Gelsenkirchen-Buer. Gelsenkirchener Copolla eröffnet ein Lokal in Buer, zunächst für Außer-Haus-Verkauf. Leidenschaft für Italiens Küche ließ sich nicht mehr zügeln.

Stillstand nennen es die einen, Shut- oder Lockdown die anderen. Fakt ist: Bis auf wenige Ausnahmen sind Einzelhandel und Gastronomie geschlossen. Groß ist die Angst vor massenhaften Insolvenzen. Und mitten in dieser Corona-Pandemie im Januar fällt Giorgio Copolla nichts Besseres ein, als sein italienisches Restaurant „Giorgio’s“ an der Lindenstraße in Buer zu eröffnen. Zunächst nur mit angezogener Handbremse, eben als Außer-Haus-Verkauf, aber in Gedanken ist er schon dabei, Vollgas zu geben. „Ich bin nun mal ein bisschen verrückt“, räumt er ein.

Im Lotto gewonnen, nein, das hat der 42-Jährige nicht. Wie die allermeisten Existenzgründer hat er seinen Traum vom eigenen Restaurant mit Bankkrediten realisiert, die er selbstverständlich auch zurückzahlen muss. Dass dies derzeit nicht einfach ist, gibt er offen zu.

Schon vor der Eröffnung aufzugeben, kam für den Gelsenkirchener nicht in Frage

Die Traditions-Gaststätte „Dröges Eck“ an der Lindenstraße in Gelsenkirchen-Buer gibt’s – anfangs unter dem Namen „Zur Linde“ – seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Nach einer Kernsanierung in Folge eines Brandes 2019 hat nun der gebürtige Italiener Giorgio Copolla die Gastronomie übernommen.
Die Traditions-Gaststätte „Dröges Eck“ an der Lindenstraße in Gelsenkirchen-Buer gibt’s – anfangs unter dem Namen „Zur Linde“ – seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Nach einer Kernsanierung in Folge eines Brandes 2019 hat nun der gebürtige Italiener Giorgio Copolla die Gastronomie übernommen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„Ich habe den Vertrag mit der Haus-Eigentümerin im März 2020 unterschrieben. Damals hatte ich gehofft, im August dauerhaft eröffnen zu können. Dass das so nicht möglich war, hat meine Pläne dann doch durchkreuzt“, berichtet Copolla.

Während andere Gastronomen für ihre Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beantragten oder gar Beschäftigte entlassen mussten, widmete sich der Vater von fünf Kindern zwischen neun und 16 Jahren der Renovierung der Traditionsgaststätte „Dröges Eck“. Schon vor der Eröffnung aufzugeben, kam für ihn nicht in Frage.

Gastronom aus Italien hat „Dröges Eck“ neu erfunden

Quadratische Holztische mit weißen Tischdecken, dunkle Kunstlederstühle und große herabhängende Lampen, Wände in eleganten, unterschiedlichen Grau-Tönen: Copolla hat das „Dröge Eck“ neu erfunden. Zwangsläufig, denn ein Brand hatte 2019 nicht nur die Räume im Erdgeschoss, sondern auch die Wohnung darüber unbenutzbar gemacht.

Ein Neuanfang also für Haus und Lokal – sowie für Copolla, der in vierter Generation Gastronomie, ja, nicht nur betreibt, sondern lebt, wie er gerne betont. „Mein Urgroßvater hatte im apulischen Gallipoli eine Pizzeria eröffnet, die seither von unserer Familie geführt wird. Auch als ich in den 1990er Jahren nach Deutschland kam, gab es für mich nichts anderes, als in einer Pizzeria zu arbeiten. Ich liebe es, italienisch zu kochen, so wie ich es bei meinen Großeltern in der Küche gelernt habe.“

Gebürtiger Italiener fühlt sich in Gelsenkirchen-Buer zu Hause

Über Stationen in Stuttgart, Bottrop und Gladbeck gelangte er 2011 nach Buer und kam „irgendwie nach Hause“, erzählt er. „Die Leute hier waren sehr warmherzig zu mir, ich habe sofort Freundschaften geschlossen. Heute ist Buer meine Heimat, in die ich mit meinem Restaurant ein Stück originales Apulien bringen möchte.“

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Auch wenn er eine Wohnung in Italien verkaufen musste, um den Lockdown in Deutschland zu überstehen und sein „Giorgio’s“ zu retten, hat Copolla nichts von seinem sprühenden Optimismus verloren. „Sobald die Gastronomie wieder öffnen kann, ändere ich die Speisekarte, auf der derzeit nur Pizza, Pasta und Salate stehen. Dann können Gäste bei mir frischen Fisch wie Dorade, Seezunge und Rotbarsch, aber auch Meeresfrüchte wie Hummer und Krabben sowie Fleischgerichte bestellen.“ Auch Musikabende und Live-Konzerte plant er für das Leben nach Corona.

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„Giorgio’s“ Küchenchef arbeitete lange Jahre als Koch auf einem Kreuzfahrtschiff

„Wirklich“ italienisch zu kochen, ist ihm ein Herzensanliegen. „Nicht überall, wo ,italienisch’ draufsteht, ist auch ,italienisch’ drin!“, meint er. „Bei mir gibt’s echten Parma-Schinken und nicht gepressten aus Südosteuropa.“ Serviert werden sollen dann frisch zubereitete Nudeln nach einem Rezept seiner Oma, zubereitet von einem italienischen Koch, der über Jahre auf dem Kreuzfahrtschiff „Aida“ gearbeitet habe.

„Wichtig ist, die Speisen mit Herz und Leidenschaft zu kochen, so als wären sie für die eigene Familie bestimmt!“, betont er und wischt über die Theke. Wenn die nächsten Gäste mit FFP2-Maske ihre bestellten Pizzen abholen, soll es schließlich picobello sauber sein. „Was morgen ist, kann man sowieso nie wissen. Aber ich bin sicher, dass in ein paar Monaten die gute Zeit wieder zurückkommt.“ Keine Frage: Darauf ist Copolla vorbereitet.