Gelsenkirchen. „Schulen haben jetzt Vorrang“: Warum das ein leeres Versprechen ist. Ein Kommentar

Es ist beschämend. Auch in diesem Winter werden Gelsenkirchener Schülerinnen und Schüler – wie die allermeisten Schüler in NRW – höchstwahrscheinlich in dicken Winterjacken in ihren Klassen sitzen müssen, weil es keine Alternative zum kräftigen Stoßlüften in kurzen Zeitabständen gibt. Weil es nicht möglich war, binnen eineinhalb Jahren nach Beginn der Pandemie die Schulen mit entsprechenden Belüftungsanlagen auszurüsten. Wenn es denn überhaupt zum Präsenzunterricht kommt.

Investitionsstau an Schulen seit Jahren aufgelaufen

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Zu schlecht ist der Allgemeinzustand der allermeisten Gebäude, um entsprechende Anlagen einfach zu installieren. Zu viele Jahre ist bei den Schulen gespart worden, zu groß ist der Investitionsstau. Dass jetzt nicht alles auf einmal geschehen kann – OGS-Ausbau, Digitalisierung, Schulaus- und -neubau angesichts stark steigender Schülerzahlen – ist plausibel. Aber das hilft den Schülern nicht.

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In Mainz haben bereits mehrere Schulen die Anlage installiert, quasi in Eigenleistung. Neue Studien bescheinigen nach einem Bericht im „Spiegel“ dem System, bis zu 90 Prozent der Aerosole aus der Luft zu filtern. Zusätzliches Stoßlüften nur zwischen den Schulstunden würde demnach genügen, um weitestgehend unbedenkliche Luft zu gewährleisten. Das Land und die Kommune Mainz haben die Einbauten genehmigt. Viele andere Städte aus der ganzen Republik haben interessiert nachgehakt, auch in Bayern wurden einzelne Schulen tätig.

Sicherheitsprüfung ist unverzichtbar

Trotzdem: Es braucht für den Einbau solcher Anlagen aktive Menschen mit Energie und Sachverstand, und zwar sehr viele. Beim Baureferat scheint es dafür keine Kapazitäten zu geben. Doch es müsste in der Tat sichergestellt sein, dass keine asbesthaltige Decke angebohrt wird, da sonst schwere Gesundheitsschäden drohen. Zwei Arbeitstage braucht es je Klassenzimmer für die Installation. Angesichts der nun drängenden Zeit kann die Lüftung Marke Eigenbau nur eine Lösung für einzelne Klassen sein. Aber selbst das dürfte schwierig werden in einer Gesellschaft, die viel Geld für die Einhaltung von DIN-Normen und die Rettung der Wirtschaft ausgibt, aber nicht unbedingt für die Schaffung guter Lernbedingungen für Kinder.