Gelsenkirchen-Schalke-Nord. Das Umschmelzwerk der Trimet-Gruppe im Hafen ist ein wichtiger Standort der Recyclingwirtschaft. So plant der Betrieb auch für die Energiewende.

Die Chargiertüre ist hochgefahren worden. Glühende Hitze schlägt den Besuchern aus dem Drehtrommelofen entgegen. Selbst mit gehörigem Abstand ist sie noch zu spüren. 660 bis knapp an die 1000 Grad heiß ist der der Rohstoff, dem nach drei bis fünf Stunden in der Schmelze und nach einigen weiteren Arbeitsgängen eine glänzende Karriere bevorsteht: 40 Tonnen Aluminium werden in der Schmelze abgekippt, landen als Endprodukt in der Automobil-, Elektro oder Maschinenbauindustrie. Vor Ort schaut sich an diesem Morgen eine kleine Delegation den Produktionsprozess bei Trimet-Aluminium an. Oberbürgermeister Frank Baranowski, städtische Wirtschaftsförderer und Stadtrat Christiopher Schmitt sind zu Besuch.

In Gelsenkirchener Werk wurden zehn Millionen Euro investiert

Die Produktionsanlagen, hier Tiegel für den Transport von flüssigem Aluminium, und das Lager wurden in den vergangenen Jahren erneuert und ausgebaut.
Die Produktionsanlagen, hier Tiegel für den Transport von flüssigem Aluminium, und das Lager wurden in den vergangenen Jahren erneuert und ausgebaut. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Vorbei geht es an der Werkstatt, in der riesige Gabelstapler gewartet werden, weiter zu den neuen Bunkern und rein ins Schmelzwerk. In den vergangenen Jahren hat Trimet im Werk im Stadthafen groß investiert. Mal wieder. Rund zehn Millionen Euro flossen ins Werk. Gebäudekomplexe und Lagerflächen wurden zeitgemäß modernisiert. Lagerhallen, Alu-Schrott und Rohstoffbunker wurden überdacht, ein neues Lagersystem geschaffen, der Arbeitsschutz verbessert, die Abläufe neu geordnet. Aluschlacken, Alu-Schrott und Millionen Dosen, säuberlich gepresst zu Würfeln in Größe einer Getränkekiste warten auf die Verarbeitung. Mit Silizium oder Kupfer für besondere Legierungen wandern sie in die Schmelze, um später als Barren, Massel oder Flüssigaluminium den Weg zum Kunden anzutreten.

850 Grad heiß ist das Aluminium in den Spezialbehältern, wenn es flüssig auf den Weg zum Kunden gebracht wird.
850 Grad heiß ist das Aluminium in den Spezialbehältern, wenn es flüssig auf den Weg zum Kunden gebracht wird. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

2019 wurde ein neues Herzstück des Schmelzwerks implementiert: der neue Drehtrommelofen mit 40 Tonnen Fassungsvermögen ersetzte zwei der drei bisherigen Anlagen mit jeweils 15 bis 25 Tonnen Kapazität. Der Energieeinsatz konnte so um 25 Prozent gedrosselt werden – nicht unwesentlich bei 6,7 Millionen Kilowattstunden Gasverbrauch und eine der wenigen Stellschrauben, an denen deutsche Werke tatsächlich drehen können, um Kosten zu sparen und effizienter zu werden. Ein weiterer Schritt ist geplant: Trimet verfolgt das Projekt, bis Ende 2021 „Abgas in Abwärme umzuwandeln und den Nachbarn als Fernwärme anzubieten“, beispielsweise für die Großmühlen-Betriebe in der Nachbarschaft. Alternativ wäre eine Eigenverstromung möglich, „mit dem wir über die Hälfte unseres Strombedarfs decken könnten“, rechnet Jens Meinecke vor. Mit 19 kam er als Praktikant zu Trimet. Nun, 42 Jahre alt, ist er Werksleiter des Unternehmens.

Umschmelzwerk hat 2018 seine millionste Tonne Flüssigaluminium produziert

Vor dem 2019 eingebauten neuen Ofen: Werksleiter Jens Meinecke (M.) mit (v.l.) Stadtrat Christopher Schmitt, Oberbürgermeister Frank Baranowski,Wirtschaftsförderer Rainer Schiffkowski und Trimet-Vorstansmitglied Thomas Reuther.
Vor dem 2019 eingebauten neuen Ofen: Werksleiter Jens Meinecke (M.) mit (v.l.) Stadtrat Christopher Schmitt, Oberbürgermeister Frank Baranowski,Wirtschaftsförderer Rainer Schiffkowski und Trimet-Vorstansmitglied Thomas Reuther. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Der Ofen-Umbau war eine Operation im laufenden Betrieb, worauf man bei Trimet besonders stolz ist. Wie überhaupt auf den Standort in Schalke-Nord.

