Aussuchen, bestellen, abholen: Auf der Hochstraße in Buer zeigen Händler viel Einsatz. Inhabergeführte Läden handeln gerade besonders flexibel.

Samstagvormittag auf der buerschen Hochstraße: Es sind etliche Menschen unterwegs, vor Bäckereien und Drogeriemärkten sind die üblichen Schlangen zu sehen. Aber auch vor einigen Einzelhändlern stehen Kunden. „Click und Collect“, das ist im Lockdown erlaubt – und es wird genutzt. Kunden bestellen die Ware vor und holen sie dann vor Ort ab.

Vor der Eingangstüre des Damenbekleidungsgeschäftes von Christine Beckmann etwa steht ein kleiner Tisch. Hinter der gläsernen Türe steht die Geschäftsfrau, öffnet immer dann, wenn sich Kundschaft nähert. Lachend erinnert sie sich an ihre Kindheit. „Da habe ich es geliebt, Kaufmannsladen zu spielen. So ist das jetzt ein bisschen.“ Es möge eine ungewöhnliche Art des Verkaufs sein, jedoch sie funktioniere. Und das seit dem Weihnachtsgeschäft. „Es war nicht so wie sonst, aber besser als erwartet. Das hätte ich nicht gedacht.“

"Es läuft nich wie sonst, aber besser als erwartet"

Christine Beckmann und ihre Mitarbeiterinnen führen die Mode und Accessoires vor, fotografieren sie und stellen die Bilder online über Instagram. „Die Kunden schauen sich das an, melden sich bei Interesse und holen die Ware hier ab.“ Im ersten Lockdown, so die Geschäftsfrau, habe man einen Lieferservice angeboten. Daran bestehe kaum mehr Interesse. „Man spürt, die Menschen sind froh, wenn sie mal raus kommen, ein paar Worte mit jemandem wechseln können – und sich etwas Neues gönnen können.“

Gelsenkirchener sind froh, wenn ein paar Worte mit jemandem wechseln können

Insbesondere, da der Winterschlussverkauf bei „Beckmann und Grösser“ bereits begonnen hat. Er werde, so die Vermutung von Christine Beckmann, wohl auch auf diese Weise weiterlaufen. Hoffnung auf eine baldige Ladenöffnung hat sie nicht. „Es wäre schön, vielleicht am 20. Januar wieder öffnen zu können.“ Insgesamt aber gelte: „Wir hier sind sehr beweglich. Das sind andere Mitbewerber nicht.“

Die meisten Filialisten bieten keine Einkaufsmöglichkeiten

Das unterstreicht auch der Gang über die Hochstraße. Die meisten großen Filialisten sind geschlossen, inhabergeführte Geschäfte bieten dagegen weiterhin Einkaufsmöglichkeiten an. Ganz deutlich haben die buerschen Familienbetriebe hier die Nase vorn.

Schaufenster-Shopping bei „Lederwaren Droste“

Das gilt auch für die Deckers und ihr Lederwarengeschäft „Droste“. Schon ein Blick ins Schaufenster zeigt, hier ist alles perfekt organisiert. An jeder Tasche steht ein Schild mit einer gut lesbaren Nummer und dem Preis. Kunden können so nach Herzenslust an der Auslage entlang bummeln, dann ihr liebstes Stück bestellen und vor Ort abholen. Ein Konzept, das noch weitere Vorteile bietet, verrät Marc Decker Erfahrungen aus dem Weihnachtsgeschäft. „Die Männer fanden das total gut. Sie mussten sich nur noch die Nummer merken der Tasche, die der Gattin am besten gefällt. Viele Männer haben gesagt, das könnt ihr immer so machen.“

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So charmant das ist, lieber würden Mutter und Sohn ihr Ladenlokal wieder normal öffnen. „Es fehlt etwas“, sagt Doro Decker. Sicher, man könne auch so mit den Kunden ins Gespräch kommen. „Solange das Wetter gut ist.“ Beide rechnen aber damit, sich auch weiterhin mit der Situation arrangieren zu müssen. „Wir gehen davon aus, dass es noch vier Wochen so geht.“

Bücher und Spiele in der „Mayerschen Buchhandlung"

Einer der wenigen Einzelhandelsfilialisten, der für seine Kunden vor Ort ist, ist die „Mayersche Buchhandlung“. Auch hier gibt es an der Front zur Hochstraße eine Abholstation für vorbestellte Bücher und Spiele. Und es laufe gut, verrät Annika Lützner, die Filialleiterin. „Es wird angenommen – von jeder Altersgruppe.“ Das liege daran, dass man so viele Wege der Bestellung anbiete, etliche online und dazu auch einen telefonischen Service.

Umsatz ist oft nur "ein Tropfen auf den heißen Stein"

Die buerschen Geschäftsleute trotzen der Krise. Konsequenzen habe der Lockdown aber schon, sagt Ole Siemienski, der Vorsitzende der Werbegemeinschaft in Buer. „Die Stadt ist ab 14 Uhr tot.“ Die Geschäfte seien, wenn überhaupt, nur vormittags besetzt. Was in dieser Zeit umgesetzt werde, sei für viele nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Dann überrascht er mit der Aussage, die Regierung müsse den Lockdown bis nach Karneval aufrecht halten. „Anders macht es keinen Sinn. Sonst gibt es auch noch einen dritten Lockdown.“ Der sei dann für viele Geschäfte das Ende. Wie viele Ladenschließungen es nach Corona in Buer gebe, das sei ja ohnehin noch nicht absehbar. „Und jeder Laden, der fehlt, ist ein Verlust für die Innenstadt.“

Verhandlungen über einen längeren Lockdown

- Der aktuelle Lockdown gilt einschließlich Sonntag, 10. Januar. Mindestens. Die meisten Bundespolitiker seien, so lassen es zahlreiche Medien verlauten, ebenso wie Ärzte und Wissenschaftler für eine Verlängerung.

- Am Montag, 5. Januar, wollen Bund und Länder über die weitere Vorgehensweise beraten. Besonderes Augenmerk dabei liegt auf dem Einzelhandel und den Schulen.

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