Gelsenkirchen. Die Schülerzahl wächst und Gelsenkirchen baut neue Schulen. Doch es fehlen die Lehrkräfte dafür. Ein Kommentar
Es ist mehr als ambitioniert, was die Bildungsverwaltung in Sachen Schulneubauplanung am Donnerstag dem Fachausschuss vorgestellt hat. Sieben neue Schulen, die meisten binnen vier Jahren zu errichten, und das im finanziell gebeutelten Gelsenkirchen: das ist kühn. Die Dezernentin tut gut daran, schon bei der Suche nach passenden Grundstücken Bauverwaltung und Wirtschaftsförderung mit einzubinden.
Zeit für modernen Schulraum
Anne Heselhaus legt ein hohes Tempo vor im Bildungsbereich. Wie ein Schnellschuss wirken ihre Planungen jedoch keineswegs. Dass Gelsenkirchen Schulraum braucht, modernen Schulraum, ist lange klar. 40 Jahre lang gab es nur Um- und Anbauten, Nachbesserungen. Die Bedarfsermittlung läuft bereits seit geraumer Zeit. Lange hat es jedoch beim Handeln gehapert. Das scheint nun vorbei. Gut so.
Auch interessant
Zugegeben: Ob der Zuwachs an Kindern sowohl bei den Geburten als auch bei den Zuzügen so hoch bleibt, wie jetzt prognostiziert, weiß niemand. Aber dass es spätestens 2024 viel zu eng wird, ist unbestreitbar. Und selbst wenn 2030 der eine oder andere Klassenraum nicht zwingend benötigt würde: kleinere Klassen bilden zu können ist etwas, wovon Lehrer und Schüler schon lange vergeblich träumen. Wie viel besser in kleineren Klassen gelernt und gefördert wird, hat mancher im Wechselunterricht noch einmal bestätigt bekommen.
Letzte Gelegenheit, mehr Studienplätze für Lehrer freizugeben
Nur: Klassenzimmer müssen nicht nur mit Kindern, sondern auch mit Lehrern gefüllt werden. Davon aber gibt es heute schon zu wenige. Jetzt wäre der letzte mögliche Zeitpunkt, mit der Ausbildung von genug Nachwuchs zu beginnen. Leider gibt es jedoch im Grundschulbereich, wo der Bedarf besonders groß ist, an den Universitäten „Zugangsbeschränkungen“ für das Studium. Um es anders auszudrücken: Es gibt zu wenige Plätze. Ausschlaggebend ist die Abiturnote. Was die aber über die Eignung als Grundschullehrer aussagt, dürfte auch die Bildungsministerin nicht erklären können.
Noch immer Zugangsbeschränkungen
Das Problem Lehrermangel ist seit vielen Jahren in NRW bekannt. Das ist nicht allein so, weil Grundschullehrer schlechter bezahlt werden als jene von weiterführenden Schulen. Ein anderer Grund ist, dass es an Studienplätzen fehlt. Noch dramatischer ist die Situation gerade in Zeiten der Inklusion bei den so dringend benötigten Sonderpädagogen. Auch für sie ist der Platz an den Universitäten knapp, viel zu knapp. Wenn Land und Universitäten jetzt nicht sehr schnell reagieren, werden die Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren trotz des beherzten Handelns der Kommune beim Schulbau allein gelassen. Bleibt nur zu hoffen, dass im Landtagswahljahr jemand den unbürokratischen, schnellen Ausbau der Lehrerausbildung als stimmenträchtiges Thema entdeckt und wirklich anpackt.
- Verfolgen Sie die aktuelle Entwicklung zum Coronavirus in Gelsenkirchen in unserem Newsblog
- Lesen Sie mehr Geschichten aus Gelsenkirchen
- Oder folgen Sie der WAZ Gelsenkirchen auf Facebook