Gelsenkirchen-Horst. Eine Freude bereitete die Schaustellerfamilie Arens den Bewohnern dreier Gelsenkirchener Altenheimen. Zu hören war eine alte Kirmes-Orgel.
„Hei, heute Morgen mach’ ich Hochzeit! Ding dong! Bald bimmelt’s wunderbar.“ So erklingt es aus der Orgel. Natürlich ohne Gesang. Den müssten die Zuhörer selbst beisteuern. Wenn sie denn wollten. Im Moment lauschen sie lieber nur, dick eingemummelt in Decken, von den Balkonen des Hauses Marienfried aus. Man könnte sich wundern, dass die Damen und Herren sich so wenig zur Musik bewegen – wüsste man nicht, dass sie gerade mit Glühwein in Tassen versorgt wurden. Und so lange die voll sind, schunkelt es sich schlecht.
Die Schaustellerfamilie Arens ist gekommen, die Bewohner des Seniorenzentrums zu erfreuen. Der Essener Albert Ritter, Präsident der Europäischen Schausteller-Union und des Deutschen Schaustellerbundes, hat das in den ersten Tagen der Corona-Krise mit seiner historischen Orgel vorgemacht. „Wir haben gesagt, das machen wir gerne auch“, sagt Jeffrey Arens, dessen Urgroßvater die „Familien-Orgel“ vor genau einhundert Jahren kauft, damit sie die Begleitmusik bietet für das Karussell. „Heute gibt es davon nicht mehr viele“, erzählt der junge Spross der traditionsreichen Schaustellerfamilie. Über diese außergewöhnliche „Jubiläumstour“ der Orgel würden sich die Vorfahren freuen. „Unsere Großväter wären stolz auf uns.“ Weil es die Schausteller seit jeher als ihre Aufgabe sehen, die Menschen auch in schweren Zeiten zu erfreuen.
Sozialausschussvorsitzender Lutz Dworzak hatte die Idee
Es ist bereits der 24. Einsatz der Orgel vor einem Altenheim, der erste aber in Gelsenkirchen. Dafür zeichnet Lutz Dworzak, Horster und Vorsitzender des Sozialausschusses, verantwortlicht. Er stellt den Kontakt her zur Einrichtung und die nimmt das Angebot gern an. „Wir versuchen, einmal in der Woche einen solchen Höhepunkt zu organisieren“, erzählt Einrichtungsleiter Marcus Becker. Konzerte vor der Haustür, damit habe man mittlerweile viel Erfahrung. Mal habe man Schlager zu hören bekommen, mal bayrische Musik. Einmal waren sogar Zirkusartisten hier. Zu solchen Momenten werden alle Balkone genutzt, werden die Bewohner in sicherem Abstand platziert und bewirtet. „Normalerweise gibt es etwas für den Kreislauf.“ Heute habe man sich aber spontan gegen den Sekt und für den Glühwein entschieden. Für Marcus Becker ist dabei eines ganz entscheidend: „Auch in einer Pflegeeinrichtung kann man Spaß haben.“ Sogar in diesen Zeiten.
Musikalisch gibt es nun Filmmusik der 50er Jahre zu erleben: „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“. Das gehört auch fast schon zum Modernsten, was das gute Stück im Repertoire hat. Immerhin, verrät Papa Karl Arens, irgendwo in den dicken Notenkästen, seien auch „Rock Around The Clock“ und „New York, New York“ enthalten.
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