Gelsenkirchen-Ückendorf. Die Jahresschau im Domizil an der Bergmannstraße in Gelsenkirchen wird zur Schaufenster-Ausstellung. Corona sorgt für neue Perspektiven.

Als der Bund Gelsenkirchener Künstler seine Jahresausstellung plante, war Corona und damit die Kontaktbeschränkung weit weg. Die Pandemie mischt sich nun massiv in die traditionelle Gruppen-Präsentation zum Jahresende ein. Denn der Titel „second reality“, zweite Realität, sollte bestehen bleiben und als Thema dienen. Die noch immer ungewöhnlichen Umstände schaffen aber gerade diese neue Wirklichkeit schon in der Präsentation.

Arbeiten von acht Künstlerinnen und Künstlern sind zusammengestellt, zusammengefasst, und das auf beschränktem Raum. Denn um der Kontaktbeschränkung Rechnung zu tragen, ist die Werkschau nur durch die großen Schaufenster des BGK-Ateliers Domizil an der Bergmannstraße 53 zu sehen. Diskussion und Auseinandersetzung, selbst eine detaillierte Betrachtung aus der Nähe oder das Studium der Etiketten zu den einzelnen Stücken sind größtenteils nicht möglich. Auch eine förmliche Eröffnung wird es nicht geben.

Der Blick ist anders als gewohnt durch die Galeriefenster beim Bund Gelsenkirchener Künstler.
Der Blick ist anders als gewohnt durch die Galeriefenster beim Bund Gelsenkirchener Künstler. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Kulturbranche auf der Suche nach Alternativen

Sabine Leichner-Heuer greift deshalb bei der Vorstellung auch spontan zur Zusammenfassung „Parallelwelten“. Denn hier ist eine der wenigen Alternativen zu sehen, zu denen die gesamte Kulturbranche greifen kann, um eine Öffentlichkeit zu erreichen, in einer Zeit, die vom Rückzug aus allen Gruppen und Gelegenheiten der üblichen Kommunikation und Begegnung geprägt ist.

„Das konnten wir nicht ahnen“, beschreibt die BGK-Vorsitzende aus dem Beginn der Ausstellungsvorbereitungen. Und „hoffentlich“ ist ihr Kommentar zum geplanten Termin der Finissage von „second reality“ am 10. Januar, hoffentlich mit Besuchern und Künstlern im Domizil. „Jedenfalls fordert die Schau diesmal eine andere, intensivere Aufmerksamkeit, hinter dem Offensichtlichen verbirgt sich Spannendes“, lädt sie ein.

Info und Kontakt

Die Ausstellung „second reality“ in der Galerie „Domizil“ an der Bergmannstraße 53 ist bis zum 9. Januar zu sehen . Ab Einbruch der Dämmerung werden die Arbeiten beleuchtet, um sie vom Gehweg aus betrachten zu können.

Die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler sind Renate Brändlein, Christian Hardick, Heike Klinger, Sabine Leichner-Heuer, Marion Mauß, Barbara Ring, Christiane Steffler und Monika Stolarczyk-Salehian.

Termine zur genaueren Besichtigung und Diskussion mit den Ausstellenden können vereinbart werden, 0209 49 89 56 , www.bundgelsenkirchenerkuenstler.de

Beschränkung ist denn auch das Kennzeichen der gemeinsamen Ausstellung aus Installationen, Objekten und Schmuckdesign. Sabine Leichner-Heuer zeigt zu ihrem bereits bekannten Thema „cages“ unter anderem eine Acryl-Lasur von Bronze auf Leinwand mit „gefangenen schwarzen und goldenen, befreit schwebenden, flüchtenden“ Käfigen.

Suche nach Nähe in der Beschränkung

Barbara Ring bietet mit „Dogtales 2.0“ und der Darstellung zweier Hunde-Porträts als dem Menschen sehr nahe Kreaturen bildliche Symbole für das Bedürfnis nach Nähe und Beziehung.

Marion Mauß hat eine Arbeit aus der Reihe „Hidden Thoughts“ ausgesucht, an der sie seit drei Jahren arbeitet. Das Sichtbare ist darin nur Hülle für eine unsichtbare Wirklichkeit aus Gedanken, Empfindungen, Gefühle, Wünsche, Träume und Ängsten.

Monika Stolarcyk-Salehian fasst seelische Zustände in wabernden Farben, die auf sechseckigen Objekten ineinandergreifen und die Installation „Grauen“ aus einer Eishockey-Maske, einem Klassiker aus Horror-Szenarien (gemeint ist der Film „Halloween“).

Spiegelungen erzeugen ein zweites Bild

Christiane Steffler arbeitet bei ihren Ringen mit scheinbar Durchsichtigem, das aber tatsächlich Spiegelungen überdeckt, und mit beeindruckenden Unterschieden der zwei Hälften eines (jeden) Gesichts.

Heike Klinger hat unter anderem das Bild „Himmels-Meer“ ausgewählt, das einlädt zu träumen, wenn der Horizont zu schwinden scheint.

Wolfgang Weck spielt mit Vorstellungen, die sich über Jahre verändern, wenn „Lucy“ aus einem Beatles-Song eben nicht mehr 17 Jahre jung ist, die Fee Morgana allegorisch für Gut und Böse in einer Einheit wird oder eine Zwiesprache durch Licht mit dem Schatten des Modells entsteht.

Eine ungeahnte weitere Wirklichkeit entsteht, wenn bei der Präsentation der Fotograf der Werkschau als Ausnahme erkennen muss, dass er diesmal selbst im Bild ist. In der Spiegelung der Schaufenster, die die Schau ausmachen.

https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/article228149537.ece

https://www.waz.de/article225919551.ece