’s for future“-Bewegung klarstellte: „Wir als junge Generation brauchen auch noch Ressourcen. Wir müssen erleben, dass sich der Golfstrom abschwächt, dass der Amazonas-Regenwald inzwischen mehr Kohlendioxid abgibt als er aufnimmt, und 81 Millionen Menschen in der Folge des Klimawandels zu Flüchtlingen werden“, mahnte sie eindringlich in Richtung der Politik.

Auch ohne Plastik sei ein Systemwandel kaum möglich, fasste sie zusammen, und forderte auf: „Organisiert euch, mobilisiert euch wie hier!“ Gerade die Jugend dürfe nicht nichts tun, „seid dabei am 24. September beim Klimastreik!“

Sarkasmus und Liebesgedicht an die S 21

Im „Battle“ beim Poetry Slam setzte sich Abdul Chahin zwar nicht durch. Denn er nutzte sarkastisch und witzig seine zehn Minuten unterhaltsam, und Zoë Hars bedachte mit einem Liebesgedicht „ihre“ S-Bahnlinie 21 in Hamburg und schickte eine bedrückende „Dystopie einer vertrockneten Stadt“ hinterher. Aber als erster der drei hatte Christofer „mit F“ alle betroffen gemacht.

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Gerade Vater geworden beschrieb er, dass seine Tochter mit 17, also 2038, dem anvisierten Datum für die deutsche Klima-Neutralität, gerade 17 werde, „und auch nicht wählen darf“.

Picknick angemessene Reaktion?

Mona Ameziane, hier bei einer Pantomime-Aufgabe, und viele weitere Künstler und Influencer bestritten die interaktive Show zum Klimaschutz.
Mona Ameziane, hier bei einer Pantomime-Aufgabe, und viele weitere Künstler und Influencer bestritten die interaktive Show zum Klimaschutz. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

„Ist so ein Picknick die angemessene Reaktion?“, hakte er nach, und „egal, wie viel vegane Linsensuppe ihr esst, wie viel ihr mit dem Fahrrad fahrt und ob ihr euch Solarfolien auf die Glatze klebt: Nennt euch deswegen nicht Klimaschützer! Ihr seid nur weniger schuld.“

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Vielmehr forderte er auf, andere an der Umweltzerstörung zu hindern, das System zu ändern, was der Verbraucher durch die Umstellung von Konsum um Lifestyle so nicht könne. „Die Macht des Verbrauchers ist ein Märchen“, hielt er fest, gefragt sei der Staatsbürger, nicht der Verbraucher, deshalb: „Besetzt, geht auf die Straße, geht vor die Kraftwerke, die Konzern-Zentralen! Die Menschheit wird nicht an der Supermarktkasse gerettet.“

Druck - für die Zukunft

„Das Picknick ist vor allem ein Angebot an die Jugend, die in der Pandemie auf vieles verzichten musste“, hatte Hans Peter Noll, stellvertretender Vorsitzender der RVR-Verbandsversammlung, beschrieben. „Damit wollen wir das Engagement für Klimaschutz belohnen und fördern, das auch im Ruhrgebiet künftig immer weiter an Bedeutung gewinnen wird.“

Baustellen am Park

Als Schauplatz des Klima-Festivals Ruhr kam dem Standort an der Stadtgrenze Gelsenkirchen/Essen eine eigene Bedeutung zu. Nicht nur wird der Revierpark Nienhausen insgesamt modernisiert, sondern auch zur Themenwelt „Wasser“ umgestaltet.

Außerdem liegen mit dem Schwarzbach und dem Katernberger Bach zwei Sammler-Zuflüsse zur Emscher in unmittelbarer Nähe, die im Zuge der Emscher-Renaturierung kurz vor der endgültigen Rück-Wandlung von der Köttelbecke zum Naturgewässer stehen.

Nina Frense, Bereichsleiterin für Umwelt und Grüne Infrastruktur vom Regionalverband Ruhr, ergänzte: „Wir sind auf dem Weg zur grünsten Industrieregion der Welt. Aber es war und ist vor allem die Jugend, die hier, wie überall in Europa, Druck gemacht hat. Zurecht, denn es geht um ihre Zukunft. Es wird Zeit, dass wir nicht nur zuhören, sondern gemeinsam nach Lösungen suchen.“

Für den richtigen Sound sorgten Singer-Songwriter Leo Karter aus Oberhausen und die Bochumer Indie-Rock-Band Wyme auf der Bühne.

Für alle Daheimgebliebenen berichten die Festival-Blogger auf dem Instagram-Account des Festivals. Sie alle sind wie das Publikum 14 bis 17 Jahre alt und kommen aus dem Revier. In einem dreimonatigen Traineeprogramm hatten sie sich für die Berichterstattung qualifiziert.