Gelsenkirchen-Buer. Corona bestimmt Aylin Gimmerthals erstes Jahr als „Kümmerin“ in Gelsenkirchen-Buer: Sie initiierte eine Hilfsaktion für Händler und Wirte in Not.
Die City rund um die Hochstraße beleben: Mit diesem Auftrag trat Aylin Gimmerthal vor einem Jahr ihr Amt als erste Citymanagerin Buers an. Dass daraus phasen- und branchenweise wegen der Corona-Pandemie ein „am Leben erhalten“ werden könnte – damit hatte die heute 26-Jährige nicht gerechnet. Wie die gelernte Mediengestalterin damit umging, wo sie Chancen Buers auch in der Krise sieht, welche Ideen sie noch umsetzen will: Das verriet sie im Gespräch mit der Redaktion.
Das erste Jahr als Citymanagerin ist vorüber. Sind Sie da angekommen, wo Sie hinwollten?
Aylin Gimmerthal: Ich bin mittlerweile ganz gut vernetzt, kenne viele Akteure und Interessen. Aber ohne Corona hätte ich sicher mehr Kontakte und einen anderen Alltag. Normalität war ja nur drei Monate möglich, dann sind wegen des ersten Lockdowns viele Möglichkeiten weggebrochen.
Gelsenkirchener Händler sehen Citymanagerin als Vertreterin ihrer Interessen
Welche Aufgaben haben Sie überhaupt als Citymanagerin?
Dazu gehören Veranstaltungs-Management, Öffentlichkeitsarbeit und die Kommunikation mit Bürgern, Händlern und der Stadt. Hauptanliegen ist die Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie durch besondere Aktionen und Veranstaltungen. Es geht darum, die Attraktivität der City zu steigern, damit mehr Leute nach Buer kommen.
Warum ist das denn nötig?
Die Attraktivität und Qualität der buerschen Innenstadt hat in den letzten Jahren wegen des Onlinehandels abgenommen; es gibt Leerstände. Als Citymanagerin bin ich jeden Tag vor Ort, habe Zeit für Gespräche mit Bürgern und Händlern – wohl mehr, als es der städtischen Wirtschaftsförderung möglich wäre. Die Hemmschwelle, sich mit mir über Buers Entwicklung auszutauschen, ist auch geringer als mit Mitarbeitern der Verwaltung. Die Leute nehmen mich als eine von ihnen wahr.
26-Jährige will alle Kaufleute für die Weiterentwicklung Buers gewinnen
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Wie haben Sie die Situation in Buer denn vor einem Jahr wahrgenommen?
Ich habe sofort gemerkt, dass es vor Ort viele Händler und Gastronomen gibt, die etwas bewegen wollen. Die Werbegemeinschaft ist auch sehr engagiert. Insgesamt möchte ich aber alle Kaufleute für die Weiterentwicklung Buers gewinnen und sie einbinden. Was den Branchenmix angeht, so kann man schon sagen, dass es so etwas wie eine „Marke Buer“ gibt mit inhabergeführten Geschäften, die sich so nicht überall finden. Der Interieur-Laden „Villa Hygge“ ist so einer, die Konditorei Albring-Rüdel oder der Juwelier Weber. Wo noch Luft nach oben ist, ist etwa Herren- oder Sportbekleidung.
Im ersten Lockdown haben Sie ja das Projekt „Support Buer“ initiiert, um Händler und Gastronomen im Lockdown zu unterstützen. Werden Sie es nun wiederaufleben lassen?
Das ist erstmal nicht geplant, weil die Kapazitäten dafür fehlen. Es war im März/April sehr aufwendig, die Taschen und T-Shirts mit dem „Support-Buer“-Logo und den gestifteten Blumensamen über die eigens angelegte Homepage zu vertreiben. Auch wenn mir Ehrenamtliche geholfen haben, war ich als einzige Hauptamtliche teilweise bis zu zwölf Stunden damit befasst, alles selbst zu verpacken und auszuliefern. Insgesamt war das aber eine erfolgreiche Sache. Der Gesamterlös von 6000 Euro hat die 16 Gastronomen und Händler zwar nicht für immer gerettet, war aber eine tolle Unterstützung.
„Stimmung der buerschen Gastronomen ist derzeit auf dem Tiefpunkt“
Wie ist denn derzeit die Stimmung unter den Gastronomen?
Die ist schon auf dem Tiefpunkt. Mein Eindruck ist, dass wirklich alle Angst vor einer Insolvenz haben. Und ich denke, die ist auch berechtigt. Der Außer-Haus-Verkauf kann ja nicht den Umsatz aus normalen Zeiten ersetzen, sondern dient eher dazu, die Stammkunden nicht zu verlieren. Alle hoffen jetzt, dass der Lockdown nicht noch über den November hinaus verlängert wird. Andererseits muss man auch sagen: Die Wirtschaftshilfe von 75 Prozent der November-Umsätze ist schon besser als die Soforthilfe im Frühjahr.
Sehen Sie denn auch neue Möglichkeiten, die sich durch Corona ergeben haben?
Die Stärkung der Außengastronomie hätte es ohne die Pandemie so nicht gegeben. Der Pop-Up-Biergarten auf der Skulpturenwiese etwa war ein toller Erfolg, an den man anknüpfen kann. Klasse war auch das Late-Night-Shopping anlässlich des Lichtspiel-Festivals „Goldstücke“. Die meisten der 45 Händler, die sich beteiligt haben, waren mit den Umsätzen zufrieden und hoffen auf eine Wiederholung.
Und was ist durch die Pandemie auf der Strecke geblieben?
Der Imagefilm, mit dem ich auswärtige Firmen auf Buer aufmerksam machen wollte. Menschen mit Maske im Lockdown sind da nicht so attraktive Hingucker, wenn es darum geht, Leerstellen-Management zu betreiben. Auch die Ostereier-Aktion und Sommerfeste konnten nicht realisiert werden. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Ich hoffe sehr, im nächsten Jahr richtig durchstarten zu können. Zwei Jahre habe ich ja noch.
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