Gelsenkirchen. Bündnisgrüne wollen Ruhrparlament einschalten. Deponie-Betreiber hat Gebäude abgerissen und Gelände für Industrieanlage dazu gekauft.
Die Empörung über die blitzschnellen Rodungsarbeiten an der Zentraldeponie Emscherbruch an der Stadtgrenze von Gelsenkirchen und Herne als Folge der Bewilligung vorbereitender Arbeiten zur geplanten Erweiterung der umstrittenen Müll-Lagerungsstätte hat größere Wellen geschlagen. Nach Protesten aus der Bürgerschaft und der Politik soll sich das Ruhrparlament mit dem Thema befassen. Darauf drängen die Bündnisgrünen.
Am 7. Januar gab die Bezirksregierung Münster dem Deponiebetreiber, der Abfallentsorgungsgesellschaft Ruhrgebiet (AGR), die Erlaubnis für den vorzeitigen Baubeginn von Teilmaßnahmen zur Erweiterung der Zentraldeponie, keine 24 Stunden später kreischte bereits die Säge, wurden etwa 3,4 Hektar Wald abgeholzt.
Da die AGR eine hundertprozentige Tochter des Regionalverbandes Ruhr ist, will nun auch die Grüne Fraktion im Ruhrparlament tätig werden.
Vorwurf der Bündnisgrünen: Gelsenkirchen und Herne sind übergangen worden
„Wir werden das Thema im Umwelt- und im Planungsausschuss ansprechen. Eine derartige Intransparenz seitens der Bezirksregierung und der AGR ist inakzeptabel“, erklärt Birgit Beisheim, Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Ruhrparlament. „Alle weiteren Arbeiten müssen dringend eingestellt werden, bis alle offenen Fragen geklärt sind.“
Sowohl der Stadtrat in Herne als auch der in Gelsenkirchen hatten sich per Ratsbeschluss gegen eine Erweiterung der Deponie ausgesprochen. Mit der Bewilligung der Vorarbeiten übergeht die Bezirksregierung Münster nach Meinung der Grünen das Votum der kommunalen Entscheidungsgremien vor Ort. Den städtischen Gremien sei keine Zeit eingeräumt worden, zu reagieren, etwa Rechtsmittel einzulegen.
Deponie-Betreiber AGR: Grundstück gekauft für neue Schlackenaufbereitung
Die AGR teilt über ihren Sprecher Jürgen Fröhlich mit, dass die Baumfällungen und die Vorbereitungen für die Schaffung neuer Lagerkapazitäten gestartet wurden, um den „zeitlichen Verzug“, rund anderthalb Jahre nach Antrag auf Deponie-Erweiterung, aufzuholen. Auch hat die AGR bereits Betriebsgebäude auf dem 113 Hektar umfassenden Gelände zurückgebaut. Sie stehen der Kapazitätserweiterung im Wege. Zudem wurde ein Grundstück in Herne gekauft, auf dem „eine neue Schlackenaufbereitungsanlage errichtet werden soll“. Daraus lässt sich schließen, dass sich die AGR ihrer Sache völlig sicher ist, dass die Bezirksregierung Münster ihr die beantragte Deponie-Erweiterung genehmigt.
Bei dem gekauften Gelände dürfte es sich um die alte Kohlelagerungsstätte nahe der Müllverbrennungsanlage RZR (Abfallkraftwerk) handeln.
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Die AGR hebt parallel dazu ihre „präventiven und zusätzlichen Klimaschutzaktivitäten“ hervor und verweist auf die Schaffung von rund zehn Hektar Nutzforst in Gelsenkirchen und Herten seit 2012 sowie den Ankauf von 200 Hektar Wald in Recklinghausen.
Für die Gegner der Deponieerweiterung klingt das wie blanker Hohn. „Die Aufforstung in Herten und Gelsenkirchen sind auf Anweisung des Landesforstamtes erfolgt, als Ausgleich für vorhergehende Rodung von Waldflächen. Von Freiwilligkeit bei Klimaschutzaktivitäten kann da nicht die Rede sein“, sagt Heinz-Peter Jäkel, Sprecher der Bürgerinitiative Uns stinkt’s, die Bürger beider betroffenen Städte vertritt und auf eine Stilllegung der Deponie drängt.
Dass die neuen Kapazitäten auch für andere Entsorgungsformen, zum Beispiel für Raffinerierückstände von Shell gebraucht werden, hat die AGR vergessen zu erwähnen“, so Jäkel weiter. „Bringen ja auch nur vier Millionen Euro im Jahr.“
Lagerung von hochbelastetem Abfall auf Gelsenkirchener Deponie
Die Zentraldeponie verfügt auch über eine Sonderabfall-Deponie (Klasse III), wo gefährlicher Abfall – wie besagte Raffinerie-Rückstände – entsorgt wird. Die Gelsenkirchener Deponie ist es eines der 24 Unternehmen in 20 Städten in der Rhein-Ruhr-Region, in denen seit 2008 Raffinerie-Rückstände „eingesetzt, umgeschlagen, gelagert bzw. abgelagert“ wurden. Das geht aus einer früheren Information des Umweltministeriums hervor.
Der mit den krebserregenden Schadstoffen Vanadium, Nickel und Schwefel besonders hoch belastete Abfall wurde auch nach Gelsenkirchen geliefert. Und gefährlicher Abfall der Klasse III soll nach der geplanten Erweiterung weiter auf der Deponie gelagert werden.
Hintergrund: Auf der Zentraldeponie Emscherbruch sollen bis zu 4,6 Millionen Kubikmeter zusätzliche Abfallmengen deponiert werden, darunter eben auch gefährlicher Müll.
Wann das Prüf- und Genehmigungsverfahren abgeschlossen sein wird und die Bezirksregierung ein Ergebnis verkünden kann, steht nicht fest.
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