Gelsenkirchen. 64 Vertreter Gelsenkirchener Vereine, Verbände und Organisationen folgten der Einladung der Stadtspitze zum Gespräch über die Zeit nach Corona.

Wie kommt Gelsenkirchen am besten durch die Zeit der Notbremse und wie kann schon jetzt ein funktionierendes Leben in Gelsenkirchen nach der Pandemie vorbereitet werden? Diese beiden Fragen standen im Mittelpunkt einer Videokonferenz mit 64 geladenen Vertretern von Verbänden und Organisationen aus Gelsenkirchen. Eingeladen zum Gedanken- und Ideenaustausch hatten Oberbürgermeisterin Karin Welge und Krisenstabsleiter Luidger Wolterhoff.

Notbremse wird in Gelsenkirchen noch lange greifen

Dass die Notbremse in Gelsenkirchen mit der hohen Inzidenz von 260 noch geraume Zeit gelten wird, verdeutlichte Wolterhoff gleich zum Auftakt. An die 700 Neuinfektionen je Woche werden hier derzeit registriert. Damit Gelsenkirchen unter die Notbremsen-Grenze von einer Inzidenz unter 100 fällt, müssten die Neuinfektionen um 400 je Woche sinken, sich also mehr als halbieren. Bei bisher knapp 60.000 Erstimpfungen und einem Zielwert von 180.000 bis 200.000 Geimpften in der Stadt für eine Herdenimmunität dürfte noch einige Zeit vergehen, bis Entwarnung möglich ist.

Kinder und Jugendliche bei vielen im Mittelpunkt

Auch interessant

Kirche, Hilfsorganisationen, Vereine, Verbände, Gewerkschaften und Wirtschaftsvertreter folgten der Einladung und lobten die Initiative ausdrücklich. Im Mittelpunkt stand bei den allermeisten Teilnehmern die Situation der Kinder und Jugendlichen. Falken-Vorsitzende Christin Siebel etwa fragte nach Impfangeboten für Betreuer, die Ferienfreizeiten für den Sommer anbieten möchten; andere Städte wie Oberhausen und Bielefeld ermöglichen dies bereits. In Gelsenkirchen aber müsse man darauf noch warten, entgegnete Welge, da es hier besonders viele Menschen aus sehr vulnerablen Gruppen gebe, die noch nicht versorgt seien.

Man müsse sich an die vorgegebene Priorisierung halten, auch weil die Sterbequote bei den über 60-Jährigen deutlich erhöht sei. Angebote für die Ferien jetzt schon vorzubereiten, sei sicher der richtige Weg. Große Freizeitreisen werde es aber wohl erst im nächsten Jahr geben können, fürchte sie. Dennoch sei es nur noch eine Frage von drei bis sechs Wochen, bis auch andere Gruppen an der Reihe sind. „Wir dürfen uns in dieser Zeit nicht gegenseitig aufreiben“, mahnte die OB.

Mahnung zu Solidarität – auch beim Impfen

Auch Propst Markus Pottbäcker mahnte zu Solidarität und regte einen Appell an die Bevölkerung und die Verbände an: „Das kann mit kleinen Dingen beginnen. Wir sollten zum Beispiel verzichten auf Mehrfachanmeldungen für Impftermine, durch die derzeit mancher Impftermin ungenutzt verstreicht oder nur aufwendig nachgeholt werden kann. Wir müssen Vorbilder sein.“

Impfbus auf dem Markt als niederschwelliges Angebot

Die Partnerschaft von Schule und Betrieb ist in Pandemiezeiten mit Homeschooling kaum umsetzbar. Unser Archivbild zeigt Lehrkräfte und Schüler der Mulvany-Realschule mit Jochen Grütters (3.v.l.)
Die Partnerschaft von Schule und Betrieb ist in Pandemiezeiten mit Homeschooling kaum umsetzbar. Unser Archivbild zeigt Lehrkräfte und Schüler der Mulvany-Realschule mit Jochen Grütters (3.v.l.) © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

Superintendent Heiner Montanus regte an, jetzt schon Formate zu entwickeln, um Menschen am Rand der Gesellschaft für das Impfen zu gewinnen. Luidger Wolterhoff warb dafür um die Unterstützung aller eingeladenen Verbände und kündigte niederschwellige Angebote bis hin zum Impfbus auf dem Marktplatz an. Idealer Impfstoff dafür sei der von Johnson & Johnson, da hier eine Dosis genügt.

Gudrun Wischnewski (Awo) regte Impfaktionen in Quartierszentren an. Christel Bartsch, Vorsitzender der Tafel Gelsenkirchen, bat um die Bereitstellung mehrsprachiger Informationsblätter zum Thema Impfen und Covid-19, da der Informationsbedarf bei Nicht-Deutschsprachigen hoch sei. Caritas-Verbandsvorsitzender Peter Spannenkrebs mahnte, sich jetzt schon um Wege für Menschen am Rand zurück in die Gesellschaft zu bemühen.

Mit großem Fest in der Arena das Ende der Pandemie feiern

Weitere Konferenzen zu Kultur und Sport

Oberbürgermeisterin Karin Welge kündigte an, in Kürze weitere derartige Videokonferenzen mit Vertretern aus der Stadtgesellschaft anzubieten. Dabei sollen zum einen Vertreter aus dem Kulturbereich eingeladen werden, bei einer weiteren Konferenz steht der Bereich Sport im Mittelpunkt.

Zum Thema Förderung von Jugendlichen und Übergang aus dem Homeschooling in den Beruf soll es ebenfalls weitere, gezielte Gespräche geben.

Um die Zeit danach ging es im zweiten Teil der Konferenz. Ein großes, gemeinsames Fest in der Arena, um den Neustart miteinander zu feiern wünschten sich mehrere Teilnehmer. Jochen Grütters (IHK Emscher -Lippe) und Egbert Streich (Kreishandwerkerschaft) appellierten, schon jetzt Ideen und Strukturen zu entwickeln, um die Jugendlichen nach der Zeit des Homeschoolings fit für eine Berufsausbildung zu machen. Bundesmittel dafür gibt es bereits. Wege, die Betriebe und Auszubildende zusammenzubringen, müssten jetzt schon entwickelt werden, mahnten beide. Wolterhoff versicherte, beim Zusammenschalten der Akteure zu helfen. Der Austausch mit Bund und Land zur Nutzung der Mittel laufe bereits, so Welge.