Gelsenkirchen. Nicht meckern, anpacken: „Schalker Visionen“ will die Werte von Gelsenkirchen und S04 mit Leben füllen. Riesige Resonanz auf neue Spendenaktion.

Sie ist fest verankert im Leitbild des FC Schalke 04, das 2012 verabschiedet worden ist: die soziale Verantwortung. Für Steffen Hildebrandt und Christian Sieber wurde sie zuletzt allerdings nicht immer korrekt vorgelebt. Eine Meinung, die nicht nur die beiden S04-Fans hatten. Mittlerweile engagieren sich Hildebrandt und Sieber mit etwa 20 weiteren Knappen in dem Fanbündnis „Schalker Visionen“ für Stadt und Klub. Sie wollen die Vereinswerte mit Leben füllen, und das seit etwa einem Jahr.

Los ging alles während des ersten coronabedingten Lockdowns im Vorjahresfrühling. Einige Schalke-Anhänger trafen sich regelmäßig online. „Wir haben festgestellt, dass es so nicht weitergehen kann“, sagt Sieber und spielt damit vor allem auf Clemens Tönnies an. Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende hatte sich Monate zuvor rassistisch geäußert und damit übrigens gegen besagtes Leitbild verstoßen – was eines von vielen Themen bei den Online-Meetings der Gruppe gewesen war. Tönnies wiederum war nach weiteren Skandalen rund um seinen Schlachtbetrieb im Ostwestfälischen Mitte 2020 Geschichte auf Schalke.

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Spendenaktion soll Gelsenkirchener Vereinen und Einrichtungen helfen

Neben Tönnies’ Auftreten störte die Gruppe noch etwas anderes. „Gelsenkirchen ging es schon vor der Pandemie nicht gut. Man konnte sich ausmalen, was Corona mit der Stadt anrichtet“, sagt Hildebrandt und fügt an: „Wir wollten nicht immer nur meckern, sondern selbst anpacken.“

So ist auch das jüngste Projekt von „Schalker Visionen“ entstanden: eine Spendenaktion für soziale Einrichtungen und Vereine in Gelsenkirchen. Profitieren sollen davon vor allem diejenigen, die besonders stark unter den Folgen der Pandemie leiden: Kinder, Opfer von häuslicher Gewalt, Obdachlose.

Schalke-Fans hoffen auf Unterstützung der Profis und Offiziellen

Mit Erfolg. Innerhalb von wenigen Tagen wurden bereits deutlich über 3.000 Euro gespendet. Tendenz: steigend. Sieber sagt: „Die Resonanz ist riesig und überwältigend.“ Von dreistelligen Beträgen hin bis zu einem Betrag von 1,04 Euro – all das ist bereits von weit über 100 Unterstützern beigesteuert worden.

Das macht „Schalke hilft!“

Die vereinseigene Stiftung von Schalke 04 heißt „Schalke hilft!“. Diese besteht seit 2008 und bündelt nach eigener Angabe „das gesamte soziale Engagement des Vereins“.

Der Fokus der Stiftung liege demnach auf der Unterstützung von Projekten in Gelsenkirchen und Umgebung, der Förderung von Bildung und Chancengleichheit sowie der Integration von Flüchtlingen. Dabei fördert die Stiftung Projekte und Aktivitäten für Menschen aller Altersklassen.

„Schalker Visionen“ kooperiert dabei mit „Schalke hilft!“. Die Stiftung des Klubs wird die Gelder anschließend an Vereine und Einrichtungen in Gelsenkirchen verteilen. Eine erste Auszahlung soll rund um das Bundesligaspiel gegen Bayer Leverkusen (Samstag, 3. April) stattfinden. Ein Ende der Aktion werde das lange nicht sein.

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Hoffnung setzt das Bündnis, das zuvor bereits unter dem Namen „Schalke nur als e.V.“ auftrat, in die Spieler und Vereinsoffiziellen. Im Zuge der Aktion haben sie einen offenen Brief an Schalkes Mannschaft und Verantwortliche geschickt, in dem sie um Unterstützung für die Spendenkampagne gebeten haben.

„Schalker Visionen“: Aus ganz Deutschland für Gelsenkirchen

Das Besondere an „Schalker Visionen“: Die Initiatoren kommen zwar auch, aber nicht nur aus Gelsenkirchen. Hildebrandt ist Mülheimer, wohnt inzwischen am Bodensee. Der 38-Jährige ärgert sich: „Viele Fans reisen aus Deutschland zu den Heimspielen, interessieren sich jedoch nicht dafür, was in der Stadt passiert. Ich habe den Wunsch, dass ganz Gelsenkirchen gesünder wird und Schalke seinen Beitrag dazu leistet.“ Ihm gehe es darum, Ursachen und nicht Symptome zu bekämpfen.

Bei Sieber, 30-jähriger Schalke-Allesfahrer, ist das ähnlich. Gebürtig aus Hessen kommend, lebt er mittlerweile in Ratingen. Beim Bündnis können sie in Zeiten ohne Heimspiele etwas für ihren Klub tun.

„Schalker Visionen“ ist dabei in verschiedenen sozialen Netzwerken unterwegs. Auf „YouTube“ gibt es Videos, die sich beispielsweise um Vereinspolitisches drehen. Hier waren Ex-Spieler wie Hans Sarpei oder Politikerinnen wie Katrin Göring-Eckardt (Bündnis90/Die Grünen) zu Gast.

Gruppe hat viele Ideen für Gelsenkirchen und Schalke

Die Gruppe will im und um den Verein herum für Transparenz zu sorgen, ihn zurück in die Mitte der Stadtgesellschaft rücken. Oder ganz einfach: die Werte von Schalke 04 vorleben.

Ursprünglich war angedacht, dass „Schalker Visionen“ bis zur kommenden Mitgliederversammlung, die im Laufe des Jahres stattfinden soll, aktiv sein wird. Das dürfte sich erledigt haben. Viele (nachhaltige) Ideen hätten die Macher noch im Kopf. Und die Resonanz auf die Spendenaktion spreche ohnehin für sich.

Hier geht es zu der Spendenaktion