Gelsenkirchen. Teststellenbetreiber Medican soll mehr Corona-Tests gemeldet als durchgeführt haben. Das sind die Reaktionen aus Gelsenkirchen.

Corona-Teststellen sind in den vergangenen Monaten wie Pilze aus dem Boden geschossen - ihre Tätigkeit scheint allerdings weitgehend unkontrolliert zu sein. So können die Teststellen ohne jeden Beleg die Tests bei den Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen. Diese wiederum lassen sich die Kosten vom Bund erstatten. Bei Stichproben haben Journalisten von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung jedenfalls festgestellt, dass die Zahlen zu gemeldeten Tests und jenen der durchgeführten auseinanderdriften.

Das gelte zum Beispiel für Medican-Testzentren des Wattenscheider Unternehmers Oguzhan Can. Demnach glichen die Redaktionen Test-Abläufe aus drei Städten mit einer internen Datenbank des Landes ab, in der die Meldungen der durchgeführten Tests verzeichnet sind. Dabei zählten die Journalisten jeweils deutlich weniger Besucher in den Testzentren als anschließend an das Land gemeldet wurden.

Auch in Gelsenkirchen betreibt Medican zwei Schnelltestzentren – ein Bus vor der Sparkasse in der Innenstadt und eine Teststation vor dem Hellweg-Baumarkt an der Lockhofstraße. Außerdem wird die zu mobilen Testzentren umgebaute Busflotte des Unternehmens auf dem Gewerbegebiet Dördelmannshof in Ückendorf gewartet. „Jedes Fahrzeug hat dabei die Kapazität, in weniger als drei Stunden bis zu 400 Tests und in 24 Stunden bis zu 3200 Tests durchzuführen“, hatte Unternehmenssprecher Christian Fischer noch Mitte April gegenüber unserer Redaktion erklärt. Ob es auch dort Zahlen-Differenzen gibt, ist unklar

Abrechnungssystem für Corona-Schnelltest macht es Betrügern einfach

Stadtsprecher Martin Schulmann erklärt auf Nachfrage, dass die Verwaltung bei diesem Thema keine Handhabe hat. Die Kommune erteile nur die Befähigung zum Betrieb eines Testzentrums. Mit dem Abrechnungssystem der Corona-Tests, das offenkundig allzu einfach ausgehebelt werden kann, hat die Stadt indes nichts zu tun, erklärt Schulmann.

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Die Gelsenkirchenerin Aylin Bükrücü, die mit ihrem Unternehmen CoCare zahlreiche Testzentren in Deutschland – und ein Drive-in Testzentrum am Schalker Sportpark – betreibt, will sich im WAZ-Gespräch nicht über ihren Mitbewerber äußern. „Sollte aber tatsächlich betrogen worden sein, dann ist das selbstverständlich zu verurteilen“, so Bükrücü, die für ihr Unternehmen verspricht, dass die Abrechnung der Tests „zu 100 Prozent so läuft, wie mit den Krankenversicherungen verabredet.“ Abgerechnet werde nur, was auch wirklich getestet wurde.

Nachdem WDR, NDR und SZ Fragen zu dem Unternehmen gestellt hatten, kündigte die Stadt Münster an, der Firma Medican die Beauftragung für die dortigen Testcenter zu entziehen. In Gelsenkirchen kann Medican bisher kein konkreter Betrug nachgewiesen werden, doch die Behörden haben die hiesigen Testzentren nun genauer auf dem Schirm, heißt es.