Gelsenkirchen. Miserable Wahlbeteiligung kennt man in Gelsenkirchen nicht nur von Gebietsbeiratswahlen. Die Stadt muss viel mehr Lust auf Mitbestimmung machen.
Eine kleine Gruppe von Schalkern oder Rotthausern entscheidet darüber, wohin fünfstellige Fördergelder in ihrer Nachbarschaft fließen – und keiner bekommt es mit? Die Gebietsbeiräte, die als Bindeglied zwischen Verwaltung, Bürgerschaft und Politik dienen und die Erneuerung von Stadtteilen aktiv begleiten sollen, agieren in der Tat recht unbemerkt. Aber verlieren die Beiräte deshalb, weil sie kaum jemand kennt und sich kaum jemand an ihrer Wahl beteiligt, gleich ihre Berechtigung?
Zur Erinnerung: Selbst bei der Oberbürgermeister-Stichwahl 2020 gaben nur 26,6 Prozent der Gelsenkirchener ihre Stimme ab. Knapp 29.800 von rund 188.700 Wahlberechtigten entschieden sich am Ende für OB Karin Welge, also ein wirklich kleiner Teil der Gelsenkirchener. Wer würde da schon erwarten, dass so etwas wie ein Gebietsrat große Wahlbegeisterung auslöst?
Die Wahlberechtigten müssen zeitgemäß angesprochen werden
Ein geringes Interesse für Mitbestimmung darf aber kein Grund sein, sich von Mitbestimmung zu verabschieden. Vielmehr wäre es einen Gedanken wert, die Gebietsbeiräte als Gremium der Anwohner weiter aufzuwerten - also ihnen mehr Befugnisse zu geben oder sie komplett mit Anwohnervertretern, statt zu einem erheblichen Teil mit Politikern, zu besetzen.
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Noch viel wichtiger: Die Stadt muss die grottige Wahlbeteiligung – sei es im Sublokalen bei den Gebietsbeiräten oder mit Blick auf die Stadtspitze – endlich zum Anlass nehmen, um eine große Offensive der Beteiligungsbegeisterung loszutreten.
Kommunal- Bezirks- und Quartierspolitik muss sehr viel digitaler, plakativer, näher an den Menschen aller Generationen sein und überall dort beworben werden, wo sie derzeit nicht ankommt – an der Hochschule genauso wie an Schulen, an Ständen vor Supermärkten genauso wie an den Tresen beim Innenstadtfriseur. Jeder Rotthauser sollte wissen, dass er bald seinen Bezirksrat wählen darf und Lust darauf bekommen, mitzumischen.
Wenn man also eine Lehre aus der verborgenen Existenz der Gebietsbeiräte ziehen sollte, dann diese: Allein Mitbestimmungsmöglichkeiten zu schaffen reicht nicht - man muss sie auch mit Leben füllen.