Gelsenkirchen. Mit Schlüsseln von neuen Schließanlagen in Gelsenkirchen-Hassel gelangen Bewohner auch in andere Häuser. Die Angst vor Einbrüchen ist groß.
„Heimat spüren und ein Zuhause finden bei LEG“ wirbt das Düsseldorfer Wohnungsunternehmen auf seiner Homepage um Neukunden. Dass dies, wenn auch unbeabsichtigt, ebenso für Kriminelle gelten könnte, damit hatten die Bestandsmieter in Hassel freilich nicht gerechnet.
Nach Angaben mehrerer WAZ-Leser lässt sich mit den Schlüsseln von neu eingebauten Schließanlagen nicht nur das Schloss der jeweiligen Haus- bzw. Kellertüren öffnen – sondern auch das anderer LEG-Immobilien vor Ort. Die Bewohner fürchten nun Begegnungen der unheimlichen Art, (weitere) Einbrüche – und schäumen vor Wut.
Anfang Februar war es, dass LEG-Mietobjekte in Hassel neue Schließanlagen erhielten, berichtet ein Leser, der namentlich nicht genannt werden möchte, weil er Repressalien seitens seines Vermieters fürchtet. Durch Zufall sei einigen Mietern aufgefallen, dass „nun jeder Mieter eine Art Generalschlüssel für etliche Häuser besitzt und dass Hunderte (vielleicht sogar Tausende) Mieter jetzt Zugang haben.“
Betroffen seien mindestens die Straßen Eppmannsweg, Leinhof, Leinstraße, Heihoffsweg und Wiebringhausstraße. Wie es heißt, sollen die Schlüssel sogar teilweise in einem LEG-Gebiet in Bismarck funktionieren.
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Gelsenkirchener Mieter beschweren sich massiv
„Das ist natürlich ein Zustand, der nicht geduldet werden kann“, schimpft der Hasseler. „Unter den Mietern muss es nur ein schwarzes Schaf geben, das die Situation ausnutzt und nun ganz einfach in fremde Häuser gelangt“, sorgt er sich.
Auch auf Facebook kocht die Stimmung hoch. Ein Mieter berichtet, dass er mit seinem Schlüssel vom Wallheckenweg in ein Haus am Brinkmannsweg gelangen könne; andere Bewohner probierten ihren Angaben zufolge ebenfalls aus, mit ihren Schlüsseln in Nachbarhäuser zu gelangen – mit Erfolg.
Besonders ältere Bewohner der LEG-Wohneinheiten haben Angst vor Einbrüchen
Die Sorge, dass das Risiko für vermehrte Einbrüche nun wächst, sie ist groß. Offenbar nicht zu Unrecht: Eine Facebook-Nutzerin teilt etwa mit, dass in ihre Wohnung an der Straße Bockenfeld bereits einen Tag nach dem Einbau der Schließanlage eingebrochen worden sei. Andere sorgen sich um ihr Hab und Gut in den Kellerräumen oder fürchten gar Gewaltkriminalität. „Viele Mieter haben einfach Angst“, erst recht ältere Bewohner, so ein Leser.
Befeuert wird die Empörung noch durch widersprüchliche Aussagen von LEG-Mitarbeitern und der angeblichen Untätigkeit des Unternehmens. „Vor über zwei Wochen meldeten die ersten Mieter diesen Zustand der LEG. Dort hieß es, dass es sich um eine Not-/Übergangslösung handele, die schnellstmöglich behoben werden solle. Andere Mieter erhielten die Antwort, dass dies so gewollt sei, damit der Hauswart nicht mehr so viele Schlüssel mit sich führen müsse“, empört sich ein Hasseler.https://www.waz.de/region/rhein-und-ruhr/corona-check-wie-erleben-sie-die-pandemie-seit-einem-jahr-id231708213.html
Unternehmen spricht von Einzelfällen
Er wertet dies als „Hinhaltetaktik und Lügen“, um „das Ganze auszusitzen“. „Obwohl sich immer wieder Mieter beschweren und dies nun wirklich eine Zumutung und Unverschämtheit ist, passiert nichts“, kritisiert eine andere Leserin. Für sie „ein Riesenskandal“.
Die LEG, die auf ihrer Homepage ihr besonderes Interesse an „Kundenzufriedenheit“ herausstellt, bestätigt auf Nachfrage, dass der gesamte LEG-Bestand in Gelsenkirchen neue Schließanlagen mit einem „erhöhten Sicherheitsstandard“ erhalte, „die ersten Umrüstungen waren problemlos im Juli und September 2020“, so Sprecher Nils Roschin. Das Generalschlüssel-Problem führt er auf „vereinzelte“ Fehlmessungen der Schließzylinder zurück, die den vorübergehenden Einbau von Notfallzylindern nötig machten.
LEG will Notfallzylinder „so schnell wie möglich“ austauschen
Von „Generalschüsseln“ wollte Roschin nicht sprechen. „Übergeordnete Schlüssel für diese Zylinder hat nur ein kleiner, übergeordneter Personenkreis. Auf keinen Fall die Mieter“, erklärte er. Dass es den betroffenen Bewohnern aber sehr wohl möglich ist, sich mit den neuen Schlüsseln Zugang zu anderen Gebäuden zu verschaffen, wollte er nicht kommentieren.
Von den 1301 Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 7247 Wohnungen in Gelsenkirchen seien wegen fehlerhafter Messungen 288 mit einem solchen Notfallzylinder ausgestattet worden, so der Sprecher. Wie viele Mieter von dem Problem betroffen sind, konnte er nicht angeben, da die LEG Gebäude mit vier, sechs und mehr als acht Wohnungen besitze. Je nach Rechnung dürften also mindestens 1700 Mietparteien mit einem „Generalschlüssel“ ausgestattet sein.
„Die betroffenen Türen sind uns bekannt und werden nachträglich durch die passenden Zylinder ersetzt“, versprach er. Dies soll „so schnell wie möglich“ passieren und in vier bis sechs Wochen, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Einbaus, abgeschlossen sein.
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