Gelsenkirchen. Die Skulptur von Norbert Kricke steht jetzt vor dem Gelsenkirchener Bildungszentrum. Damit ist der Umbau an der Ebertstraße abgeschlossen.

Es ist ein heikler Moment, und die Zuschauer halten den Atem an. Gerade entfernen Arbeiter die letzten Holzklötze, die die fragil wirkende Metallskulptur in Form halten, da geht ein Ruck durch die Struktur. Die dünnen Metallstäbe zittern und vibrieren. Mehr passiert zum Glück nicht. Aufatmen in der Runde: Die „Große Raumplastik Gelsenkirchen“ des Künstlers Norbert Kricke sitzt, passt, wackelt und hat Luft. Sie hat ihren neuen Platz gefunden – sechs Jahre war sie zuvor nicht zu sehen gewesen.

Zur Wiedereinweihung des Kunstwerkes hatte die Stadt am Mittwochmorgen den sprichwörtlichen „Großen Bahnhof“ aufgefahren: Vor dem Bildungszentrum an der Ebertstraße hatten sich unter anderen Oberbürgermeister Frank Baranowski, Gabriele Willems, Geschäftsführerin des Bau- und Liegenschaftsbetriebs des Landes NRW (BLB NRW) und die Tochter des Künstlers, Dr. Sabine Kricke-Güse, versammelt. Gefeiert wurde nicht nur die Tatsache, dass die Skulptur wieder zu sehen ist, gefeiert wurde auch die abgeschlossene Neugestaltung der Ebertstraße.

1960 wurde die Skulptur in Gelsenkirchen aufgestellt

Wo bis vor wenigen Monaten noch Bauzäune und Umleitungsschilder das Straßenbild prägten, präsentiert sich die Ebertstraße jetzt vom Musiktheater bis zum Heinrich-König-Platz im neuen, schönen Gewand. Rasenflächen spannen sich über dem U-Bahn-Tunnel, an der rechten Seite (in Richtung Innenstadt gesehen) sind Spielplätze entstanden. Eigentlich sollte die Straße bereits im Mai mit einem großen Fest eingeweiht werden. Corona machte den Plänen aber einen Strich durch die Rechnung.

Mit der Einweihung der Kricke-Skulptur ist die Neugestaltung jetzt abgeschlossen, den Oberbürgermeister freut’s. „Wenn man, wie ich, in Gelsenkirchen aufgewachsen ist, dann ist man auch mit dem Kricke aufgewachsen“, sagte Baranowski. 1960 wurde die „Große Raumplastik“ aufgestellt, damals vor dem Versorgungsamt an der Vattmannstraße. „Am neuen Standort kommt die Skulptur aber viel besser zur Geltung“, findet der OB. Sie ist jetzt auch besser zu sehen: Der neue Sockel, auf dem sie steht, ist mit 2,30 Meter größer als der alte.

Das Geld für die Reparatur übernahm das Land NRW

Den neuen Sockel für das Kricke-Kunstwerk musste die Stadt Gelsenkirchen finanzieren.
Den neuen Sockel für das Kricke-Kunstwerk musste die Stadt Gelsenkirchen finanzieren. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Sie steht jetzt auch in der Sichtachse zwischen Hans-Sachs-Haus und Musiktheater, und auch das hat seine Bedeutung: Schließlich sei mit dem großen Relief an der Fassade des kleinen Hauses ein zweites Werk von Norbert Kricke seit Jahrzehnten stadtbildprägend in Gelsenkirchen, befand Baranowski.

Im Jahr 2014 war das Kunstwerk durch Vandalismus beschädigt worden und musste abmontiert werden. Dass es sechs Jahre lang gedauert hat, bis die Skulptur wieder zu sehen ist, hat auch mit einem gerüttelten Maß an Bürokratie zu tun. Das Werk gehört nämlich nicht der Stadt Gelsenkirchen, sondern dem Land NRW: Also musste erst einmal geklärt werden, wer für die Renovierung zuständig ist – und wer die Kosten übernimmt. Am Ende einigte man sich: Die 16.000 Euro für die Reparatur übernahm das Land, den Sockel bezahlt die Stadt.

Auch die Plastik von George Rickey ist wieder zu sehen

Die Restaurierung selbst übernahmen Experten: Das Restaurierungsatelier „Die Schmiede“ aus Duisburg hat sich auf solche Arbeiten spezialisiert. „Das war durchaus aufwändig“, berichtete Restaurator Ulrich Feldhaus. Ein halbes Jahr haben die Arbeiten gedauert. „Wenn die Leute nachher sagen, dass es ja genau wie vorher aussieht, ist das für uns das schönst Lob“, sagt Feldhaus und schmunzelt.

Zwei Kricke-Werke in Gelsenkirchen

Norbert Kricke (1922-1984) gehört zu den wichtigsten Bildhauern der deutschen Nachkriegsgeschichte. Von 1972 bis 1981 war er Direktor der Kunstakademie Düsseldorf. In Gelsenkirchen stehen zwei Werke von ihm im öffentlichen Raum: Die „Große Raumplastik Gelsenkirchen“ sowie das „Röhrendickicht“ an der Stirnwand des Kleinen Hauses des Musiktheaters.

Wenige Stunden nach der Enthüllung der Kricke-Plastik wurde zudem die Außenplastik „Ohne Namen“ von George Rickey wieder aufgestellt. Sie hat ihren Platz gegenüber dem Hans-Sachs-Haus gefunden.