Neuer Hoteleigner auf Schalke stellt sich den Fragen des Gelsenkirchener Wirtschaftsausschusses. Und sorgt für viel Befremden.
Auskunft hatten sich fraktionsübergreifend die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses in ihrer Sitzung zur Neuausrichtung des ehemaligen Courtyard by Marriott-Hotels auf Schalke, jetzt Stays Design-Hotel, gewünscht. Was der neue Mehrheitseigner, die zur Sitzung eingeladene Anter Group aus Düsseldorf, an Informationen bereithielt, unterschritt die Erwartungen der Mitglieder deutlich.
Der Einladung ins neue Hans-Sachs-Haus gefolgt waren am Dienstagnachmittag Taylan Anter, Geschäftsführer der Stays Design GmbH und Elmar Appel, Referent der Geschäftsführung. Aus den Reihen von SPD, CDU, Bündnisgrünen, FDP, Die Linke, AfD und WIN prasselten denn auch eine ganze Reihe von Fragen auf die Anter-Vertreter ein. Etwa zur jüngsten Kündigungswelle, zu den Personalplanungen und zu den Arbeitsbedingungen wie beispielsweise dem vom Unternehmen so stark beworbenen Arbeiten auf Abruf, zur neuen Konzeption oder auch zur Kooperation mit dem benachbarten Reha-Dienstleister Medicos.
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Allerdings prallten die meisten Bemühungen des Gremiums um mehr Transparenz bei dem zuletzt so schlagzeilenträchtigen Thema ebenso ergebnislos am Ziel ab wie derzeit die Schüsse des FC Schalke 04 aufs gegnerische Tor. O-Ton: „Dazu geben wir keine Stellungnahme ab.“
Der Protest des langjährigen Gewerkschafters Robert Sadowski (Die Linke), dass „die Kündigungen der Arbeitsverhältnisses der betroffenen Arbeitnehmer durch den bisherigen oder neuen Betriebsinhaber unwirksam sind, wenn sie wegen des Betriebsübergangs erfolgen“ blieb unerwidert (§ 613a Abs. 4 BGB).
Sadowski zufolge laufen bereits Arbeitsrechtsklagen von gekündigtem Personal. Dazu passt der aktuelle Aufruf des Gelsenkirchener Verdi-Ortsfrauenrates an Stadt und betroffene Hotel-Mitarbeiter, „sich gegen prekäre Beschäftigung zu wehren“.
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Die Vorsitzenden der beiden Koalitionsfraktionen im Rat, Axel Barton (SPD) und Sascha Kurth (CDU) übten im Nachgang der Sitzung am Mittwoch harte Kritik an der Anter Group. Barton nannte es „menschlich verwerflich“ und Existenz bedrohend, wenn teils langjährigen Beschäftigten gekündigt werde, um sie zu deutlich schlechteren Konditionen wieder einzustellen. Kurth äußerte den Verdacht, dass die krisenbedingte Angst der Menschen ausgenutzt werden solle, um Druck auszuüben. „Das ist schlicht unanständig“.
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Insbesondere zu den Themenzimmern, die die Möglichkeit für erotische Abenteuer-Urlaube für Erwachsene eröffnen und Befürchtungen von Sextourismus aufkommen ließen, gab es wenig Aufklärung. Zu hoteltypischen Fragen unterhalte man sich in Fachkreisen, bekam das Gremium als Antwort zu hören. Mit dem Verweis darauf, dass es entscheidender sei, ob eine solche Szene geduldet werde. „Wir haben dazu in den vergangenen fünf Jahren zwei Fälle zur Anzeige gebracht.“ Und im Übrigen: Was Erotik und was Romantik sei, sei Ansichtssache.
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Das Unternehmen berichtet, dass zwei städtische Vertreter das Stays Design Hotel jüngst besucht haben, was die Verwaltung auch bestätigte. Allerdings wurde kein Wort darüber verloren, welchen Eindruck man vor Ort bekommen hat. Und auch aus dem Gremium kamen dazu keinerlei Nachfragen.
Anter und Appel hoben stattdessen die schwerpunktmäßige Ausrichtung des Hotels für Geschäftskunden (zu 75 Prozent) hervor und skizzierten auf mehrfacher Nachfrage zur Konzeption zumindest die Idee, den Hotelbetrieb auf Schalke um „ein Angebot von Coworking-Spaces sowie einem Day-Spa“ (Siehe Info-Box) zu erweitern. Vorausgesetzt allerdings, man komme zu dem Schluss, dass der „Bedarf sowie die Akzeptanz von Politik und Bürgerschaft dafür vorhanden ist“.
Das sind Coworking-Spaces
Der Name „Coworking Space“ steht für Geschäftskonzepte, die Arbeitsplätze und Infrastruktur (Netzwerk, Drucker, Scanner, Fax, Telefon, Beamer, Besprechungsräume) zeitlich befristet zur Verfügung stellen.
Der Unterschied zur Bürogemeinschaft ist die Mischung verschiedener Berufe und die geringere Verbindlichkeit. Die Anter Group bietet solche Büroflächen im Düsseldorfer Medienhafen an.
Immerhin stellten Appel und Anter dar, dass das Engagement in Gelsenkirchen „auf Dauer ausgerichtet ist“. Eine Modernisierung und einen Weiterverkauf der Anteile der ein wenig in die Jahre gekommenen Herberge auf Schalke schließt das allerdings nicht aus.
Noch nicht näher unterfüttert wurde auch die Absichtserklärung des neuen Hotelbetreibers, die „bis März laufende Kooperation mit dem Courtyard by Marriott-Hotel zu forcieren und auszubauen“.
Der Ausschutzvorsitzende Andreas Batzel (CDU) fasste den Tagungsordnungspunkt des bis 22.15 Uhr tagenden städtischen Wirtschaftsausschusses passend zusammen: „Die Antworten waren etwas schmal.“
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