Gelsenkirchen. Dass Eisbärin Nanook Gelsenkirchen verlässt, ist Teil eines großen Zuchtprogramms. Was dahinter steckt - und warum ihre Eltern gute Gene haben.

Eisbärin Nanook wird noch in diesem Sommer die Gelsenkirchener Zoom Erlebniswelt verlassen – und sich hoffentlich in ihrer neuen Heimat, dem Münchner Tierpark Hellabrunn, schnell wohl fühlen. Dass Nanook umzieht, beruht auf einer Empfehlung des sogenannten Europäischen Erhaltungszuchtprogrammes (EEP). Was hat es damit auf sich? Und was bedeutet das eigentlich ganz konkret?

Tiere in der Zoom Erlebniswelt sind Teil eines europäischen Zuchtprogramms

Das EEP ist ein – wie der Name schon sagt – europaweites, zoo-übergreifendes Programm zur koordinierten Zucht von genau den Arten, die unter menschlicher Obhut leben. Die Maxime: Wie in der freien Wildbahn sollen sich alle Tiere einer Population miteinander fortpflanzen können. Ein so genannter Koordinator schlägt den Zoos vor, mit welchen Einzeltieren sie züchten sollten oder an welchen Zoo Exemplar X abgegeben werden kann. Und: Er organisiert die Zucht innerhalb der Zootier-Gemeinschaft. Immer mit dem Ziel: Eine große genetische Vielfalt aufrecht zu erhalten.

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Neben dem EEP gibt es auch noch das Europäische Zuchtbuch (ESB). Hier werden alle Daten einer Tierart von den Zoos an einen Zuchtbuchführer weitergegeben. Genau dieser Zuchtbuchführer hat demnach auch den Überblick über die Gesamtheit aller Tiere dieser Art in den europäischen Zoos. Regelmäßig werden die Datensammlungen zu einem Zuchtbuch zusammengefasst. Auf dieser Grundlage werden so beispielsweise Empfehlungen in Sachen tierische Partenrwahl ausgegeben. Die Zoom Erlebniswelt beteiligt sich mit 22 Tierarten am EEP und ESB, verantwortlicher Zuchtbuchführer ist sie beispielsweise für die Großen Kudus, eine afrikanische Antilopenart.

Nanooks Eltern Lara und Bill sind das perfekte Eisbären-Pärchen

Doch zurück von Afrika nach Alaska: Wie sieht es denn mit Nanook aus? Ihre Eltern, Lara und Bill, nennt Zoo-Biologe Heiko Janatzek, ein "gutes Eisbären-Pärchen". "Sie sind beide genetisch sehr wertvoll, da ihre Gene relativ selten innerhalb der Zoo-Eisbären-Population vorkommen", erklärt Janatzek. Dabei komme es darauf an, wie viele Verwandte ein Tier innerhalb dieser Population habe. Insgesamt gibt es laut Janatzek insgesamt 105 Eisbären im gesamten EAZA-Raum. Die European Association of Zoos and Aquaria, kurz: EAZA, ist der Dachverband der nationalen Verbände wissenschaftlich geleiteter Zoos in Europa und im Nahen Osten.

Eisbär-Dame Nanook und ihre Mutter Lara in der Zoom Erlebniswelt Gelsenkirchen.
Eisbär-Dame Nanook und ihre Mutter Lara in der Zoom Erlebniswelt Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Doch es gibt auch ein Problem: „Es wird immer schwieriger, Eisbären in andere Zoos zu vermitteln“, sagt die Kuratorin der Zoom Erlebniswelt, Nadja Niemann. Nur noch wenige Zoos halten Eisbären, die Plätze für den Nachwuchs sind demnach begrenzt - eine koordinierte Zucht sei daher besonders wichtig. Und: "Der Eisbär ist keine Tierart für einen kleinen Tierpark", betont Heiko Janatzek.

"Wir wollen, dass unsere Besucher schlauer gehen als sie gekommen sind"

Nun also München. Das ist die erste Station in Nanooks Zukunft. Heiko Janatzek sieht noch etwas anderes für die junge Eisbärin - in einer weiter entfernten Zukunft. "Nanook wird irgendwann sicher einmmal in eine Zuchtsituation kommen." Wo und wann das sein wird, könne man jetzt noch nicht wissen. Nanook muss ja auch erstmal dem Teenie-Alter entwachsen. Und genau wie ihre Mutter Lara zu einer souveränen, erwachsenen Eisbärin werden.

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Nanook ist einer von mittlerweile vielen Eisbären, die in Europas Zoos unter menschlicher Obhut geboren wurden - und leben. Sie ist in einem Zoo aufgewachsen, der wissenschaftlich geführt wird. Will heißen: Biologen und Tierärzte in der Leitung, viele Forschungen und Projekte an der Basis. "Wir wollen auch, dass unsere Besucher schlauer gehen als sie gekommen sind. Und wir wollen sie für den Arten- und Naturschutz sensibilisieren."

Tiere im Zoo sind Botschafter für die Verwandten in der Wildnis

Die Tiere vor Ort hingegen seien Botschafter für ihre Verwandten in der Wildnis, führt Janatzek weiter aus. "Unsere Aufgabe ist es darauf hinzuweisen und zu zeigen, wie es in der Welt zugeht." Gleichzeitig, so Janatzek, unterstütze der Zoo mit seiner Arbeit an und mit den Tieren den Erhalt der Arten. Und der 31-jährige Biologe fügt noch etwas Wichtiges hinzu: "Ganz viele Informationen werden in Zoos gewonnen. Das Wissen kommt dem Schutz vor Ort zugute."

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