Gelsenkirchen-Buer. Die Schrottimmobilie im Süden von Gelsenkirchen-Buer gammelt weiter vor sich hin. Jetzt greift die Stadt zu einem neuen juristischen Instrument.

Wer die Autobahn entlang saust, der erkennt in der Regel nur anhand der Abfahrtsschilder, in welcher Stadt er sich gerade befindet. Markante Gebäude stehen in der Regel ja in den Innenstädten, fernab von Autobahnen, und nur selten gestattet die Straßenführung einen Blick auf eine Sehenswürdigkeit. Gelsenkirchen-Buer macht da keine Ausnahme: Weder Urbanuskirche noch Rathausturm sind von der A2 aus zu erblicken – dafür eine andere „Sehenswürdigkeit“, deren Anblick die meisten Gelsenkirchener aber den Autofahrern ersparen würden: die Schrottimmobilien an der Emil-Zimmermann-Allee und Horster Straße.

Das achtgeschossige Hochhaus Emil-Zimmermann-Allee 1 steht direkt an der A2 und fällt zum einen durch seine Höhe auf – seit einiger Zeit aber auch durch seine Verwahrlosung. Seit vielen Jahren ist das Haus unbewohnt, inzwischen sind viele der Fenster eingeschlagen, Graffiti verunstaltet die Fassade, die Außenanlagen sind verwildert.

Stadt Gelsenkirchen hat ein Rückbaugebot erlassen

Offene Fenster, wild wucherndes Gestrüpp: Das Hochhaus an der Emil-Zimmermann-Allee 1 bietet keinen schönen Anblick.  
Offene Fenster, wild wucherndes Gestrüpp: Das Hochhaus an der Emil-Zimmermann-Allee 1 bietet keinen schönen Anblick.   © Foto: Heselmann

Zwar umgibt ein Bauzaun das Gelände, der ist aber durchlässig: An einer Stelle ist er so niedrig, dass man ohne Probleme drübersteigen könnte, ein Trampelpfad, der von dieser Stelle zu einem der offenen Fenster im Erdgeschoss führt, beweist, dass das auch häufig geschieht. Anwohner berichten von Jugendlichen, die in der Hausruine ihr Unwesen treiben, auch Obdachlose nutzen sie als Schlafplatz.

Das gilt auch für die benachbarten Häuser an der Horster Straße 201-203. Im Jahr 2019 hatte sich die Stadt Gelsenkirchen dazu entschlossen, ein Rückbaugebot zu erlassen: Damit soll der Eigentümer der Immobilie dazu gezwungen werden, das Haus abzureißen. Jetzt greift die Stadt zu einem weiteren juristischen Instrument, um Einfluss darauf zu nehmen, wie es mit dem Grundstück weitergeht.

Verwaltung will Verkauf „an den Falschen“ verhindern

Auch die beiden Häuser Horster Straße 201 und 203 sollen nach den Wünschen der Stadt Gelsenkirchen abgerissen werden.
Auch die beiden Häuser Horster Straße 201 und 203 sollen nach den Wünschen der Stadt Gelsenkirchen abgerissen werden. © Foto: Heselmann

Bei diesem Instrument handelt es sich um das sogenannte „Vorkaufsrecht“. Dabei kann sich die Stadt in den Kaufvorgang zwischen Verkäufer und potenziellem Käufer einschalten: Ist die Stadt im Besitz des Vorkaufsrechts, kann sie sich den Kaufvertrag vor Abschluss vorlegen lassen und unter gewissen Voraussetzung an die Stelle des Käufers treten.

Bei der Sitzung der Bezirksvertretung Nord in der vergangenen Woche stellte Christopher Schmitt, Leiter der Wirtschaftsförderung, klar, dass die Stadt mit dieser Strategie zweigleisig fahren will. „Indem wir uns das Vorkaufsrecht sichern, stellen wir klar, dass kein Verkauf an den Falschen erfolgt“, so Schmitt. Die Stadt könne sich so den Investor aussuchen, der das aus ihrer Sicht beste Konzept für das Grundstück vorlegt.

So könnte eine Nachfolgenutzung aussehen

Parallel dazu läuft der Prozess um den Abriss des alten Gebäudes. Der derzeitige Besitzer wehrt sich juristisch gegen das Rückbaugebot, derzeit läuft das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Wegen der Corona-Pandemie war es zu Verzögerungen gekommen – wann das Verfahren beendet wird, ist derzeit nicht absehbar.

So geht es politisch weiter

In der vergangenen Woche stimmten die Mitglieder der Bezirksvertretung Nord einstimmig für den Plan der Stadt, sich das Vorkaufsrecht zu sichern. Am Mittwoch dieser Woche, 21. April, ist die Vorlage noch einmal Thema im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss.

Abschließend entscheidet dann der Rat der Stadt über die Vorlage. Die nächste Sitzung ist für Donnerstag, 20. Mai angesetzt.

Wie es mit dem Grundstück nach einem Abriss der Schrottimmobilien weitergehen soll, teilte die Stadtverwaltung in einer Antwort auf die entsprechende Anfrage von Ralf Robert Hundt (FDP) im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss mit. Ein von der Verwaltung beauftragter Gutachter sei zum dem Ergebnis gekommen, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein sogenannter „Zentraler Versorgungsbereich“ am Standort denkbar wäre: Das würde bedeuten, dass sich dort beispielsweise Dienstleister wie Apotheken oder ein Ärztehaus ansiedeln könnten, auch Einzelhandel wäre möglich.

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