Gelsenkirchen-Erle. Nur sieben von 126 angemeldeten Über-80-Jährigen erschienen nicht im Gelsenkirchener Impfzentrum. Probleme gab’s mitunter bei der Abreise.

„Bleiben Sie zu Hause!“ Immer und immer wieder warnte die Polizei am Montag nach dem Wintereinbruch vor spiegelglatten Straßen und Eiseskälte. Doch ausgerechnet viele ältere Senioren wollten dem keinesfalls Folge leisten: Es war Tag 1 für Über-80-Jährige im Impfzentrum Emscher-Lippe-Halle – und die große Mehrheit derjenigen, die dort einen Termin für eine Corona-Schutzimpfung ergattert hatten, wollte ihn auch wahrnehmen. Heftige Schneefälle hin oder her.

So herrschte schon kurz vor dem offiziellen Start um 14 Uhr ein so großer Andrang vor dem Gebäude, dass die Verantwortlichen bereits zehn Minuten früher als geplant mit der Arbeit begannen. Pro Viertelstunde wurden auf den drei Impfstraßen insgesamt neun Personen zum „kleinen Pieks“ gebeten. Darunter auch Margret und August Rohsiepe (87 und 88) aus Buer.

Ehepaar Rohsiepe aus Buer fieberte Impftermin seit Wochen entgegen

„Das wirft uns nicht um!“: Optimistisch machte sich Margret Rohsiepe (87), hier mit ihrem Schwiegersohn Michael Brauckmann, auf den Weg zum Gelsenkirchener Impfzentrum Emscher-Lippe-Halle. Sie hofft, dass bald wieder Normalität in ihr Leben einkehrt.
„Das wirft uns nicht um!“: Optimistisch machte sich Margret Rohsiepe (87), hier mit ihrem Schwiegersohn Michael Brauckmann, auf den Weg zum Gelsenkirchener Impfzentrum Emscher-Lippe-Halle. Sie hofft, dass bald wieder Normalität in ihr Leben einkehrt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Sie hatten diesem 8. Februar seit Wochen entgegengefiebert. Allein dass ihre Enkeltochter und deren Verlobter sie für denselben Tag zeitgleich anmelden konnten: Das erschien den Bueranern wie ein Sechser im Lotto. Sich da von widrigen Wetterumständen abhalten zu lassen, kam für das Paar nicht in Frage.

Aufgeregt? Nein, das waren Margret und August Rohsiepe nicht. Die dreifachen Eltern und fünffachen Großeltern hatten in der Nacht gut geschlafen. „Sie ist die Ruhe selbst“, berichtete Tochter Birgitt Brauckmann (60) schmunzelnd, die die Anreise mit Krankentransport für den Vater und Taxi für die Mutter geplant hatte – aber angesichts der überraschenden Schneemassen auf den Straßen dann doch einigermaßen alarmiert war.

Paar fühlte sich in guten Händen, vermisste aber Rollstühle

Das Impfzentrum öffnete am Montag, 8. Februar. 126 Senioren über 80 Jahre waren zum Impfen angemeldet, sieben erschienen nicht. Ob aus Krankheitsgründen oder wegen des Wintereinbruchs, ist unklar. Kurt-Schumacher-Straße und Adenauerallee waren relativ gut geräumt.
Das Impfzentrum öffnete am Montag, 8. Februar. 126 Senioren über 80 Jahre waren zum Impfen angemeldet, sieben erschienen nicht. Ob aus Krankheitsgründen oder wegen des Wintereinbruchs, ist unklar. Kurt-Schumacher-Straße und Adenauerallee waren relativ gut geräumt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

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Am Ende lief alles glatt, zum Teil sogar buchstäblich, denn rutschig war es schon auf den kleineren Anwohnerstraßen. Die Wege zum Impfzentrum hingegen – Kurt-Schumacher-Straße und Adenauerallee – waren gut geräumt.

Im Impfzentrum selbst, wo kein Journalist zugelassen war, sei dann alles gut organisiert gewesen, erzählen die Rohsiepes, als sie alles hinter sich haben. „Alle waren sehr freundlich und zuvorkommend, wir fühlten uns in guten Händen“, so die 87-Jährige. Tochter Birgitt Brauckmann kann nur zustimmen, bemängelt jedoch, dass vor Ort keine Rollstühle bereitgestanden hätten. „Ich bin froh, dass ich mir vorher im Sanitätshaus für meinen Vater einen ausgeliehen habe, sonst wäre es schwierig gewesen.“

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Nur Angemeldete kommen zum Zug

Das Gelsenkirchener Impfzentrum befindet sich in der Emscher-Lippe-Halle, Adenauerallee 118, 45891 Gelsenkirchen (am Sportparadies). Kostenlose Parkplätze sind vorhanden. Die Buslinie 381 hält in der Nähe.

Geimpft werden dort montags bis sonntags derzeit nur über 80-Jährige, die zuvor über die Telefon-Hotline oder online einen Termin vereinbart haben. Der Anspruch wird mit Hilfe des Personalausweises überprüft.

Ehrenamtliche betreuten Senioren ohne Begleitung

Wer nicht wie sie eine Begleitperson dabei hatte, wurde von Helfern der Ehrenamtsagentur betreut beim Anmelden, Ausfüllen des Aufklärungsbogens mit Fragen nach Medikamenten sowie Vorerkrankungen – und natürlich dem Impfen selbst. Dann noch 15 Minuten im Ruhebereich, um allergische Reaktionen oder andere sofort eintretende Nebenwirkungen auszuschließen – das war’s.

„Es hat sich angefühlt wie jede andere Impfung auch“, berichtete die Bueranerin „danach“. Überzeugt, gar überredet zu werden brauchten die Rohsiepes nicht, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. „Wir hoffen, dass bald endlich wieder etwas Normalität zurückkehrt. Wir sind ja doch seit Monaten mehr oder weniger eingesperrt aus Angst, uns anzustecken und lebensgefährlich zu erkranken.“

Ärztlicher Leiter äußert sich hochzufrieden mit erstem Impftag in Gelsenkirchen

Dr. Klaus Rembrink, ärztlicher Leiter des Gelsenkirchener Impfzentrums und Leiter der Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), zog am frühen Abend ein sehr positives Fazit des ersten Impftags: „Es ist super gelaufen. Alles war sehr geordnet und die Stimmung bei allen positiv.“ Nach Stadt-Angaben blieben sieben von 126 für Montag angemeldeten Senioren ihrem Termin fern, ob aus Krankheitsgründen oder wegen des Wintereinbruchs, ist unklar.

Sie können aber am Folgetag (Dienstag, 9. Februar) zur selben Uhrzeit wie ursprünglich geplant zur Impfung kommen. Dies hatte das Land NRW am Sonntagabend angeordnet. „Falls die sieben Personen am Dienstag erscheinen sollten, bekommen wir das noch gut organisiert“, so Rembrink. Er zeigte sich erleichtert, dass es doch nicht – wie anfangs befürchtet – 20 der gar 30 Prozent waren, die nicht kamen. „Das hätte uns vor große Aufgaben gestellt. Denn auch der Dienstag ist bereits mit vereinbarten Terminen durchgetaktet.“

Für Unmut sorgte freilich zum Teil die Abreise. Weil viele mit dem Taxi angereiste Senioren nicht wussten, wie lange die Prozedur dauern würde, hatten sie sich kein Fahrzeug zum Abholen bestellt. Folglich mussten sie lange in der Kälte warten. Daher soll künftig ein Taxistand unmittelbar vor den Eingang des Impfzentrums verlegt werden, so Rembrink.