Gelsenkirchen. Seit Wochen sind auch Gelsenkirchens Schulen dicht: Wir haben unsere Leser gefragt, wie es mit dem Homeschooling läuft. Das sind ihre Antworten.
Das neue Jahr beginnt mit: Unterricht und Lernen auf Distanz, für alle Gelsenkirchener Schüler. Wieder werden – wie schon im Frühjahr 2020 – Schüler zu Alleinlernern, Eltern zu Lehrern. Wie läuft es mit dem Homeschooling? Wie gelingt der Unterricht zuhause? Und vor allem: Wie geht es Kindern, Jugendlichen und Eltern damit? Wir haben unsere Leser gefragt, das sind ihre Antworten:
Homeschooling in Gelsenkirchen: „Mein Sohn hat weiter Spaß am Lernen“
„Unser Sohn (7), besucht (eigentlich) die 1. Klasse der KGS Im Emscherbruch. In den ersten Schuljahren geht es ja, so finde ich, erstmal „nur“ um Spaß am Lernen. Diesen Spaß transportieren die Klassenlehrerin und der Schulleiter auf jeden Fall, auf vielfältige Weise in unser kleines Homeschooling-Klassenzimmer! Sie haben mit viel Sorgfalt Wochenpläne für die Kinder erstellt und senden, per Videobotschaft oder Videokonferenz, Schulterklopfen und nette Worte an die Schüler (und Eltern)!
Mein Sohn vermisst natürlich seine Schulfreunde aber seine Schule leistet Tolles, Danke dafür, und er hat weiter Spaß am Lernen! Nina Horst
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„Die Tage werden zunehmend homogener, wir vermissen die Struktur“
Eine Leserin, die gerne anonym bleiben möchte (Name ist der Redaktion bekannt), hat uns diese Zeilen geschickt:
„Unsere Tochter besucht die 8. Klasse eines Gelsenkirchener Gymnasiums. Seit dem 21. Dezember findet Lernen auf Distanz statt. Mittels IServ werden Aufgaben von verschiedenen Fachlehrern eingestellt, die es zu bearbeiten gilt. Das klappt ganz gut, da wir auch hier in der glücklichen Lage sind, dass unsere Tochter sowohl über einen eigenen Schreibtisch als auch ein eigenes Laptop und Zugang zu schnellem Internet verfügt. Da auch ich 50 Prozent meiner wöchentlichen Arbeitszeit seit November im Home-Office erledige, hat sie auch immer eine Ansprechpartnerin zur Verfügung.
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Leider bietet unsere Schule keine Videokonferenzen an, die für die Vermittlung neuer Inhalte gerade in den Hauptfächern elementar sind. An anderen Schulen in Gelsenkirchen wird das praktiziert. Dies macht unserer Tochter klar, wie unpersönlich derzeit Schule bei ihr stattfindet. Dass sie ihren Lehrer/innen gleichgültig ist, trifft es nicht, sehr wohl aber die Tatsache, dass die Schüler/innen sich selbst überlassen bleiben.
„Die Zündschnur wird auf beiden Seiten immer kürzer“
Aufgaben werden teilweise lieblos hingekritzelt oder aus alten Übungsheften kopiert. Oft gibt es nicht einmal ein Feedback zu gelösten, eingereichten Aufgaben. Das ist schulseitig sehr armselig. Auf Nachfrage zu Videokonferenzen haben wir den Eindruck, dass die Lehrer/innen entscheiden dürfen, ob ein ’Angebot’ gemacht wird. Da wird dann wohl der bequemere Weg gewählt.
Durch die intensive Zeit zu Hause ist das Empfinden für Freizeit bei uns allen verloren gegangen. Die Tage werden zunehmend homogener. Wir vermissen vor allem die Struktur, die wir sonst in einer Woche haben. Vereinstraining, dabei Freunde treffen, unbeschwert zu sein. Wir wissen das unsere Lage im Vergleich zu vielen anderen sogar noch sehr gut ist. Trotzdem wird die Zündschnur auf beiden Seiten immer kürzer.“
„Diese Kinder können gestärkt aus der Pandemie gehen“
„Wir haben zwei schulpflichtige Söhne, 17 Jahre (12. Klasse) und 13 Jahre (8. Klasse). Wir stellen fest, dass das Lernen auf Distanz auch Vorteile hat. Unsere Kinder müssen sich selbst organisieren und sich Unterrichtsinhalte selbst erarbeiten, wie es sonst Studenten an der Universität tun müssen.
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Diese Kinder können gestärkt aus der Pandemie gehen. Auch wenn das vermittelte Wissen, inhaltlich nicht mit dem Präsenzunterricht mithalten kann, wissen diese Kinder dank „Dr. Google“ und „Freund YouTube“, wie man sich Wissen/Themen selbst erarbeiten kann. Wichtige Dinge für ihre Zukunft, die so in keinem Präsenzunterricht vermittelt werden können.
Und Ja! Das erfordert eine gewisse Mitarbeit der Eltern, aber diese sollte so aussehen, dass die Kinder dazu angehalten werden, morgens aufzustehen und zeitlich ihren gewohnten Schulalltag am heimischen Schreibtisch wahrzunehmen, Termine einzuhalten und an Videokonferenzen aktiv teilzunehmen. Das geht auch übers Smartphone. Wir sehen für unsere Jungs bezüglich ihrer Zukunft nicht nur schwarz.“
Jutta Sicken
„Ich kann im Homeoffice arbeiten und habe von meinem Arbeitgeber jede Freiheit, ich kann von halb sieben bis 22 Uhr arbeiten. Das hilft uns natürlich. Mein Sohn ist in der siebten Klasse einer Gesamtschule und aufgrund seines Alters kann er gut alleine bleiben. Ich wüsste nicht, was wäre, wenn hier noch kleinere Kinder betreut oder beschult werden müssten und ich beispielsweise Krankenschwester wäre.
Das Problem bei uns ist aber leider, dass mein Sohn sich nicht alleine an die Schulaufgaben setzt, er hat keine Lust. Wenn ich ihn dann animieren und nebenbei noch arbeiten muss, ist das schon sehr stressig. Über IServ klappt es ganz gut mit dem Homeschooling. Allerdings ist es manchmal echt viel, was er an Aufgaben abzuarbeiten hat, da muss jeder Lehrer Aufgaben schicken.
Für meinen Sohn ist es schon schwierig, man hat ja keinen Alltag mehr und lebt irgendwie im Ferienmodus. Das geht uns allen so. Der soziale Kontakt, das fehlt einfach. Im ersten Lockdown haben wir viel zu Hause erledigt, mittlerweile denken wir aber: Jetzt reicht’s auch. Man kann sich ja wirklich reinsteigern und sich aufregen, aber es klappt ja alles meistens und ich hoffe, es wird einfach bald alles wieder ein wenig normal(er)!“ Kirsten Rudolph
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