Gelsenkirchen. Der Kirchenbrand in Gelsenkirchen-Rotthausen verstärkt die Probleme einer neuen Nutzung. Zugleich wächst die Sorge um den Erhalt von Kunstwerken.
Wie geht es weiter, nach dem zerstörerischen Kirchenbrand im Gotteshaus St. Mariä Himmelfahrt in Gelsenkirchen-Rotthausen? Bis über die Nachfolgenutzung des entweihten Gotteshauses entschieden wird, bedarf es noch reichlich Arbeit, wie Propst Markus Pottbäcker sagt. Derweil macht sich der Gelsenkirchener Historiker Benjamin Bork Sorgen um Kunstwerke, die dieses Haus beherbergt.
Statiker überprüfen Gelsenkirchener Kirche noch hinsichtlich einer Einsturzgefahr
„Es läuft weiterhin noch die Schadensaufnahme“, berichtet Propst Markus Pottbäcker. Der Geistliche hat bislang noch keine Auskunft darüber erhalten, ob das Kirchengebäude durch den großen Brand Ostermontag derart in Mitleidenschaft gezogen worden ist, dass Einsturzgefahr besteht. „Die Statiker sind noch nicht fertig. Das wird dauern, wahrscheinlich noch Wochen.“ Und erst danach kann man damit beginnen, den alten Zustand des Gebäudes wiederherzustellen.
Ruß und jede Menge Löschwasser, mit dem die Rettungskräfte durch Teile des geöffneten Daches die Flammen erstickten, haben das Innere der Kirche in Mitleidenschaft gezogen. Dicke Schmierschichten aus Asche haben unter anderem Stein, Glas und Holz überzogen, wie Pottbäcker erzählt.
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„Und was ist mit den Kirchenfenstern und dem Mosaik“, fragt der Historiker Benjamin Bork. „Denn das Gotteshaus war die Heimatkirche des Wahl-Gelsenkircheners und Mosaikmalers Wilhelm Walter Franz Klocke.“ Klocke (1887-1965), lebte seit 1922 in Gelsenkirchen und betrieb ab 1938 auf dem Tiemannshof in Rotthausen ein Atelier.
Gelsenkirchener Propst Markus Pottbäcker: Wertvolle Kunst in der Kirche weist keine gravierenden Schäden auf
„Die Kirchenfenster und das Mosaik weisen zum Glück keine substanziellen Schäden auf“, gibt Propst Markus Pottbäcker Entwarnung. Lediglich ein Fenster sei kaputt, der Schaden rührt aus früheren Zeiten her, als Unbekannte häufiger ein geschütztes Plätzchen vor Wind und Wetter gesucht haben. Die Scherben habe man aufbewahrt, um das Kirchenfenster beizeiten wieder zusammenzusetzen.
2007 außer Dienst gestellte Kirche in Rotthausen hatte bereits damals ein marodes Dach
Die 1893 erbaute Kirche war im Zuge der Neuordnung der Pfarreien im Bistum Essen 2007 außer Dienst gestellt worden, weil ihr neugotischer Baukörper bereits damals stark renovierungsbedürftig war. Die Pfarrei St. Augustinus, zu der St. Mariä Himmelfahrt gehört, ist für die Verkehrssicherungspflicht zuständig und zäunte das denkmalgeschützte Gotteshaus mit einem Bauzaun weiträumig ab, um Unfälle durch herabstürzende Teile des maroden Dachs auszuschließen.
„Wir hatten die Kirche über das übliche Maß hinaus gesichert, die großen Eingangstüren von innen verschraubt und die Fenster zum Teil vergittert“, sagt Peter Schmidt-Kuhl, Verwaltungsleiter der Pfarrei St. Augustinus. Dennoch habe es immer wieder Einbrüche und Vandalismus gegeben. Für eine mögliche Nachnutzung der Kirche unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes lag bereits eine Machbarkeitsstudie vor. „Die ist jetzt hinfällig“, sagt Schmidt-Kuhl, „wir würden uns aber freuen, wenn es trotz des Brandes eine Lösung für den Standort gäbe, die verbliebene Teile der Kirche miteinbeziehen kann.“ Bislang scheiterten Umbauideen an Aufwand und Denkmalschutz.
Päpstlicher Orden für das Wirken des Wahl-Gelsenkircheners
Walter Klocke hat nach Angaben des Gelsenkirchener Historikers Benjamin Bork Entwürfe für Glasfenster und andere Ausstattungsstücke für zahlreiche katholische Kirchen im Stadtgebiet (etwa St. Augustinus und St. Joseph in Schalke), aber auch für zwei evangelische Kirchen (Christuskirche in Bismarck und Apostelkirche in Buer) und sogar die Synagoge an der Von-der-Recke-Straße gefertigt. Klocke erarbeitete aber auch Entwürfe etwa für den Paderborner Dom und für Kirchen in Manila und auf Formosa. 1957 wurde er mit einem päpstlichen Orden ausgezeichnet.
Die Bilder stammen von der Forschungsstelle Glasmalereid es 20. Jahrhunderts e.V.. Die Vereinsvorsitzende Annette Jansen-Winkeln betont, „wie wichtig es ist, dass unser kulturelles Erbe gut dokumentiert wird, damit man auch in solchen Fällen wie Brand auf Fotos zurückgreifen kann“.
Diese Basis der Dokumentation sei vor allem auch dafür geschaffen worden, um Bewusstsein für Kulturgüter zu wecken, „damit diese erhalten und das Wissen um unsere Geschichte der Nachwelt weitergeben werden kann“.
Künstler hat in Gelsenkirchen viele Spuren seines Schaffens hinterlassen
Der biografische enge Bezug des Künstlers zum Stadtteil Rotthausen und der Denkmalschutz machen es umso schwerer, die Kirche einer neuen Nutzung zuzuführen. Turm und Chorraum der Rotthauser Kirche sind denkmalgeschützt, das nach dem Krieg wieder aufgebaute Mittelschiff nicht. Aber auch im Mittelschiff sind zahlreiche Kirchenfenster von Klocke zu finden. Für Historiker Bork, die Pfarrgemeinde St. Augustinus und auch die Denkmalbehörde ist daher mehr als nur wünschenswert, wenn der fast in Vergessenheit geratene Künstler Walter Klocke gewürdigt und eine Rettung seines Werks in Angriff genommen würde.