Gelsenkirchen-Ückendorf. Es ist die bisher größte Schau der Galeriemeile Gelsenkirchen: 20 Kreative zeigen Werke in alter Bäckerei und hoffen auf Publikum zur Finissage.
Es ist die größte Gemeinschaftsausstellung der Galeriemeile Gelsenkirchen in den vergangenen gut zehn Jahren. 70 Werke von 20 Künstlerinnen und Künstlern. Platz satt auf gut 250 Quadratmetern Ausstellungsfläche, verteilt auf zwei Räume. Doch was groß gedacht war, wird in der Praxis nur wenig direkte Aufmerksamkeit finden können. Die Coronapandemie drosselt den Kulturbetrieb auf kleinste Flamme: Gucken ist nicht. Vorerst zumindest. Die Akteure hoffen, dass sie - spätestens zum Finissagewochenende am 29. und 30. Mai und bei dauerhaften Inzidenzwerten unter 100 – Publikum unter Corona-Bedingungen einlassen dürfen. Besucher sehen dann: „Unser täglich Brot“, die Kunstausstellung in der alten Brotfabrik“.
Gelsenkirchener Werkschau in der alten Brotfabrik Wilhelm Beckmann
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Der Titel lässt vielfältige Assoziationen zu: Brot, das Jahrtausende alte Grundnahrungsmittel, und Kultur, ähnlich wichtig als Lebenselixier. Aber auch: brotlose Kunst – Kunstschaffende haben es nicht erst seit Corona schwer, ihr täglich Brot zu verdienen. Und seit über einem Jahr sind sie - zumindest analog - von Publikum und Kundschaft abgeschnitten. Das fände an der Ückendorfer Straße 18 ein ganz besonderes bauliches Ensemble als Rahmen und Raum für die Werkschau. Die Backsteinkulisse der 1870 gegründeten und am Ort Anfang des 20. Jahrhunderts aufgebauten Großbäckerei Wilhelm Beckmann sorgt für den besonderen Zugang zur Kunst. Eigentümerin Ingrid Beckmann hat die Räume, in denen bis Anfang der 1980er Jahre produziertet wurde, für die Ausstellung geöffnet.
Material-Mix aus Malerei, Fotografie, Skulpturen und Installationen, Prints und Plastiken
Zwei großformatige, abstrahierte Wächter-Köpfe flankieren den Eingang zu einem vielschichtigen Genre- und Material-Mix aus Malerei, Fotografie, Acryl und Öl, Raumskulpturen und Installationen, Prints und Plastiken. Die beiden Mörtel-Skulpturen am Eingang sind von Marion Mauß, die auch mit 200 mal 200 Zentimetern ein großformatiges Porträt beisteuert - „Verdeckte Gedanken, ein Mixed-Media-Werk. Träumerisch versponnen wie wundersame Gedankengänge wirken auch die Acryl-Arbeiten von Brigitte von der Eltz, atmosphärisch und meditativ sind die nachtblauen Bilder von Gordana Djukic, eine der Neuen in der Galeriemeilen-Runde. Text und hintergründige Bildbotschaft verbindet Alex Baumann zu Gesamtkompositionen in seinen großformatigen Arbeiten. Ähnlich geht auch Rudi „Idur“ Eckle vor. Für ihn liefern immer wieder Textzeilen aus Gedichten oder Liedern den Anstoß zu seiner bildstarken Fotokunst.
Die morbides Schönheit des Verfalls industrieller Orte und einstiger Villen
Besucher-Information und Kontakt
Im Künstlerhaus an der Bochumer Straße 109 hat der Verein Galeriemeile Gelsenkirchen sein kreatives Domizil, der Sitz ist an der Almastraßpe. Rund 30 Kunstschaffende gehören der Vereinigung an. Die Ausstellungen zu „Tür auf“ mussten zuletzt abgesagt werden. Über Öffnungs- und Besichtigungsmöglichkeiten für die aktuelle Ausstellung in der alten Brotfabrik ander Ückendorfer Straße 18 wird auf der Webseite des Vereins informiert: www.galeriemeile-gelsenkirchen.de.
Auf der Homepage wird es auch weitere Fotos und geplant auch Interviewvideos mit den Künstlerinnen und Künstlern geben, so der Vorsitzende Frank Helferich. Kontakt: 0171 28 020 34.
Wie Eckle sind Claus Berges, Roland Berger, Andreas Paehge oder auch Frank Helferich, Organisator der Galeriemeile, mit Foto-Arbeiten vertreten. Wabernde Flammen (Berges „Dragon“), die morbides Schönheit des Verfalls industrieller Orte und einstiger Villen (Phaege) oder auch besondere Mondbilder an der Seite der Himmelstreppe auf Rheinelbe (kurz.kollektiv) bietet die Ausstellung. Verstörende Wirkung erzielt Helferich mit fotografischer Verfremdung einer Puppe mit stierendem Auge hinter einem zerfransten Drahtgitter. Der Titel „Das Glas ist halbleer“ lädt zu Interpretationen ein.
Wie Marion Mauß zählen auch Heiner Szamida, Barbara Ring oder Rudi und Ilsebill Eckle zu den bekannteren Künstlern der Werkschau. Ilsebill Eckles Affen besetzen – forsch, frech und durchaus animalisch – zentral die Podeste im Entree. Im Zoo hat sie Skizzen gefertigt, die sie im Atelier ausgearbeitet hat. Ihre Plastiken entstanden wie immer aus Pappmaché. „Ich bin Recyclingkünstlerin“, sagt Eckle von sich. Sie freut sich, wieder mal das Atelier zu verlassen. „Ich möchte gerne den Austausch haben. Das ist mir wichtig“, sagt sie. „Es fehlt das Feedback, wenn man nur für sich selber arbeitet“, sagt Rudi Eckle. Als Künstlerpaar haben die beiden es da ein wenig leichter. Doch die Pandemie, stellen sie fest, hat zuletzt „vieles total blockiert“. Kunst in Corona-Zeiten: ein hartes Brot.
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