Gelsenkirchen. Klemmende Fenster in der Klasse, Gedränge im Bus und extreme Infektionszahlen: Auch in Gelsenkirchen wächst der Druck auf die Schulministerin.
Während Schüler und Lehrkräfte in Nachbarstädten wie Bochum und Herne Protestaktionen mit Schülerpetitionen und Protestschreiben gegen die Schulministerin starten, nachdem die Schulministerin den Solinger Alleingang mit geteilten Klassen verboten hat, gibt es in Gelsenkirchen zwar noch keine gemeinschaftlichen Protestaktionen. Unruhe gibt es dennoch, bei Schülern, Lehrern und Eltern. Und die Zahl der Kinder und Lehrer, die in Quarantäne bleiben müssen, steigt und mit diesen Zahlen die Sorgen vieler Beteiligter.
Da ist der Vater, der sich an die Zeitung wendet, weil das einzige Fenster in der Klasse seines Sohnes an der Gesamtschule Berger Feld allzu häufig so stark klemmt, dass es sich kaum öffnen lässt und der erforderliche Durchzug gar nicht möglich ist. Unterstützende Belüftungsgeräte gibt es (noch) nicht. Auch andere Klassen der Schule hätten das gleiche Problem, berichtet er.
Sanierungsdruck an Gesamtschule Berger Feld wird wegen Corona erneut sichtbar
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Schulleiterin Meike Selter-Beer versichert: Man habe alle Fenster vermessen, die Lehrer seien angehalten, Räume zu melden, in denen Fenster sich nicht öffnen lassen. Diese würden dann als Klassenräume gesperrt, das gelte bereits für mehrere Räume. In allen genutzten Räumen sei querlüften auch möglich. Zudem liege die Bestandsaufnahme zur Fenstersituation schon lange der Stadt vor, dringend notwendige Sanierungsarbeiten würden aber seit Jahren verschoben. Tatsächlich ist der Sanierungsdruck an der Schule seit Jahren bekannt und Thema im Fachausschuss – und wird immer wieder verschoben.
Da ist auch der Gelsenkirchener Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Lothar Jacksteit, der auch schon vor dem Alleingang der Solinger Schule forderte, in Zeiten steigender Infektionszahlen mit geteilten Klassen zu arbeiten. Das Lernen in kleinen Schülergruppen dank Klassenteilungen mit abwechselndem Präsenz- und Distanzunterricht vor den Sommerferien habe sich als extrem effizient erwiesen. Das Gebot der Stunde in den unteren Jahrgängen bis zu Klasse 6 müsse sein, sich auf die Fächer Mathematik und Deutsch zu fokussieren, die Kernkompetenzen der Schüler zu sichern, auf denen sie zu normalen Zeiten aufbauen können.
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Bestätigt fühlt sich Jacksteit durch die jüngsten Erkenntnisse einer Bochumer Studie zur Entwicklung des Infektionsgeschehens an Schulen. Demnach seien Schulen zwar keine besonderen Hotspots, aber auch nicht so ungefährlich wie anfangs behauptet. Im Gegenteil stiegen auch hier die Infektionszahlen kräftig an. Das sei gefährlich für Lehrer und Schüler, wenn die Abstandsregeln und auch das Lüftungsgebot nicht hinreichend gewahrt werden könnten.
Zeitversetzter Unterrichtsbeginn in Herne
90 Lehrer und 1100 Schüler in Quarantäne
90 Lehrkräfte und 1100 Schülerinnen und Schüler mussten sich nach jüngsten Erhebungen der Bezirksregierung in Münster, der Schulaufsicht für Gelsenkirchen Einrichtungen, bereits in Quarantäne begeben. Insgesamt besuchen 38.000 Kinder und Jugendliche Gelsenkirchener Schulen.
Genauere Zahlen zur Entwicklung konnte die Stadt aktuell nicht nennen. Das Gesundheitsamt, wo die Meldungen gesammelt werden, ist mit der Kontaktverfolgung mehr als ausgelastet.
Das „Remonstrationsschreiben“ von verbeamteten Lehrern in Herne bezieht sich ausdrücklich auf die Gesundheitsfürsorge des Landes als Arbeitgeber, aber auch an die für alle Bereiche jenseits der Schule ausgegebene Devise, den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zur Bekämpfung der Pandemie zu folgen. An Schulen werde dies jedoch nicht befolgt, trotz extrem hoher und weiter steigender Inzidenzen und trotz der Tatsache, dass die Infektionsquellen mittlerweile zu 75 Prozent nicht mehr nachverfolgt werden können, die Quellen also durchaus auch in der Schule liegen können.
Aktiv geworden ist die Stadt Herne auch als einzige bislang in Sachen zeitversetztem Schulstart. Um Gedränge bei der Anreise im Bus zu vermeiden, wurde dort ein Konzept erarbeitet, nach dem die Schulen zu verschiedenen Zeiten mit dem Unterricht beginnen. Der Startschuss dafür fällt in Herne am 16. November.
Auch in Gelsenkirchen will der Krisenstab laut Stadtsprecher Jan-Peter Totzek in der Sitzung am Mittwoch, 11. November, prüfen, ob dies auch hier möglich ist. Gymnasien und Realschulen etwa starteten allerdings ohnehin zu unterschiedlichen Zeiten. Ein Problem: Bei kooperierenden Gymnasien könnten unterschiedliche Unterrichtszeiten gemeinsame Oberstufenangebote erschweren.
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