Gelsenkirchen. Das Liebfrauenstift in Gelsenkirchen entsteht hinter der historischen Fassade völlig neu. Elf Jahre haben die Vorarbeiten gedauert.
Das älteste Seniorenheim Gelsenkirchens soll nicht nur auf einen ganz neuen Stand gehoben werden, sondern auch noch gleich das wohl schönste der Stadt werden. Der Caritasverband will das Liebfrauenstift im laufenden Betrieb völlig umgestalten, dabei auch seine charmante Fassade zum Viertel am Rand der Altstadt erhalten, und es auf die Abläufe und Ansprüche der Pflege optimieren. Damit nicht genug, soll das Quartier aufgewertet werden. Elf Jahre haben die Vorarbeiten gedauert, und den Beteiligten ist der Stolz auf die Lösung der vielfältigen Ansprüche anzumerken.
Der Druck war dabei vielfältig. Der Komplex zieht sich über die Ecke an der Ruhrstraße/Franz-Bielefeld-Straße und besteht aus dem historischen Teil, der 1917 eröffnet wurde, und dem „neuen", der immerhin auch schon Ende der 1990er Jahre in Betrieb ging. Damit stellt der Denkmalschutz Ansprüche, die den Betrieb erschweren, denn die Trakte sind nur über Winkel, Flure und vor allem Treppen miteinander verbunden, allesamt anstrengende Hürden. Das stellt die Bewohner und die Pflegekräfte vor enorme Anforderungen. Denn die Geschosshöhen sind unterschiedlich.
Umbau für das älteste Gelsenkirchener Haus schon elf Jahre geplant
Der Caritasverband hat inzwischen bereits seine beiden anderen Senioreneinrichtungen Bruder-Jordan-Haus 2017 und St. Anna 2020 umgebaut. „Dabei entstand die Planung für das Liebfrauenstift sogar als erste, und zwar schon vor gut elf Jahren", erzählt Peter Spannenkrebs, Caritasdirektor in Gelsenkirchen. Lächelnd zählt er auf, von Anfang an sei klar gewesen, das Haus so weit wie möglich zu erhalten, statt „auf der grünen Wiese neu zu bauen". Brandschutz, Denkmalschutz, Barrierefreiheit, kurze Wege für die Pflege und schließlich die Kosten hätten bei der Planung „viel Schweiß gekostet".
"Um die schöne Fassade wäre es jammerschade gewesen", beschreibt er weiter, „aber wir mussten auch den modernen Ansprüchen für die Funktion nachkommen, um den Bewohnern ein zeitgemäßes Heim zu bieten". Architekt Rainer Steinke führt aus, Grundlage sei die Anpassung des Hauses an die heutigen Gegebenheiten gewesen, also die größtmögliche Selbstständigkeit für die Menschen über die Pflege und Betreuung in Wohngruppen und Individualzimmern und beispielsweise dezentrales Kochen. Das bedeutete, eine Verbindung über die Innenbereiche zu schaffen, „einen Neubau hinter der alten Fassade, sehr spannend für Architekten".
Neuer Eingang über die alten Arkaden
Der neue Haupteingang wird so an der Franz-Bielefeld-Straße geschaffen. Der historische und geschützte Fassadenteil ist für die Arbeiten mit massiven Stahlträgern abgestützt worden. Die Arkaden leiten anschließend ins Foyer, das Erdgeschoss soll einen Marktcharakter bekommen und ein Café und Gruppenbereiche aufnehmen, darüber dann die Zimmer für die 82 Bewohner mit Balkonen in den Innenbereich. Auch die gerade einmal zwei Zentimeter betragenden Schwellen gehören dann der Vergangenheit an, um die Erreichbarkeit mit Rollatoren und Rollstühlen zu erweitern.
Während der Bauzeit werden die Bewohner innerhalb des Hauskomplexes zeitweise verlegt, „aber die Baustelle wird für die meisten sicher auch ganz spannend und abwechslungsreich", ist Heimleiterin Cordula Wibbe überzeugt. Für diese Übergangszeit mussten zunächst einmal neue Fluchtwege gesichert werden. „Das hat für die Logistik viel Hirnschmalz gekostet", verdeutlicht auch Projektleiter Ingo Göge. Aber es ist beispielsweise bereits gelungen, vorgezogen die neuen Kühlhäuser in Betrieb zu nehmen, für die Bauzeit wird das Liebfrauenstift vom Haus St. Anna mit Essen mit bekocht und beliefert.
"Wir bauen heute für die Zukunft", zeigt Peter Spannenkrebs die Leitlinie für die Caritas auf, „es geht um Lebensräume, nicht nur ein Heim. Daher auch unsere ausdrückliche Entscheidung für diesen Standort."
Info: Kosten und Zeitrahmen
Auf 7,6 Millionen Euro ohne das Grundstück wird die Investition veranschlagt, öffentliche Förderungen nicht in Anspruch genommen. Die Gebäude sind in den Besitz des Caritasverbandes übergegangen, für das Grundstück wurde ein Erbpachtverhältnis zwischen dem Caritasverband und der Propstei St. Augustinus vereinbart. Einen Unsicherheitsfaktor stellen die steigenden Materialpreise dar, außerdem muss bei den Arbeiten im Altbau mit baulichen Überraschungen kalkuliert werden. Anfang 2023 könnte das umgebaute Stift übergeben werden. Während des Umbaus werden 59 Bewohner im Hause bleiben, 82 Plätze wie vorher in überwiegend Einzelzimmern stehen anschließend wieder zur Verfügung.
Etwa 60 Mitarbeiter werden hier arbeiten, die durch die kürzeren Wege und den Wegfall der Stufen und Hürden „mehr Zeit am Bewohner“ haben sollen. Die Elemente des historischen Teils wurden aufwendig kartiert und teils eingelagert, um wieder eingebaut werden zu können. Das betrifft Geländer aus den Treppenhäusern, Schränke oder Fliesen. Der Neubau entsteht an der Stelle des bisherigen Gemeindesaales an der Franz-Bielefeld-Straße und wird mit dem bisherigen Neubau an der Ruhrstraße verbunden, wo dann ein neuer Nebeneingang sein wird.
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