Gelsenkirchen-Ückendorf. Abschied aus Gelsenkirchen: Die Minoritenpatres verlassen die Gemeinde St. Josef in Ückendorf. Die Gemeinmitglieder bedauern das sehr.

Pater Christoph Robak steht vor dem Holzaltar in der St. Josef-Kirche an der Ückendorfer Straße und bewundert die Holzskulptur unter dem Altar. „Schauen Sie, das ist eine besondere Arbeit“, sagt er. Das Werk zeigt den toten Josef in der Mitte, an seiner Seite trauern Maria und Jesus. „Das ist außergewöhnlich – normalerweise erwartet man Jesus im Zentrum.“

Pater Christoph dreht sich um und lässt den Blick durch den leeren Kirchenraum schweifen. „600 Menschen passen hier hinein – zu Nicht-Corona-Zeiten“, sagt er. „Und die Orgel: Die ist auch Klasse.“ Der Ordenspriester liebt seine Kirche, das ist offensichtlich. Trotzdem wird er sie bald verlassen. Und das sorgt für Traurigkeit: bei ihm, bei seinen Mitbrüdern und vor allem bei seiner Gemeinde.

Wann der Abschied aus Gelsenkirchen erfolgt, steht noch nicht fest

Die Skulptur unter dem Altar in der Kirche zeigt den Heiligen Josef mit Maria und Jesus.
Die Skulptur unter dem Altar in der Kirche zeigt den Heiligen Josef mit Maria und Jesus. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die Gemeinde St. Josef gehört zur Pfarrei St. Augustinus, anders als andere Gemeinden wird sie allerdings von Ordenspriestern geleitet. Pater Christoph ist Gemeindepastor, als Kapläne fungieren seine Mitbrüder Lukas Sliwinski und Robert Rogoza. Die Patres gehören dem Orden der Franziskaner-Minoriten an, die seit 1993 als Gemeindepfarrer beziehungsweise -pastoren in Ückendorf tätig sind.

Doch das sind sie nicht mehr allzu lange. In den kommenden vier Jahren werden die Patres die Gemeinde verlassen: Das beschloss jetzt das Provinzkapitel, das oberste Gremium der Danziger Franziskaner-Minoriten-Provinz, zu der die drei gehören. Wann genau das sein wird, steht noch nicht fest: „Das wird nicht morgen sein“, sagt Pater Christoph – aber spätestens 2024.

Ein Kloster ohne Kirche? Das geht nicht

Das hat unter anderem mit dem Pfarreientwicklungsprozess zu tun. 2017 legte die Pfarrgemeinde St. Augustinus, zu der auch St. Josef gehört, eine Liste von Kirchen fest, die geschlossen werden sollen. St. Josef wurde in die Kategorie „B“ eingeteilt: Eine Standortzusage, die über zehn Jahre hinaus geht, ist nicht möglich, mittelfristig wird sie geschlossen.

Für die drei Minoriten, die im Pfarrhaus neben der St. Josef-Kirche wohnen, war das eine schlechte Nachricht. „Wollen wir ein Kloster haben, das keine Kirche mehr hat? Für uns ein schwer vorstellbarer Gedanke“, schüttelt Pater Christoph den Kopf.

Viele Gemeindemitglieder hatten Tränen in den Augen

Propst Markus Pottbäcker, der Pfarrer von St. Augustinus, bemühte sich vergeblich um den Verbleib der Minoriten. „Ich habe ihnen gesagt ,Die Franziskaner wenden sich traditionell der Armut zu – und es gibt in Deutschland kaum eine ärmere Stadt als Gelsenkirchen’“, berichtet er. Er bot den Patres an, ihren Standort an die Kirche St. Thomas Morus zu verlagern, doch das lehnten die Minoriten ab.

Anfang Juli verkündete Pater Christoph seiner Gemeinde den absehbaren Abschied. „Viele Gemeindemitglieder hatte Tränen in den Augen“, erinnert er sich. „Wie schade, dass Sie gehen“: Das war der Tenor der Reaktionen, die er per E-Mail, Handy-Nachricht oder im persönlichen Gespräch bekam.

„Wir bedauern sehr, dass wir weggehen müssen“

„Es ist uns bewusst, dass nun viele Gefühle hochkommen werden“, sagt Pater Christoph: „Enttäuschung, Resignation, Traurigkeit, vielleicht auch Wut. Wir können das nachvollziehen.“ Immerhin hätten sich zwischen den Brüdern und den Gemeindemitgliedern viele Freundschaften entwickelt. „Wir blicken auf wunderbare Jahre und Jahrzehnte zurück“, fasst er zusammen, „wir bedauern sehr, dass wir weggehen müssen.“

Wie es mit der Gemeinde weitergeht, wenn die Minoriten weg sind, ist auch noch nicht klar. Der katholischen Kirche mangelt es an Nachwuchs – es werde immer schwieriger, freiwerdende Stellen mit Geistlichen zu besetzen, bedauert Markus Pottbäcker. „Gerade in einer Gemeinde wie St. Josef, wo sich drei junge Priester mit viel Hingabe einsetzen, ist es schwierig, den Menschen zu vermitteln, dass es so nicht in Ewigkeiten weitergehen kann“, sagt der Propst.

Wie es für Pater Christoph und seine Mitbrüder weitergeht, steht noch in den Sterne: Der Orden verfügt über seine Priester und kann sie theoretisch überall einsetzen. Das wusste Pater Christoph, und das ist für ihn auch in Ordnung so. Die Kirche St. Josef, ihre Gläubigen und die Holzstatue des Heiligen Josef wird er trotzdem sehr vermissen.