Eine Schraubenfabrik in einem Gelsenkirchener Wohngebiet. Anwohner klagen über Lärm- und Geruchsbelästigung. Das sagen Firma und Stadt.
Die Firma Friedberg ist seit weit mehr als 100 Jahren in Gelsenkirchen verwurzelt. Und gewachsen. So wie das Viertel drumherum. Eine Schraubenfabrik und Wohnhäuser in unmittelbarer Nähe – das birgt Konfliktpotenzial. Bürger beschweren sich nicht das erste Mal über Lärm, Lkw-Verkehr und Öldämpfe – eine Anwohnerin ruft sogar die Gerichtsbarkeit an.
Anwohnerbeschwerde: Krach durch Schrottverladungen, Öldämpfe und Lkw-Abgase
„Die Ausdehnung der Produktion und der erweiterten Lagerflächen nebst Sattelschlepperumschlagplatz haben zu massiven Belastungen geführt“, sagen Holger Stiehl und Marianna Backhaus von der Bürgerinitiative, deren Forderungen nach einer Lösung nach eigenen Angaben bei der vergangenen Bürgerversammlung über 90 Familien per Unterschrift Nachdruck verliehen haben. Zwar seien nach Beschwerden an die Stadt firmenseitig Zugeständnisse gemacht worden, das „Grundproblem ist aber nach wie vor vorhanden“.
Seit mehr als 130 Jahren in Gelsenkirchen daheim
Der Name Friedberg steht für über 130 Jahre Firmentradition, die wie so viele in der Region mit dem Bergbau begann. Das Unternehmen ist international aufgestellt, produziert Schrauben, Formteile und Verbindungselemente.Das Unternehmen wurde 1884 gegründet und hat heute sein Fertigungsspektrum auf die Bereiche Automotive (Pkw, Lkw, Busse), Wind, Industrie und Stahlbau ausgelegt.
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Mit Belastungen meint das Rotthauser Sprecher-Duo den Krach, den das Befüllen, Leeren oder der Austausch der Container mit Metallschrott mit sich bringt, die an- und abfahrenden Sattelschlepper (und von denen mehr als die zwölf erlaubten Lkw pro Tag) sowie Geruchsbelästigung durch Feinstaub, Diesel und Öldämpfe der firmeneigenen Härterei. Und weil Ende März auf dem Firmengelände Rodungsarbeiten durchgeführt wurden, befürchten die Anwohner eine Zunahme der Belastung, „wenn weitere Firmenbauten hinzukommen“, sprich die Produktion ausgeweitet wird.
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Gelsenkirchener Schraubenhersteller will Firma um eine Lagerhalle erweitern
Und danach sieht es aus: Friedberg hat bei der Stadt einen Bauantrag gestellt, um auf dem Gelände eine Lagerhalle zu errichten. Der Antrag wurde am 30. Oktober 2019 positiv beschieden.
Die BI hält die bereits verfügten Maßnahmen nach Beschwerden bei der Stadt für unzureichend. Ihrer Meinung nach haben die Pflasterung des Geländes, das Auskleiden der Container mit Gummi oder nunmehr nachts geschlossene Lüftungsklappen an den Produktionsgebäuden „keine spürbaren Verbesserungen gebracht“. Der Arbeitsbeginn ab sieben Uhr ebenso wenig.
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Die Bürgerinitiative fordert daher, „die Beseitigung der lärmintensiven Arbeiten und Geruchsbelästigungen aus dem Wohngebiet. Die Anlieferung und Abholung durch die Sattelschlepper soll wieder über die Steeler Straße laufen“. Backhaus und Stiehl wollen erwirken, „dass Kinder ohne Lärmbelästigung und der Gefahr von Öldämpfen im Garten spielen und Anwohner auch ihre Gärten nutzen können für Gemüse- und Obstanbau“.
Anwohnerin aus Gelsenkirchen klagt gegen Neubau vor dem Verwaltungsgericht
Von Seiten der Firma Friedberg kam zu den Vorwürfen nur eine knappe Mitteilung. „Es gibt einen intensiven Austausch mit den Anwohnern und der Stadt Gelsenkirchen“, erklärte Geschäftsführer Michael Belasus. Aus diesem Grunde sehe man von einer Stellungnahme ab.
Die Verwaltung bestätigt, dass es im Fall der Firma Friedberg schon über Jahre Beschwerden von Seiten der Anwohner gegeben hat, vielfach von einer Anwohnerin. Aber auch, dass die zuständigen Ämter und Behörden nach Prüfung des aktuellen Bauantrages festgestellt haben, dass „die gesetzlichen Anforderungen an den Lärmschutz in der Nachbarschaft des Betriebes eingehalten werden“, so Stadtsprecher Martin Schulmann. Dem Bau der geplanten Lagerhalle steht damit wenig im Wege, von der Klage mal abgesehen.
Stadt Gelsenkirchen will konkreten Beschwerden weiter nachgehen
Nach Ansicht der Stadt unterlagen einige Beschwerdepunkte „der subjektiven Wahrnehmung, der keine objektive Basis zugrunde“ gelegen habe. Andere Beschwerdepunkte hätten sich als zutreffend erwiesen, worauf der kooperierende Betrieb eindringlich darauf hingewiesen worden sei, die Auflagen einzuhalten. „Friedberg hat dies unter Darlegung seiner Verfahrensabläufe zugesagt“, sagte Martin Schulmann, der zugleich ankündigte, dass die Stadt den Beschwerden über zu hohen Lkw-Verkehr nachgehen werde - und auch weiteren, sofern sie konkret seien und nicht pauschal.
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