Gelsenkirchen. Gelsenkirchener klagen, dass es in Bus und Bahn nicht jeder so genau nimmt mit der Maskenpflicht. Verkehrsbetriebe sehen kein Problem.
Je länger die Corona-Pandemie währt, umso mehr häufen sich Nachlässigkeiten bei der Maskenpflicht. Das ist der Eindruck, den zwei Leser aus Gelsenkirchen haben, die viel mit Bus und Bahn unterwegs sind. Bogestra und Vestische haben dazu unterschiedliche Wahrnehmungen.
Michael Fügen und Jürgen Pastowski berichten von Fahrgästen, "die die Maske erst am Platz aufsetzen", von solchen, "bei denen die Maske nur den Mund bedeckt" oder "die sie erst gar nicht aufsetzen" - von Ignoranten, die die Maske demonstrativ ablegen, "um andere Fahrgäste bewusst zu provozieren".
Fügen und Pastowski fragen: "Müsste es nicht im Interesse der Nahverkehrsgesellschaften liegen, alles ihnen Mögliche zu tun, um ihren Kunden ein gutes Gefühl zu geben und so wieder auf mehr Fahrgäste und damit Einnahmen zu kommen?" Und: "Warum werden diese Leute transportiert? Ist es nicht die Pflicht des Fahrers darauf hinzuweisen, ohne Maske gibt es kein Betreten des Fahrzeugs?"
Bogestra: Maskenpflicht wird eingehalten
Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann sagt, dass das Unternehmen "betriebsweit keine abweichende Entwicklung feststellen kann". Die Maskenpflicht würde befolgt. Gleichwohl geht aus einem Schreiben des Bogestra-Vertriebssupport ein anderer Eindruck der Lage hervor. Dort heißt es, dass "insbesondere an Haltestellen die Bereitschaft der Fahrgäste, eine Schutzmaske zu tragen, mit zunehmender Dauer der Corona-Krise abnimmt". Nunmehr häuften sich die Beschwerden über die Nichteinhaltung der Maskenpflicht.
Vestische registriert bislang 120 Beschwerden, dazu gab es zwei Verweise
Christoph van Bürk, Sprecher der Vestischen, sagt, dass eine Bewertung mangels Referenzgrößen schwer falle. "Seit Einführung der Maskenpflicht liegen uns 120 Beschwerden vor von Fahrgästen", so van Bürk. Angesicht von 60 Millionen Kunden im Jahr sei die Zahl der Maskenverweigerer nur ein sehr kleiner Prozentsatz. "Jeder einzelne Verstoß ist aber dennoch einer zu viel."
Bei der Umsetzung der Maskenpflicht stoßen die Verkehrsbetriebe an Grenzen. Bogestra und Vestische betonen, dass Fahrer und Kundenbetreuer nachlässige Fahrgäste "auf die Maskenpflicht hinweisen", die Primäraufgabe der Fahrer aber darin liege, sich auf den Verkehr zu konzentrieren.
Im Zweifelsfall können sie vom Hausrecht Gebrauch machen und Uneinsichtige hinausweisen. Auch Hilfe von Ordnungspartnern wie Kommunaler Ordnungsdienst und Polizei sei möglich, man setzte aber in Sachen Gesundheitsschutz auf Einsicht und Eigenverantwortung. Außerdem bestehe Beförderungspflicht. Bei der Vestischen hat es bislang zwei Verweise ohne Polizeieinsatz gegeben, die Bogestra nannte keine Zahlen.
Gratwanderung zwischen Beförderungspflicht, Verspätung und Schutz vor Attacken
Spätestens im Konfliktfall offenbart sich das Dilemma. Denn selbst eine Diskussion mit einem Verweigerer hat "Folgen auf die Beförderungsleistung, da ein Ausschluss von der Beförderung zu einer Verzögerung im Betriebsablauf und damit zu erheblichen Verspätungen für alle Fahrgäste führen kann", wie es in dem Schreiben des Bogestra-Vertriebssupports weiter heißt. Unbeteiligte würden zudem indirekt mit bestraft.
Verzögerungen stören die Einhaltung des Fahrplans, bei den ohnehin schwachen Fahrgastzahlen durch Corona ist das ein weiterer Auslöser für Kundenschwund. Erst recht, wenn auf Unterstützung von Ordnungspartnern gewartet werden muss. Die Verkehrsbetriebe sind daher darauf aus, "eine gegebenenfalls auch körperlich werdende Auseinandersetzung mit Fahrgästen und damit auch eine hohe Eigengefährdung der Mitarbeiter zu vermeiden". Im Zweifelsfall, so scheint es, haben Masken-Verweigerer also kaum etwas zu befürchten.
Übergriffe auf Busfahrer, die auf Maskenpflicht einforderten
Hintergrund: Dass handfester Streit wegen Maskenpflicht durchaus Thema ist, zeigt ein Fall aus Mitte Mai diesen Jahres, wobei zwei junge Männer in Herrenberg im Landkreis Böblingen in Baden-Württemberg auf einen Busfahrer eingeschlagen haben, nachdem sie des Busses verwiesen wurden.
Ähnliches passierte kürzlich im französischen Bayonne, bei dem ein Busfahrer lebensgefährlich verletzt wurde.