Gelsenkirchen. Erstmals in der Geschichte Gelsenkirchens haben zwei Parteien einen Koalitionsvertrag niedergeschrieben. Worauf sich SPD und CDU geeinigt haben.
„Gelsenkirchen ist eine Stadt mit Herausforderungen und enormen Potenzialen. Wir wollen gemeinsam diese Potenziale heben und die Herausforderungen angehen“, so überschreiben SPD und CDU ihren Koalitionsvertrag – den ersten in der kommunalpolitischen Geschichte dieser Stadt.
Nach einem mitunter haarsträubendem Wahlkampf mit gegenseitigen Beschimpfungen und unsachlichen Attacken auf beiden Seiten, stellten
SPD
und CDU ihre neue Harmonie und eben jene Koalitionsvereinbarung betont glücklich und stolz zur Schau. SPD-Chef Markus Töns und sein CDU-Kollege
Sascha Kurth
unterstrichen mehrfach, dass die Verhandlungsführer zwar in der Sache hart gerungen, atmosphärisch aber sehr gut miteinander ausgekommen seien.
Dass sie mit dem Ergebnis überaus zufrieden ist, machte auch Oberbürgermeisterin Karin Welge sehr deutlich: „Wir befinden uns in einer für das demokratische System nicht einfachen Zeit. Ich bin daher stolz und glücklich, dass wir in Gelsenkirchen – einer sehr heterogenen Stadt – eine stabile Mehrheit auf die Beine gestellt haben“, so Welge, die abermals die Einladung an alle „demokratischen Kräfte“ im Stadtrat ausrief, „unsere Stadt gemeinsam zu gestalten“.
Aus dem Koalitionsvertrag der GroKo in Gelsenkirchen
Wie die Große Koalition die „Zukunft gestalten“ will, hat sie nun auf 32 Seiten niedergeschrieben. Einige Auszüge aus dem Programm:
Bildung:
Erstellung einer Prioritätenliste für Sanierungs- und Neubauaktivitäten, Errichtung mindestens einer weiteren Grundschule im Bezirk Süd, Digitalisierung der Schulen vorantreiben.
Kinder- und Jugendarbeit:
Kita-Neu- und Ausbauten sollen forciert werden, damit jedes Kind einen Betreuungsplatz erhält. Die Mobile Kita soll ausgebaut und die Kindertagespflege verstärkt werden. Zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Missbrauch und sexuellen Übergriffen soll unter anderem die Jugendhilfe weiterentwickelt werden,
Arbeit, Wirtschaft, Innovation:
Die Koalitionäre wollen einen Flächennutzungsplan erstellen, der der Industrie weiteren Grund zur Verfügung stellt. Bei der Grundstücksvergabe komme es neben ökologischen Gesichtspunkten zum Klimaschutz auch auf die „Faktoren Arbeits- und Ausbildungsplätze“ an. Grundsätzlich hoffen SPD und CDU, Gelsenkirchen zum Teil einer Wasserstoff-Industrieregion „zu transformieren“.
Die städtische Wirtschaftsförderung soll den Bedürfnissen gründungswilliger Unternehmen angepasst werden. Ein externer Gutachter soll 2021 klären, was es dafür braucht. Start-up-Unternehmen sollen künftig in Gelsenkirchen mehr Co-Working-Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt bekommen und der Einstieg in die Freiberuflichkeit soll durch die Reduzierung von Nebenkosten – etwa durch gemeinsam genutzte Lagerkapazitäten – erleichtert werden.
Entwicklung der Haupt- und Nebenzentren
Falls es sich finanzieren lässt, will die GroKo auch für die Stadtteilzentren City-Manager einstellen, mit dem Ziel, das gesellschaftliche Leben in den kleinen Neben-Einkaufszentren zu vitalisieren. Vor allem die hiesige Gastronomie soll dafür gestärkt werden, indem für alle Belange der Gastronomen und Wirte ein zentraler Ansprechpartner installiert wird, da die bisherigen Zuständigkeiten in mehreren städtischen Abteilungen liegen.
Sicherheit
„Wir richten einen Ratsausschuss für Ordnung, Prävention und Verbraucherschutz ein. Damit wollen wir den Wunsch der Menschen in Gelsenkirchen nach einer stärkeren Wahrnehmung ihrer Fragen vor Ort sowie Problemen und Herausforderungen im ordnungspolitischen Bereich einen Platz in der Debatte einräumen“, erklären die Koalitionäre. „Phantomdebatten“ sollen darin aber nicht geführt und nur Angelegenheiten, für die die Kommune zuständig ist, diskutiert werden.
Der Kommunale Ordnungsdienst soll ausgebaut, dessen mobile Sprechstunden in den Stadtteilen beibehalten werden. Auch die Mülldetektive der Stadt werden weiter auf Streife gehen. Mit dem Ausbau der Interventionsteams „Zuzug Südosteuropa“ sollen „strukturelle Problemlagen identifiziert und aufkeimenden Konflikten präventiv entgegengewirkt werden.“
Stadtentwicklung:
In der Wahlperiode bis 2025 sollen die Stadtteile Rotthausen, Neustadt und Schalke-Nord erneuert werden. Auch die Sanierung der Ringstraße soll vorangetrieben werden. Ziel der GroKo ist außerdem, die Wohneigentumsquote von derzeit rund 20 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen. „Dazu werden wir in den neunen Wohngebieten gezielt Vorgaben für einzelne Wohnformen machen.
Evaluierung und Transparenz
Darüber hinaus umfasst der Koalitionsvertrag noch viele weitere Ziele in der
Kultur-, Sport und Mobilitätspolitik.
Zur Mitte der Wahlperiode haben SPD und CDU eine
Bestandsaufnahme
des Koalitionsvertrages vereinbart.
Nicht zuletzt die geringe Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl ist für die Koalitionäre Anlass zur Sorge. Deshalb versprechen die beiden Parteien ihr
politisches Handeln transparent darzustellen
. Dennoch stellen beide Fraktionen ihren Verordneten frei, wie sie sich bei der Abstimmung über die Übertragung der Ratssitzungen, entscheiden sollten.
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