1993, acht Jahre nach der Gründung des Unternehmens, erwarb die Aktiengesellschaft das Gelsenkirchener Aluminium-Recyclingwerk. Innerhalb der Gruppe ist Gelsenkirchen ein kleinerer Standort. Aber ganz groß, wenn es um Recycling geht. Das Umschmelzwerk am Stadthafen hat Mitte 2018 seine millionste Tonne Flüssigaluminium produziert. „In den ganzen Jahren haben wir immer mindestens eine schwarze Null geschrieben, nie Geld verloren und noch nie über Entlassungen gesprochen“, sagt Vorstandsmitglied Thomas Reuther. Der Betriebswirt ist seit 2000 bei Trimet. In dieser Zeit, schätzt er, hätten rund 50 Prozent der nationalen Wettbewerber die Flügel strecken müssen.

Gründer und Nachfolger

Trimet wurde 1985 von Heinz-Peter Schlüter in Düsseldorf gegründet. Das Recyclingwerk in Gelsenkirchen war 1993 seine erste Übernahme.

Nach dem Tod des Firmenchefs im November 2015 wurde im November 2018 sein Sohn Philipp Schlüter zum Vorstandsvorsitzenden ernannt.

900 bis 1000 Lkw fahren pro Monat das Werk an, rund 10.000 Tonnen Schrott werden verarbeitet, gut 5000 Tonnen Produkte, davon rund 2000 Tonnen Flüssiges Aluminium, werden produziert und umgeschlagen. Wertstoffe aus Recyclingmaterial. Meincke dreht den kleinen Alu-Verschluss einer Limoflasche zwischen den Fingern und blickt in die Runde. „Das Schöne an Aluminium ist, diese Kapsel wird uns alle überleben. Und sie verliert im Recycling nicht ihre Eigenschaften.“

Vorstandsmitglied zur Corona-Zeit: „Die Auftragslage war zunächst chaotisch“

Selbst die Corona-Pandemie hat Trimet bislang recht gut überstanden: Nach zwei Monaten mit Kurzarbeit konnte der Betrieb ab Mitte Mai wieder hochgefahren werden. Reuther: „Die Auftragslage war zunächst chaotisch. Aber dann haben unsere guten Asienkontakte geholfen.“ 365 Tage im Jahr stehen die Ofen unter Feuer, in drei Schichten arbeitet die 92-köpfige Belegschaft wieder rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche.

Glänzende Angelegenheit: Barren aus wiedereingeschmolzenem Aluminium im Werk der Trimet Aluminium SE.
Glänzende Angelegenheit: Barren aus wiedereingeschmolzenem Aluminium im Werk der Trimet Aluminium SE. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

„Trimet ist für Gelsenkirchen und ganz entscheidend für die Kreislaufwirtschaft eine feste Größe“, würdigt Frank Baranowski das Unternehmen und registriert erfreut die Investitionen vor Ort. Seine Überzeugung: „Unternehmen, die investieren, die bleiben.“

Daten, Zahlen, Fakten zu Trimet:

Auf einer Fläche von rund 23.000 Quadratmetern bereitet das seit 1993 zur Trimet-Gruppe gehörende Schmelzwerk Aluminium auf.

Am Standort Gelsenkirchen produziert die 92-köpfige Belegschaft pro Jahr bis zu 65.000 Tonnen hochwertige Standard- und Speziallegierungen. Ein großer Teil der verarbeiteten Schrotte kommt von Kunden aus der Region.

In Betrieb im Hafen arbeiten drei Drehtrommelöfen, fünf kippbare Herd-Schmelzöfen und drei Flüssig-Gussstationen und zwei Gussbänder – vorwiegend für Masseln, eine Art Mini-Alubarren.

Die beschränkte räumliche Sitaution im Hafen lässt Trimet wenig Spielraum für Expansion, das Grundstück ist ausgereizt. Fehlender Parkraum für die Belegschaft und die Schadstoff- und auf der Schalker Meile zählt man bei Trimet ebenfalls zu den Negativfaktoren. Positiv für Vorstandsmitglied Thomas Reuther „ist die gute Verkehrsanbindung und das gute industrielle Umfeld“, sehr gut liefe die Zusammenarbeit mit Gelsen.Log. Zudem, so Reuther, „finden wir in Gelsenkirchen die Arbeitskräfte, die wir brauchen“.

Trimet hat national und international acht Standorte und ist mit Produktionsstätten (teilweise als Joint Venture) in Essen, Gelsenkirchen, Hamburg, Harzgerode, Sömmerda und Voerde vertreten. Insgesamt beschäftigt der Konzern rund 3200 Mitarbeiter, darunter 150 Auszubildende.

2019 lag die Jahresproduktion bei rund 775.000 Tonnen. Der Konzern machte 1,5 Milliarden Euro Umsatz, für das laufende Jahr rechnet Trimet aktuell mit etwa 1,3 Milliarden Euro.