Gelsenkirchen-Ückendorf. Das Institut für Arbeit und Technik befragt Mitarbeiter in Gelsenkirchens Seniorenzentren nach den Corona-Erfahrungen. Oft fehlt die Vernetzung.
Einrichtungen der Altenpflege und ihre Mitarbeiter standen in den vergangenen Monaten vor besonderen Herausforderungen im Umgang mit der Corona-Pandemie. Das Institut Arbeit und Technik (IAT) der Westfälische Hochschule mit Sitz im Wissenschaftspark hat in einer übergreifenden Ad hoc-Studie untersucht, mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sind.
Ziel war, was aus ihrer Perspektive „erste“ Lehren und absehbare Konsequenzen aus den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie sind. Beteiligt an der Studie waren insgesamt 80 Entscheidungsträger des ambulanten und stationären Pflegesektors aus Nordrhein-Westfalen.
Teamgeist als entscheidende Stärke
Fachliche und persönliche Netzwerke der Befragten stellten sich als sehr wichtig heraus. „Wo die Altenpflege direkt in kommunale Krisenstäbe eingebunden war, wurde dies sehr positiv bewertet“, fasst Claudia Braczko (IAT) zusammen. Bemängelt wurde allerdings, dass dies nicht überall der Fall war. So scheiterten dringend benötigte Abstimmungsprozesse vor Ort an fehlenden technischen Infrastrukturen oder daran, dass Schnittstellen nicht funktionierten und Abstimmungsprozesse erschwert waren.
Künftig, so eine Forderung aus der Studie, brauche es eine bessere Abstimmung und digitale Vernetzung der Behörden mit den Trägern der Altenpflegeeinrichtungen vor Ort und eine direkte Einbindung der Pflege in lokale Beratungs- und Entscheidungsprozesse. So könne gemeinsames und praxisnahes Krisenmanagement verbessert werden, Schutzmaterialien besser verteilt und die Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden vor Ort vereinfacht werden. Träger und Beschäftigte zweifeln außerdem daran, dass die Altenpflege von der öffentlichen Wertschätzung für die Branche in der Corona-Pandemie auch künftig profitieren kann.
Wissen als bester Schutz
Ob der notwendige Attraktivitätsgewinn durch eine strukturelle Aufwertung der Altenpflege folge, wurde in Frage gestellt. Insbesondere das hohe Team-Engagement, mitarbeiterorientierte Kommunikation und Motivation wie auch die fachlichen Kompetenzen der Beschäftigten seien zentrale Aspekte zur Bewältigung der Corona-Krise.
„Die Studienergebnisse liefern auch Hinweise darauf, dass wir die Folgen der Corona-Pandemie für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Denn das wird von den Entscheidern derzeit als „Black Box“ mit unklaren Folgen beschrieben“, sagt Michaela Evans, Leiterin des Forschungsschwerpunktes Arbeit und Wandel am IAT.
Direkte Kommunikation und Abstimmung
Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Kompetenzen gerade der Hygienefachkräfte, künftig eine größere Bedeutung und Beachtung in den Einrichtungen erfahren müssten, und bei Hygiene, Prävention, Gesundheits- und Arbeitsschutz laufend geschult werden müssten. Den befragten Entscheidern zufolge hat die Corona-Pandemie einen Schub in Richtung Digitalisierung ausgelöst.
„Das Problem ist jedoch, dass Investitionen in die digitale Infrastruktur auch mit Investitionen in das Personal verknüpft werden müssen. Denn um Technik erfolgreich nutzen zu können, braucht es den Auf- und Ausbau der Kompetenzen bei den Mitarbeitenden und organisatorische Gestaltungsspielräume“, folgert Denise Becka, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsschwerpunkt Arbeit und Wandel. Notwendig sei ein „Infrastrukturprogramm Digitalisierung für die Altenpflege“ in NRW, das auch die Themen „kompetenzorientierte Vernetzung“ und „digital gestütztes Lernen“ in den Blick nimmt.