Gelsenkirchen-Buer. Niklas Witzel strebt einst eine Laufbahn als Model an. Die Modewelt jedoch erweist sich als zu oberflächlich. Jetzt macht er Kommunalpolitik.
Die Welt der Mode hat es ihm angetan. Und so macht der Bueraner Niklas Witzel vor einigen Jahren als Teenager erste Schritte auf dem Catwalk. Weil die Branche auch von ihm angetan ist, läuft es gut – Jobs bei der „Berlin Fashion Week“ inklusive.
So ganz aber passt es nicht, lässt sich diese Welt mit den Ansichten des jungen Mannes nicht verbinden. Zeitgleich verspürt er einen Tatendrang und widmet sich der Kommunalpolitik. Mit seiner eigenen Kampagne „Ein buntes Buer für alle“ gewinnt er im September für die Grünen einen Platz in der neuen Bezirksvertretung Nord und will nun Herzensprojekte angehen.
Menschen helfen, ein neues gesellschaftliches Klima zu schaffen
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„Der Satz bietet ganz bewusst Interpretationsraum“, erklärt der 23-Jährige. Einmal sei er kulturell zu verstehen, auf der anderen Seite ziele er auf das Thema der sexuellen Identität ab. „Mein eigenes Coming Out wurde mir durch meine Familie und mein Umfeld sehr leicht gemacht. Ich weiß aber auch, viele Menschen erleben das anders.“
Nun will er helfen, ein neues gesellschaftliches Klima zu schaffen, welches in alle Richtungen offener ist. „Uns muss man sehen. Wir sind jetzt da und uns kann man nicht wegdenken.“
Besonders treibt es Niklas Witzel um, so sagt er, dass derzeit in Allenstein, der polnischen Partnerstadt Gelsenkirchens, Petitionen erarbeitet würden, die Kommune „LGBT-frei“ zu machen, also frei von Homosexuellen, Bisexuellen und Transsexuellen. „Mein Ziel ist es, eine Gesellschaft zu schaffen, die offen ist für alle Menschen. Überall.“
Von Ückendorf für Buer lernen
Gleichsam will sich Niklas Witzel einsetzen für die Belange junger Menschen. Dass die nicht ausreichend kommunalpolitisch gehört würden, belege schon ein Beispiel: „Ich bin das jüngste Mitglied der BV, nur ein weiteres ist jünger als 30 Jahre.“
Was er für seine Generation ganz konkret tun will? „Zum Beispiel innerstädtische Leerstände nutzen für junge Ideen. Es gibt ja schon Orte in der Stadt, wo das funktioniert. Um die zu sehen muss man nur in den Süden fahren“, spielt er lachend auf den Stadtteil Ückendorf an und auch mit dem Klischee von Nord und Süd.
„Man muss den Menschen Raum geben für ihre Ideen“, wünscht sich der Bueraner besonders junge Startups. Natürlich liege die Herausforderung gerade jetzt in den beschränkten finanziellen Mitteln. „In einer von der Pandemie geprägten Politik stellt sich die Frage, wie können wir mit geringem finanziellen Einsatz die aktuellen Probleme bestmöglich angehen“, sagt der Bezirksverordnete und denkt an Umweltpolitik ebenso wie an Familienpolitik.
Niklas Witzel fühlt sich gut gerüstet für seine neue Aufgabe. „Vielleicht sogar weil ich es als Model lernen musste, ein dickes Fell zu haben.“ Bis heute übrigens steht er gern vor der Kamera. Mittlerweile arbeitet er ohne Agentur und am liebsten mit nachhaltigen Unternehmen zusammen, unterstützt durch sein Engagement kleine Projekte und Initiativen.
„Ich will nicht unter dem Druck stehen, dadurch meinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen“, erklärt er, warum er sich für eine Ausbildung zum Erzieher entschied und ein Engagement in der Politik. Nun machten ihn alle drei Bereiche aus. Das lebe er und stelle es auch bei seinem Auftritt in den sozialen Netzwerken so dar.
Dass er damit ein eher außergewöhnlicher Bezirksverordneter ist, das ist ihm klar. Einige seiner neuen Kollegen habe er bereits getroffen – zu einem überparteilichen Kaffee. „Dan merkt man ja, wir sind alle nur Menschen“, erzählt Niklas Witzel und verrät doch, ein bisschen nervös sei er schon vor der ersten Sitzung im November. „Aber das ist ja auch das Schöne daran.“