Gelsenkirchen. Die Eisbärin verlässt die Zoom Erlebniswelt und findet in München ein neues Zuhause. Die Tierpfleger gewöhnen sie bereits an die Transportbox.
Was denken wohl Eisbären, wenn sie wüssten, dass sie bald umziehen müssen? Schwierig. Vielleicht hätte Nanook eine Antwort. Obwohl: Sie weiß ja eigentlich noch gar nicht, dass es für sie in den nächsten Wochen gen Süden geht. Von ihrer Gelsenkirchener Heimat, der Zoom Erlebniswelt, in den fast 640 Kilometer entfernten Münchner Tierpark Hellabrunn. Wir haben die Umzugsvorbereitungen ein kleines Stück weit begleitet.
Noch ahnt Nanook also nichts von ihrem neuen Leben. Von ihren neuen Mitbewohnerinnen. Von der Mädels-WG, die sie mit zwei weiteren jungen Eisbär-Damen in Bayern eröffnen wird. Und von all dem Drumherum, das sie schon bald erwartet.
Gelsenkirchen: Kisten-Training soll Eisbärin Nanook auf den Transport vorbereiten
Denn Nanook, der Publikumsliebling aus der Zoom Erlebniswelt, das erste Eisbär-Baby Gelsenkirchens, wird in den nächsten Wochen noch fleißig trainieren müssen - in die Kiste zu steigen. Das so genannte Kisten-Training soll die junge Eisbärin auf den Transport vorbereiten.
„Das Training dient dazu, sie zu beruhigen“, weiß Zoo-Biologe Heiko Janatzek. Und auch, Nanook an die Transportsituation zu gewöhnen - vor allem aber: „Sie nicht in Narkose legen zu müssen“, erklärt Kevin Schulze Döring, einer von Nanooks Tierpflegern. Keine Methode, die in die heutige Zeit und auch zum Verständnis des Zoos passt.
Eisbären haben eine sehr intensive Mutter-Kind-Bindung
Kisten-Training also. Eine solche steht bereits hinter der Eisbären-Anlage, dort, wo die Besucher niemals hinkommen. Und wenig Trubel herrscht. Ein Schieber trennt die Kiste noch von der Anlage, Nanook hat aber bereits ersten Kontakt aufgenommen, vor allem mit der Nase. Denn das sind sie, „Nasentiere“, wie Kevin Schulze Döring die Eisbären nennt.
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Doch bis es so weit ist, diese Sache mit der Kiste, muss Nanook zunächst einen anderen wichtigen Schritt in ihrer Entwicklung machen. „Eisbären haben eine sehr intensive Mutter-Kind-Bindung“, berichtet Kevin Schulze Döring. Nanook und Mama Lara sieht man es an. Das zweieinhalb Jahre alte Eisbärmädchen, das schon beinahe so groß ist wie ihre Mutter, weicht ihr nur in wenigen Momenten von der Seite.
Man darf nichts überstürzen und muss Schritt für Schritt vorgehen
„Das Erste und Wichtigste ist, Mutter und Tochter daran zu gewöhnen, voneinander getrennt zu sein“, sagt der Tierpfleger. Das müsse ganz langsam geschehen, „man darf nichts überstürzen und muss Schritt für Schritt vorgehen“, so Schulze Döring weiter.
Rückblick: Die Freude war groß, als Eisbärin Lara am 4. Dezember 2017 ein kleines Eisbärbaby zur Welt brachte. Vater ist der 2007 im tschechischen Brno geborene Eisbär Bill, übrigens seit 2009 Gelsenkirchener. Lara wurde zum ersten Mal Mutter, die Zoom Erlebniswelt freute sich über das erste dort geborene Eisbärbaby. Es bekam den Namen Nanook - „der typische weibliche Eisbärenname“, wie Heiko Janatzek lachend erwähnt. Im April 2018 sah Nanook das erste Mal den Gelsenkirchener Himmel - die Besucher waren begeistert.
Nanook war von Anfang an Liebling der Zoobesucher
Seitdem, nein, eigentlich ja schon von Anfang an, war Nanook schlicht Liebling der Zoogäste. Neben der krummbeinigen, mittlerweile schon 31 Jahre alten Antonia, ebenfalls Eisbär. Als „Publikumsmagneten“ würde Nataly Naeschke, Pressesprecherin der Zoom Erlebniswelt, Nanook aus der Erfahrung heraus in jedem Fall bezeichnen. Sie sei einer der Gründe, warum die Besucher kommen. Und warum sie vor allem mitunter auch so häufig kommen.
Und Nataly Naeschke berichtet so etwa von einer Gruppe von Frauen, die Nanook regelmäßig besuchen, die sie ganz genau kennen. Die eine besondere Beziehung zu ihr haben - „weil sie sie haben aufwachsen sehen.“
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Vom kleinen niedlichen Eisbärbaby ist Nanook zu einem sehr neugierigen und verspielten Eisbärteenie geworden. Der manchmal aber doch auch noch schüchtern und ängstlich sein kann. Gut, dass Nanook eine so souveräne Mutter hat. „Nanook ist an allem interessiert, was man auf der Anlage entdecken kann“, erzählt Kevin Schulze Döring. Sie sei aber eben auch ein kleiner Angsthase, der immer noch gerne zur Mama zurückkehrt. Um etwa gesäugt zu werden, „zur Bestätigung und Beruhigung“.
Der Abschied von Nanook wird schwer fallen
Wird der Abschied schwer fallen? Wahrscheinlich. Doch man muss ja immer sehen: Der Eisbär an sich lebt alleine, also in der freien Natur. In der Zoom ist man froh, dass sich Mutter und Tochter noch so gut verstehen, dass Lara ihre Nanook noch nicht verjagt hat. Noch habe man keine Erfahrungswerte, sagt Kevin Schulze Döring. In der Natur wäre sie aber vielleicht schon von der Mutter verjagt worden - durchschnittlich geschieht das schließlich nach zweieinhalb bis drei Jahren.
Weitere Folge erklärt die Gründe für den Umzug
Nanook wird von einem speziellen Transportunternehmen nach München gebracht. Die Transportkiste selbst ist gekühlt, denn Eisbären können beim Transport leicht überhitzen.
Warum Nanook nach München umzieht und was das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) damit zu tun hat, lesen Sie in einer weiteren Folge in den kommenden Tagen.
Der 25-jährige Tierpfleger und seine Kollegen stehen dem Umzug ihrer Nanook indes mit einer besonderen Haltung gegenüber: „Man muss es professionell sehen. Ich denke, für das Tier ist es die beste Lösung, man tut ihm etwas Gutes“, sagt Schulze Döring. Und der Tierpark Hellabrunn habe zudem sehr gute und lange Erfahrung in der Haltung von Eisbären.
Gute Gesellschaft in München
Und dort trifft sie auf ziemlich gute Gesellschaft. Zum Beispiel auf eine weitere Eisbärin, die fast gleichaltrig ist und - natürlich oder zufällig - ebenfalls Nanuq heißt. Wenn das mal kein Start in eine perfekte Eisbärinnen-Freundschaft ist.
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