Gelsenkirchen-Schalke. Mit ihrem Buch „Leon sagt Nein!“ setzen sich Kinder aus einer Gelsenkirchener Kirchengruppe gegen Mobbing ein. Auch Promis sind begeistert.

Heike Becker hat eine Mission. Die Kinderpflegerin will dafür sorgen, dass es weniger Mobbing in Kindergärten und Schulen gibt. Im letzten Jahr hat sie mit Kindern aus der „Kirchenkeller“-Gruppe der Emmaus-Gemeinde das Buch „Leon sagt Nein!“ zum Thema erstellt. Seitdem kämpft sie dafür, dass Pädagogen und Eltern Mobbing mithilfe des Buches stärker in den Fokus nehmen – mit Erfolg.

Mit Spaß bei der Sache: Die Kinder führten ihr Buch vor dem Lockdown als Theaterstück in der Gelsenkirchener Kreuzkirche auf. Hier sieht man sie bei den Vorbereitungen.
Mit Spaß bei der Sache: Die Kinder führten ihr Buch vor dem Lockdown als Theaterstück in der Gelsenkirchener Kreuzkirche auf. Hier sieht man sie bei den Vorbereitungen. © Heike Becker

„Ich war wirklich geschockt, dass Mobbing so viele Kinder betrifft“, erinnert sich Becker . Jeden Mittwoch betreut sie in der Gelsenkirchener Kreuzkirche eine Gruppe Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren. Dort spielen, basteln und kochen sie gemeinsam – und die Kinder nutzen die Gelegenheit, um über das zu sprechen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Unter anderem über das Thema Mobbing.

Jüngstes Kind mit Mobbingerfahrung war vier Jahre alt

„Ich habe immer Bauchschmerzen, wenn ich in die Schule gehen muss“, berichtete da zum Beispiel ein Kind. „Die anderen nehmen mir jeden Tag das Geld fürs Schulmittagessen weg und ich muss hungern“, erzählte ein anderes. Einem dritten war sogar der Finger von Mitschülern gebrochen worden. Das jüngste Kind mit Mobbingerfahrung war erst vier Jahre alt.

„Die Kinder haben mich gefragt: Heike, kannst du uns nicht helfen?“, berichtet Becker. Aber wie? Relativ schnell kamen die Kinder auf die Idee, das Erlebte in einem Buch zusammenzufassen . So entstand aus den individuellen Erfahrungen der Gruppenteilnehmer die Geschichte von „Leon“ , der in der Schule täglich beleidigt, erpresst und bedroht wird, ohne dass seine Eltern es merken. Becker schrieb den Text, die Kinder illustrierten das Buch mit selbstgemalten Bildern.

Kinder berichten von positiven Erfahrungen durch das Buch

Nicht lange dauerte es, bis Leons Geschichte bundesweite Aufmerksamkeit erhielt. Medien berichteten, die Schriftsteller Paul Maar und Hera Lind äußerten sich positiv, Profifußballer Leon Goretzka schickte ein signiertes Trikot. Seit der Erscheinung haben die Kinder das Buch außerdem als Theaterstück aufgeführt und einen Kurzfilm gedreht. Und schließlich das wichtigste für Becker: „Ich habe schon einige Briefe von anderen Kindern bekommen, die mir geschrieben haben: ‚Ich wurde so lange in der Schule gemobbt – aber nachdem die Geschichte von Leon im Unterricht vorgelesen wurde, hat das aufgehört.‘“

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Becker betont allerdings auch, dass die Verantwortung nicht allein bei den mobbenden Kindern liege. „Ich bin 55 und arbeite schon lange in der Kinderbetreuung. Zunehmend beobachte ich, dass die Empathie abnimmt “, beklagt die Kinderpflegerin. „Viele Eltern sehen sich nicht mehr in der Pflicht, ihren Kindern gewisse Werte mitzubringen. Man muss ihnen doch mal sagen, dass es andere traurig macht, wenn sie sich in so einer Weise verhalten.“ Sie jedenfalls bleibe ständig am Ball, damit ihr Buch Einzug in möglichst viele Klassenzimmer halte.

Das Buch „Leon sagt Nein!“ ist in allen Buchhandlungen und im Online-Handel erhältlich. Es ist im ISB-Verlag erschienen und kostet 6,80 Euro.