Gelsenkirchen-Buer. Warum nach der Kündigung von Aylin Gimmerthal die Rahmenbedingungen des Gelsenkirchener „Kümmerer“-Jobs hinterfragt werden. Wie es weiter geht.
Horst will eins, Gelsenkirchen hat es und Buer auch: ein Citymanagement zur Belebung von Einzelhandel und Gastronomie. Allerdings knirscht es hinter den buerschen Kulissen gewaltig, nachdem Aylin Gimmerthal überraschend nach rund 19 Monaten zum 15. Juni gekündigt hat. Während sie sich selbst zu den Gründen nicht äußern wollte, spielt nach Informationen der Redaktion das fehlende „Kümmerer“-Budget eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung. Aber nicht nur.
„Es hat sich ein neuer Schwerpunkt in meinem berufsbegleitenden Studium ergeben, daher orientiere ich mich um“, erklärte die erste Citymanagerin Buers auf Anfrage. Sie hatte ihr Amt im November 2019 angetreten, nachdem die Politik im Mai desselben Jahres grünes Licht für einen Kooperationsvertrag mit der Buer-Management-Gesellschaft (BMG) gegeben hatte. Demnach finanzieren Stadt und BMG die auf drei Jahre befristete Stelle jeweils jährlich mit 50.000 Euro. Auch die Werbegemeinschaft (WG) Buer beteiligt sich.
Ärger um Informationsfluss und mangelnden Rückhalt
Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert auch die Zusammenarbeit mit dem Verein Cityinitiative in Gelsenkirchen, einem Zusammenschluss von Immobilieneigentümern rund um die Bahnhofstraße. Bis auf einen entscheidenden Unterschied: Während Angela Bartelt als Citymanagerin jährlich auf einen fünfstelligen Betrag zurückgreifen kann, den der Verein zusätzlich für Veranstaltungen oder Werbung zur Verfügung stellt, plante ihr Pendant in Buer mit – nichts.
„Ohne ein solches Budget für größere Aktionen die City zu beleben, ist natürlich ziemlich schwierig“, so Ole Siemienski, Chef der Werbegemeinschaft Buer, der den Weggang von Alyin Gimmerthal sehr bedauert. „Sie war immer sehr engagiert, hatte viele gute Ideen, war sich selbst für nächtliche Einsätze nicht zu schade.“ Letztlich hätten aber nicht nur Corona und die finanziellen Rahmenbedingungen, sondern auch der fehlende Informationsfluss und Rückhalt von Seiten der Stadt sowie ein mangelndes Mitspracherecht ihren Job erschwert.
Von Bewirtschaftung der Skulpturenwiese aus der Zeitung erfahren
Nach Informationen der Redaktion fühlte sie die 27-Jährige häufig vor vollendete Tatsachen gestellt, etwa bei der Bewirtschaftung der Skulpturenwiese im vergangenen Jahr oder bei der Umorganisation des Wochenmarktes, als der Robinienhof zum neuen Standort des Blumenmarkts gemacht wurde. Wie es heißt, habe sie davon aus der Zeitung erfahren, obwohl beides mit in ihr Aufgabengebiet fiel und sie mit der Umsetzung betraut wurde.
CDU hofft auf rasche Nachbesetzung
Die CDU bedauert den Weggang von Alyin Gimmerthal und hofft auf rasche Nachbesetzung im Citymanagement. „Die erfolgreiche Arbeit eines Citymanagers bzw. einer Citymanagerin ist für die Verknüpfung der Akteure vor Ort unabdingbar“, so Werner Wöll, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Rat.
Gerade jetzt, „wo die Verwaltung die Stelle einer weiteren Citymanagerin für Horst plant, ist eine zusätzliche vakante Stelle in diesem Bereich für den Stadtnorden ein unglückliches Signal.“ Die Besetzung der Position in Horst dürfe nicht außer Acht gelassen werden.
Dass sie bei den ohnehin in der Coronakrise finanziell angeschlagenen Händlern um die Bezuschussung von Projekten oder Veranstaltungen bitten musste, soll für zusätzlichen Frust gesorgt haben. Dazu befragt, wollte Alyin Gimmerthal keine Stellung nehmen.
27-Jährige entwickelte Veranstaltungs-Konzepte mit
Fakt ist, dass die im Stadtsüden aufgewachsene Wahl-Bueranerin Ende 2019 viele Projekte mit angestoßen hat. Auf ihre Initiative zurück gingen eine Online-Befragung zum Weihnachtsmarkt, die Aktion „Support Buer“ mit Taschen- und T-Shirt-Verkauf zu Gunsten von Händlern und Gastronomen in der Coronakrise (es kamen 6000 Euro zusammen), die Mit-Organisation des Pop-Up-Biergartens auf der Skulpturenwiese und des Late-Night-Shoppings bei dem Lichtspektakel „Goldstücke“, die Mitentwicklung des Konzepts des Weihnachtsdorfes am Dom, das coronabedingt ausfallen musste, sowie des geplanten Martinsumzugs 2021. „Auch die Patenschaftsaktion für die Blumenampeln in der City war ihre Idee“, so Siemienski.
BMG-Sprecher Siegbert Panteleit bestätigte auf Nachfrage, dass dem Citymanagement in Buer kein festes jährliches Budget wie in Gelsenkirchen zur Verfügung steht, „allerdings sind die Rahmenbedingungen und Schwerpunkte auch andere. Gelsenkirchen hat bei seinen Veranstaltungen ein Einzugsgebiet von 260.000 Einwohnern, Buer nur von 60.000 Euro.“ Er sei froh, dass die Stelle überhaupt für drei Jahre durchfinanziert sei.
Buer-Management-Gesellschaft weist Vorwürfe zurück
Zudem sei es schon vor Etablierung des Citymanagement so gewesen, dass Geld zur Finanzierung von neuen Veranstaltungen habe eingeworben werden müssen. „Das zählt nun mal zu den Aufgaben der Citymanagerin, ebenso wie das Einholen von Informationen.“
Das wird dem Nachfolger oder der Nachfolgerin also klar sein müssen. Denn dass die Position nachbesetzt werden soll, darauf haben sich Stadt, BMG und WG bereits geeinigt. „Wir werden die Stelle nach Ablauf der drei Jahre auch verlängern“, so Panteleit, der einen solchen „Kümmerer-Job“ weiter für notwendig hält. Die Rahmenbedingungen dürften nach Corona allerdings andere sein, „eben mit mehr Außengastronomie“. WG-Chef Siemienski ist freilich skeptisch, „ob es angesichts des fehlenden Budgets so einfach sein wird, einen guten Nachfolger zu finden.“
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