Gelsenkirchen. In NRW haben Genesene und vollständig Geimpfte bereits einige Freiheiten zurück, aber die entsprechenden Dokumente sind ganz einfach zu fälschen.

Ohne aktuellen Corona-Negativtest zum Friseur oder in den Zoo, gelockerte Quarantäneregeln, keine Testpflicht mehr in den Schulen. Einige der Lockerungen, die von einer Corona-Infektion Genesene oder vollständig Geimpfte bundesweit noch bekommen sollen, gelten seit Montag in NRW bereits.

Geht es nach Gesundheitsminister Jens Spahn sollen weitere Freiheiten schnellstmöglich dazu kommen, ein Beschluss dazu noch diese Woche gefasst werden. Die Vorlage von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht sieht vor, dass vollständig Geimpfte und von Covid-19 Genesene etwa von Auflagen für private Treffen und nächtlichen Ausgangsbeschränkungen ausgenommen werden. Wenn belegt sei, dass von beiden Gruppen keine besondere Gefahr mehr ausgehe, müssten die Einschränkungen ihrer Grundrechte zurückgenommen werden, hatte sie argumentiert.

Viele Fragen zur Umsetzung sind noch offen

Obwohl seit Beginn der Freiheitseinschränkungen klar war, dass es irgendwann wieder zu schrittweisen Lockerungen kommen wird, sind einige Fragen zur Umsetzung ungeklärt.

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Einmal mehr überraschte die NRW-Landesregierung auch die Ämter und Kommunen mit ihrer neuen Regel, weil sie nicht erklärte, wo sich Genesene etwa eine Bescheinigung über ihre überstandene Corona-Erkrankung besorgen können, wenn diese ihnen nicht oder nicht mehr schriftlich vorliegt.

Martin Schulmann, Sprecher der Stadt Gelsenkirchen, ahnt, dass die Gesundheitsämter und möglicherweise die Hausärzte – falls diese überhaupt in den PCR-Test involviert waren – solche Dokumente auf Wunsch ausstellen werden müssen.

Eine konkrete Verfahrensweise habe das Ministerium den Städten jedenfalls bisher nicht geliefert. Bei über 10.000 Genesenen in Gelsenkirchen fürchtet Schulmann überdies einigen Unmut, wenn sich nun viele meldeten, die vom Gesundheitsamt eine entsprechende Bescheinigung haben wollen, die Bearbeitung wegen der schieren Masse aber dauern kann.

Jeder kann Dokumente theoretisch ganz einfach fälschen

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Wie sichergestellt werden soll, dass nicht massenhaft gefälschte Bescheinigungen mit dem Logo der Stadt oder irgendeiner Praxis auf dem heimischen Drucker hergestellt werden, ist ebenfalls ungeklärt. Auch wenn es sich um Dokumentenfälschung handelt, ist die Gefahr erwischt zu werden, wohl verschwindend gering. Schließlich werden die Dokumente nur vorgezeigt und nicht abgegeben, um gegebenenfalls stichprobenartig auf ihre Echtheit überprüft zu werden.

Schon die uneinheitlich gestalteten Bescheinigungen bei Schnelltests bieten ein großes Schlupfloch in der Lockerungsstrategie für Geimpfte, Genesene und Negativgetestete. Dass Mitarbeiter in Betrieben inzwischen auch selber nach einer zehnminütigen Online-Schulung gültige Negativtests für ihre Kollegen ausstellen können, wirft zusammen mit der Tatsache, dass die anderen Dokumente so einfach zu fälschen sind, die Frage auf, wie wirksam die Test- und Lockerungsstrategie auf Dauer eigentlich ist.

Dass es inzwischen auch zahlreiche Berichte über eine regelrechte Flut an gefälschten Impfpässen und Chargen-Aufklebern gibt, kommt noch erschwerend hinzu.