Essen. Weil er eine 15-Jährige geküsst hatte, verprügelten ihr Vater und ihre Brüder den 21-Jährigen Vor Gericht gestanden sie ihre Tat.
Zwei Schneidezähne hatten die beiden Gelsenkirchener, Vater und Sohn, ihm herausgebrochen, ihn getreten und geschlagen. Und das alles, weil der 21 Jahre alte Mülheimer die 15 Jahre alte Tochter und Schwester der Angeklagten im Essener Einkaufszentrum Limbecker Platz geküsst hatte. Vor dem Landgericht Essen gestehen sie am Freitag ihre Tat.
Türkische Wurzeln haben sie alle, akzentfrei Deutsch sprechen sie ebenfalls. Der angeklagte Vater Tugay G., 38 Jahre alt, ist ebenso in Gelsenkirchen geboren wie sein mitangeklagter Stiefsohn Ferhat T., 24 Jahre alt. Bei der Prügelattacke ging es keineswegs um die Liebe der Tochter zu einem Mann aus der falschen Familie , sondern um die Durchsetzung strenger erzieherischer Regeln. Das aber in einer Brutalität, die das Opfer der Tat offenbar noch heute belastet.
Partnerschaftsplattform für Migranten
2017 hatte der damals 21 Jahre alte Mülheimer die sechs Jahre jüngere Jugendliche aus dem Gelsenkirchener Stadtteil Rotthausen im Internet kennengelernt. Geturtelt wurde zunächst auf einer Partnerschaftsplattform, auf der wohl ausschließlich Migranten Kontakt suchen.
Nach sieben Tagen trafen sie sich am 12. Dezember 2017 zunächst am Gelsenkirchener Hauptbahnhof, wechselten dann aber nach Essen ins Einkaufszentrum Limbecker Platz. Der Mülheimer betont am Freitag, die 15-Jährige habe keinesfalls kindlich gewirkt, sondern "so 18, 19 Jahre alt". Jedenfalls, und ganz so ungewöhnlich für junge Menschen ist das ja nicht, verzogen beide sich irgendwann aufs Parkdeck, obwohl sie kein Auto hatten, und küssten sich dort. Danach brachte der Mülheimer sie zurück nach Gelsenkirchen.
15-Jährige kam zu spät nach Hause
Es gab ein Problem. Bis 17 Uhr hatte sie wieder zu Hause sein sollen, tatsächlich war es 19 Uhr. Die Mutter bedrängte das Mädchen, was denn gewesen sei. Dann rief sie ihren Mann auf der Arbeit an, es sei was Schlimmes passiert. Er verließ die Arbeit sofort, was ihm nach eigenen Worten die Kündigung einbrachte.
"Da war Stress", sagt der 38-Jährige. Angeblich habe die Tochter gegenüber der Mutter etwas von sexueller Belästigung durch den Mülheimer erzählt. Seine Frau sei jedenfalls in Ohnmacht gefallen. Tugay G. und zwei Söhne bemächtigten sich des Handys der 15-Jährigen und schrieben dem Mülheimer unter dem Namen des Mädchens eine WhatsApp. Sie müsse ihn unbedingt noch einmal treffen.
Geschlagen, getreten und mit Messer verletzt
So kam er gegen 22 Uhr von Mülheim zum Essener Hauptbahnhof. Statt der erhofften Freundin überwältigten ihn dort aber der Vater, zwei seiner Söhne und mindestens ein bis heute Unbekannter. Eine nicht sehr mutige Übermacht. Sie zwangen ihn ins Auto, fuhren zum Revierpark Nienhausen und schlugen und traten dort im Schutz der Dunkelheit auf ihn ein. Der Vater soll den jungen Mann auch mit einem Messer an der Hand verletzt haben.
Über ihre Verteidiger legten die beiden Angeklagten ein Geständnis ab, antworteten auf Nachfragen. Einiges beschönigten sie, antworteten einsilbig auf Nachfragen von Richter Andreas Labentz , Vorsitzender der XVII. Essener Strafkammer. "Herr Richter, darüber möchte ich nicht mehr reden", versuchte es der angeklagte Vater. Sein Motiv erhellte eine seiner Antworten: "Er wollte eine Beziehung. Aber meine Tochter war erst 15."
Nach der Zivilklage des Opfers haben die Angeklagten dem Mülheimer mittlerweile auch 15.000 Euro Schmerzensgeld bezahlt. Ihr strafrechtliches Urteil bekommen sie voraussichtlich am Montag.