Gelsenkirchen. Beim Auftakt des freien Impfens ohne Termin im Gelsenkirchener Impfzentrum war die Nachfrage erschreckend gering. Woran es liegen könnte.

Monatelang wählten sich Impfwillige die Finger wund bei der Kassenärztlichen Vereinigung und bei Ärzten, um einen Impftermin zu ergattern, scheiterten an fehlenden Terminen auf der Online-Plattform. Seit diesem Montag nun kann ins Gelsenkirchener Impfzentrum an der Adenauer-Allee zwischen acht und 18 Uhr kommen, wer mag und wann er mag: Aber an diesem ersten Tag, an dem 1000 Impfdosen mit Biontech und Moderna, also den begehrten mRNA-Impfstoffen darauf warten, in Oberarme gespritzt zu werden, ist die Nachfrage extrem bescheiden.

Viel zu niedrige Impfquote bei jüngeren Menschen

Julius Leberl, stellvertretender Leiter des Impfzentrums, plant mit dem Team noch andere Aktionen zum Ankurbeln der Impfbereitschaft.
Julius Leberl, stellvertretender Leiter des Impfzentrums, plant mit dem Team noch andere Aktionen zum Ankurbeln der Impfbereitschaft. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Julius Leberl, stellvertretender Leiter des Impfzentrums, ist mehr als enttäuscht. „Uns geht es darum, auch möglichst viele junge und jüngere Leute zum Impfen zu bewegen. Wie hoch genau die Impfquote bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen ist, können wir leider nicht genau sagen, weil wir die Altersverteilung der bei den niedergelassenen Ärzten und in den Kliniken Geimpften nicht kennen. Aber wir wissen, dass die Quote bei den jüngeren Gelsenkirchenern in jedem Fall noch zu niedrig ist“, bedauert Leberl.

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Immerhin sind diejenigen, die an diesem Vormittag spontan zum schützenden Piekser im Sportparadies kommen, eher jüngere Gelsenkirchener. Wie Yvonne Dmochowski und Vadim Beifuß, beide 19 Jahre jung und in der Ausbildung. „Wir haben es seit Anfang Juni beim Hausarzt versucht, aber keinen Termin bekommen. Wir kommen gerade aus dem Urlaub, haben noch frei, deshalb sind wir heute gekommen. Mir geht es darum, mich schützen zu können“, erklärt Yvonne.

Ausschlag gab der geplante Urlaub auf Mallorca

Philipp Terboven hat der bevorstehende Urlaub auf Mallorca dazu veranlasst, sich doch noch impfen zu lassen.
Philipp Terboven hat der bevorstehende Urlaub auf Mallorca dazu veranlasst, sich doch noch impfen zu lassen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

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Philipp Terboven wollte sich eigentlich nicht impfen lassen. Der 17-jährige Gymnasiast hat bisher „keinen Vorteil für sich durch eine Impfung gesehen.“ Es sei ja wieder vieles offen, auch ohne Impfung. „Aber jetzt will ich nach Mallorca in den Urlaub fahren, ich denke, da ist es schon sinnvoll, auch wenn ich bis dahin nur die erste Impfung habe.“ Viel Zeit muss er an diesem Vormittag dafür nicht investieren. Nach dem Ausfüllen der Unterlagen ist er umgehend an der Reihe.

„Ich wollte kein Versuchskaninchen sein“

Dennis Gündogdu (38) hat extra erstmal abgewartet mit dem Impfen. „Ich bin eigentlich zum Impfen gedrängt worden, Gruppenzwang sozusagen“, sagt er schmunzelnd. Seine Frau und Freunde seien bereits durchgeimpft, da habe er nun die Gelegenheit genutzt. „Ich wollte nicht bei den Ersten sein, Versuchskaninchen spielen. Jetzt sind ja schon viele geimpft, auch wenn man über mögliche Langzeitfolgen noch nicht so viel weiß“, erklärt er sein Zögern.

Vorschläge für ideale Impf-Orte willkommen

Am Ende des Tages hatten 100 impfwillige Gelsenkirchener das Spezialangebot ohne Termin genutzt, insgesamt wurden 350 Dosen verimpft: 1000 wären möglich gewesen. Noch ist allerdings kein Impfstoff verfallen, . Noch die ganze Woche inklusive Wochenende gilt: Wer seine Erstimpfung mit Biontech oder Moderna möchte und mindestens 16 Jahre alt ist, kann mit Impfausweis und Personalausweis ohne Termin zwischen 8 und 18 Uhr zum Impfzentrum kommen.Die Stadt wäre auch bereit, andere Wege zur Steigerung der Impfbereitschaft vor allem bei jungen Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern zu beschreiten. Ernst gemeinte Vorschläge für ideale Impf-Orte sind dabei willkommen, gerne per E-Mail an redaktion.gelsenkirchen@funkemedien.de und gern verbunden mit dem Hinweis, ob wir Ihren Namen dabei veröffentlichen dürfen.

„Es gibt doch gar keine Alternative zum Impfen“!

Silke Stritter kann nicht verstehen, warum Menschen das Angebot nicht annehmen. „Es gibt doch gar keine Alternative zum Impfen!“
Silke Stritter kann nicht verstehen, warum Menschen das Angebot nicht annehmen. „Es gibt doch gar keine Alternative zum Impfen!“ © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Silke Stritter (57) hat das üppige Impfstoffangebot in Erle für ihre Zweitimpfung genutzt, sich allerdings am Vortag noch einen Termin gebucht: Spontanimpfung ohne Termin geht nämlich eigentlich nur für die Erstimpfung „Ich hatte sofort die Astrazeneca-Option bei der Freigabe für alle Altersgruppen genutzt und habe jetzt ja die wohl wirksamere Kreuzimpfung. Aber ich hätte zur Not auch nochmal Astrazeneca genommen. Ich bin auf jeden Fall froh und verstehe überhaupt nicht, warum Menschen das Impfangebot nicht nutzen. Es gibt doch keine Alternative.“ Zumal nach dieser Fußball-Europameisterschaft mit den vollen Stadien ja mit erneutem Anstieg der Infektionen zu rechnen sei.

Einsatz von Impfbussen geplant

Julius Leberl hofft nun, dass Mund-zu-Mund-Propaganda zum unkomplizierten Impfen für alle hilft, die Impfwilligkeit der Jüngeren zu steigern. „Natürlich ist es ungünstig, dass wir diese Aktion erst in den Ferien starten können. Aber wir hatten vorher einfach zu wenig Impfstoff. Und wir bereiten auch bereits andere Wege vor, den Impfstoff zu den Bürgern zu bringen, auch mit Impfbussen“, erklärt er.