Gelsenkirchen-Scholven. Gelsenkirchens Imkerinnen und Imker ärgern sich: Die Stadt hat die Gebühren für ein wichtiges Gesundheitszeugnis drastisch erhöht.

Wenn es ein Insekt gibt, das einen allgemein guten Ruf genießt, dann ist das die Honigbiene. Sie gilt als sprichwörtlich fleißig, im Gegensatz zu ihrer entfernten Verwandten, der Wespe, eher gutmütig und sie ist gleich doppelt nützlich: Sie produziert Honig – und bestäubt Pflanzen, hilft also der Landwirtschaft. Bienen sind schützenswert – umso mehr ärgern sich Gelsenkirchener Imkerinnen und Imker zurzeit über die Stadt Gelsenkirchen. Es geht, wie so oft, ums Geld.

Der Hintergrund: Wie andere Tiere auch, sind Bienen von Infektionskrankheiten bedroht. Eine dieser Krankheiten ist die „Amerikanische Faulbrut“, die zwar für den Menschen ungefährlich ist, jedoch ganze Bienenvölker befallen und vernichten kann. Weil die Krankheit unter Bienen hochansteckend ist und von Volk zu Volk weiter übertragen werden kann, gilt sie in Deutschland als anzeigepflichtige Tierseuche.

Um diese Bescheinigung der Stadt Gelsenkirchen geht es

Der Imkerverein Gelsenkirchen empfiehlt jedem seiner etwa 80 Mitglieder, seine Bienenvölker einmal im Jahr auf die Amerikanische Faulbrut testen zu lassen und sich anschließend, bei einem negativen Testergebnis, beim Veterinäramt der Stadt eine sogenannte „Seuchenfreiheitsbescheinigung“ ausstellen zu lassen, die unter Imkern auch „Gesundheitszeugnis“ genannt wird. Dazu kommt eine Bienensachverständige vorbei und entnimmt Proben aus den Bienenstöcken. Diese Proben werden im Labor untersucht, anhand des Ergebnisses erstellt die Stadt dann das Formular.

Streicheleinheiten für die Bienen: Imkerin Laura Welp demonstriert die Bienenhaltung.
Streicheleinheiten für die Bienen: Imkerin Laura Welp demonstriert die Bienenhaltung. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

„Dabei fallen natürlich Kosten an“, erklärt Martin Spickermann, der 2. Vorsitzende des Imkervereins. Die Bienensachverständige bekommt eine Pauschale für ihre Anfahrtskosten, auch das Labor müsse natürlich bezahlt werden. Dann hält die Stadt auch noch einmal die Hand auf: Für das Gesundheitszeugnis wird eine Bearbeitungsgebühr fällig. Und die Preise dafür sind im Vergleich zum Vorjahr drastisch gestiegen.

Imker bezeichnen Regeln der Stadt als willkürlich

„Bis 2020 betrugen die Kosten für die Erstellung dieser Bescheinigung 15 Euro, die direkt bar bezahlt werden konnten“, sagt Martin Spickermann. „Anfang 2021 wurden die Kosten drastisch erhöht, auf 35,25 Euro für bis zu neun Bienenvölker und 65,25 Euro ab zehn Bienenvölker.“ Nachvollziehen kann der Imker diese Erhöhung nicht. „Der Mehraufwand für das Veterinäramt bei mehr Bienenvölkern erschließt sich uns nicht“, sagt er. Zumal er die Grenze von neun Bienenvölkern für willkürlich hält, viele der Vereinsmitglieder hätten mehr als neun Völker. „Das Finanzamt zählt einen Imker erst ab 71 Wirtschaftsvölkern als Nebenerwerbsimker, der einkommenssteuerpflichtig ist“, so Spickermann. „Die Grenze bei neun Völkern ist aus unserer Sicht sehr niedrig angesetzt, zumal es vorher pauschal 15 Euro kostete, unabhängig von der Anzahl der Bienenvölker.“

Politikerinnen und Politiker der Groko informierten sich vor Ort: Zu sehen sind Birgit Lucht (CDU), Axel Barton und Manfred Peters (beide SPD) mit Imkerin Laura Welp (v.l.).
Politikerinnen und Politiker der Groko informierten sich vor Ort: Zu sehen sind Birgit Lucht (CDU), Axel Barton und Manfred Peters (beide SPD) mit Imkerin Laura Welp (v.l.). © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Geradezu aus der Zeit gefallen mutet nach Ansicht des Imkervereins die Tatsache an, dass die Überweisung des Geldes an die Stadt mit einer Gebühr von 15 Euro zu Buche schlägt. „Früher konnte man die Gebühr bar einzahlen“, sagt Spickermann, „das geht jetzt nicht mehr – und die Überweisung soll zusätzlich Geld kosten. Das ist doch nicht zeitgemäß.“

Politiker der Groko versprechen Besserung

Imkerschule in Scholven

Den Imkerverein Gelsenkirchen gibt es seit mehr als 100 Jahren. Zurzeit sind gut 80 Imkerinnen und Imker Mitglied, im Schnitt besitzen sie 6,65 Bienenvölker. Das Vereinshaus steht in Scholven, dort befindet sich auch die Imkerschule.

In Nicht-Coronazeiten informiert der Imkerverein regelmäßig vor Ort über seine Arbeit und die Produktion von Honig. Weitere Infos gibt es unter www.imkerverein-gelsenkirchen.de.

Spickermann wandte sich mit seinem Anliegen an den Umweltausschuss der Stadt Gelsenkirchen und bat die Politikerinnen und Politiker, sich dafür einzusetzen, dass die Gebührenerhöhung wieder zurückgenommen oder zumindest abgemildert wird. Ausschussmitglieder von SPD und CDU nahmen sich der Sache an und besuchten Martin Spickermann auf dem Gelände der Imkerschule in Scholven – und ließen sich bei der Gelegenheit gleich einmal erklären, wie das mit den Bienen und dem Honig so funktioniert.

Die Politiker äußerten Verständnis für das Anliegen der Imker. Axel Barton (SPD) und Sascha Kurth (CDU), die beiden Fraktionsvorsitzenden ihrer Parteien, kündigten an, das Thema auf die Tagesordnung der entsprechenden Gremien zu setzen. „Es kann doch nicht sein, dass die Stadt den Imkern in Sachen Pandemiebekämpfung zusätzliche Hürden in den Weg stellt“, so die einhellige Meinung der beiden Politiker.