Gelsenkirchen. Das Max-Planck-Institut hat einen Bausatz für preiswerte Lüftungsanlagen für Schulen entwickelt. Die FDP will ihn nutzen, die Stadt ist skeptisch.
Manfred Stenzel mag nicht aufgeben. Der pensionierte Ingenieur und sachverständige Bürger der FDP hatte im Bauausschuss bereits im April auf eine effektive Alternative zu Luftfiltern für Klassenräume hingewiesen, die das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelt hat. Dass das System in Gelsenkirchener Schulen in diesem Winter zum Einsatz kommt, bleibt allerdings unwahrscheinlich.
Abluftschirme über den Schülertischen saugen die warme Luft ab
Bei dem Lüftungssystem handelt es sich um eine Bauanleitung für ein Fensterlüftungssystem mit Materialien aus dem Baumarkt, das – laut Institut – mit einer ins Netz gestellten Bauanleitung kostengünstig nachzubauen ist. Über den Schülertischen werden dabei Abluftschirme installiert, die die warme, ausgeatmete Luft absaugen und über eine Rohrleitung an der Decke und einen in ein Fenster eingebauten Ventilator nach draußen bläst. Damit würde ein auf Kipp geöffnetes Fenster genügen, um den Klassenraum mit Frischluft zu versorgen und Aerosole nach außen zu leiten. Das funktioniert – laut Max-Planck-Institut – nachweislich sehr effizient. Eine Gesamtschule in Mainz hat das System nachgebaut und nutzt es seit dem Herbst 2020 bereits. Das Land Rheinland-Pfalz hat das mitgelieferte brandschutztechnische Gutachten für die dezentrale Abluftanlage akzeptiert.
Bei den meisten Gebäuden kann wegen Schadstoffgefahr nicht einfach gebohrt werden
Auf Stenzels Anfrage in Gelsenkirchen hin allerdings verwies die Verwaltung auf rechtliche und bauliche Probleme. Alle Gebäude, die vor 1996 gebaut wurden – das trifft auf die meisten der über 90 Schulgebäude hier zu – stehen unter Schadstoffverdacht, Deckenbefestigungen dürften daher nur von Fachleuten und nach Prüfung durchgeführt werden. Zudem schließe das Institut in seiner Beschreibung ausdrücklich eine Gewährleistung für die Wirksamkeit und Sicherheit des Systems aus. Feuerwehr und Bauordnung sollen prüfend ins Boot genommen werden.
Aktuell wird rund um Schulen viel gebaut
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Das ist derzeit noch nicht erfolgt. „Wir haben alle Schulen auf ausreichende Lüftungsmöglichkeiten überprüft und entsprechend dem festgestellten Bedarf Räume mit 192 Luftfiltern ausgestattet“, betont Bildungsdezernentin Anne Heselhaus. „Sollten Schulen weiteren Bedarf an Luftfiltern mangels ausreichender Lüftungsmöglichkeiten oder Reparaturbedarf melden, werden wir umgehend reagieren und prüfen. Aber baulich geschieht derzeit in den Schulen im Rahmen des Ausbaus für den Offenen Ganztag sehr viel, deshalb hat diese Abklärung noch nicht stattgefunden. Aber die Lüftung über die Fenster sowie die übrigen Hygieneregeln haben für uns Vorrang“, so Heselhaus weiter. Der Einsatz von Luftfiltern sei allein eine ergänzende Maßnahme, die die Lüftung über Fenster nicht ersetzen könne, was mehrere Studien belegt haben. Die Anschaffung mobiler Luftfilter für Schulen wird vom Bundes-Förderprogramm für öffentliche Gebäude nicht unterstützt. Bei den für die 192 Geräte genutzten Landesmitteln muss die Stadt selbst einen Teil der Kosten tragen.
FDP will weiter für Selbstbau-System werben
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Manfred Stenzel indes hatte gehofft, unbürokratische Lösungen für die Installation des alternativen, kostengünstigeren Systems nutzen zu können. „Kleinere Schlossereien könnten das durchaus bauen, auch Lehrer mit Schülern und vielleicht auch Eltern“, so seine Idee, die er noch nicht ganz aufgegeben hat. „Die FDP wird in Kontakt mit der Verwaltung bleiben, und schauen, wie sich das Projekt entwickelt“, kündigt Stenzel an.
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