Gelsenkirchen-Horst. Markus Lipphaus erneuerte die Licht-Anlage und rückte die neugotische Architektur mehr in den Blick. Auch in den USA schaut man auf das Projekt.
Licht an, Licht aus: Mehr ging nicht in der Horster St.-Hippolytus-Kirche. Die neugotische Architektur mit ihrem imposanten Deckengewölbe, den besonders gestalteten Säulen und farbigen Fenstern, sie ging unter in der veralteten Beleuchtung Und zu dunkel war's auch. Bis jetzt: Lichttechniker Markus Lipphaus, "Kind" der Pfarrei, hat das Gotteshaus visuell neu in Szene gesetzt. Das Ergebnis sorgt nicht nur für einen Aha-Effekt bei den Gläubigen. Es macht auch in US-Fachzeitschriften Furore.
Pfarrer Wolfgang Pingel war die Kirche schon lange zu dunkel. "Ältere Gottesdienst-Besucher konnten die Liedtexte schlecht lesen. Außerdem wirkte der Innenraum nicht so richtig", begründet er die Initiative, die erst eine großzügige Privatspende möglich machte. Dass das Resultat, so Lipphaus, "in der Form einzigartig ist für eine Kirche in NRW, wenn man mal Köln außer Acht lässt": Nun, das war zwar nicht Ziel der Lichtanlagen-Erneuerung. Aber böse ist man in der Pfarrei St. Hippolytus darüber auch nicht.
Gelsenkirchener Kirchenraum wirkt durch indirekte Beleuchtung größer
Die Architektur "mit minimalen baulichen Veränderungen sowie höchster Energieeffizienz perfekt auszuleuchten", war Hauptanliegen von Lipphaus, Inhaber der Firma Lambda Light Media and Design aus Buer. Er entschied sich für eine indirekte Beleuchtung. "Dadurch steigt die wahrgenommene Helligkeit innerhalb der Kirche enorm an, und der Kirchenraum wirkt bedeutend größer."
Mal auf einem Beichtstuhl, mal hinter einem Pfeiler, auf jeden Fall recht unauffällig platzierte er die Strahler samt energiesparenden LED-Leuchtmitteln. Die Pendelleuchten im Hauptschiff blieben erhalten, weil das indirekte Licht sonst nicht für genügend Helligkeit gesorgt hätte. Aber auch dort kam LED-Technik zum Einsatz.
Vier verschiedene Beleuchtungsprogramme
Das denkmalgeschützte Gebäude von 1897 wird - je nach Gottesdienst bzw. Veranstaltung - unterschiedlich akzentuiert in Szene gesetzt. "Ich habe für den Alltag vier verschiedene Beleuchtungen programmiert, die per Knopfdruck von der Sakristei aus eingeschaltet werden", so Lipphaus (27), aufgewachsen in Beckhausen und nun in Buer zu Hause.
Ob nun Werktags-, Sonntags-, festlicher (Feiertags-)Gottesdienst oder atmosphärische Beleuchtung, etwa für eine Meditation: Mal ist eher die Taufkapelle ausgeleuchtet, während die Pendelleuchten heruntergedimmt sind, mal wird die Aufmerksamkeit mit hellen Weiß-Tönen und Blauanteil auf das Deckengewölbe gelenkt, das so tatsächlich mehr Weite und Höhe gewinnt. Aber auch der Eingangsbereich wurde mit neuen Lampen versehen, so dass die Marienstatue oder das Wand-Kreuz mit dem leidenden Christus ins Blickfeld gerückt werden.
Altarraum wirkt in Rot- und Blau-Akzenten fast sphärisch
Weil in die Scheinwerfer RGB-LED-Chips verbaut sind, können sie bis zu 16,7 Millionen Farben wiedergeben - und so wirkt der Altarraum in Rot- oder Blau-Akzenten irgendwie der Welt entrückt, fast sphärisch. "Bei Konzerten können wir bei jedem Lied eine darauf abgestimmte Beleuchtung programmieren, wie bei Großveranstaltungen", erzählt Lipphaus.
Der 27-Jährige weiß, wie Licht und Farben die Emotionen beeinflussen. Und das sollen auch Brautpaare in St. Hippolytus nutzen können: Für ihre Trauung bietet Lipphaus individuell auf Vorlieben, Musik und Choreografie abgestimmte Illuminationen an.
Beleuchtung in Horst ist Thema in US-Fachzeitschriften
"In Amerika ist diese visuelle Untermalung von Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen sehr weit verbreitet, auch weil es sich bei den Kirchen häufig um Zweckbauten handelt", erzählt Lipphaus. Kein Wunder, dass da der Hersteller der Leuchten, die US-Firma Chauvet in Florida, großen Wert auf Werbung mit dem Projekt im fernen Gelsenkirchen-Horst legt und dieses in Fachzeitschriften bekannt macht.
Pfarrer Wolfgang Pingel jedenfalls ist hochzufrieden. "Ich bin total begeistert. Es ist wunderschön geworden." Zwar hat das Coronavirus seine Pläne durchkreuzt, die Gemeinde in der Osternacht zum Halleluja mit der neuen Beleuchtung zu überraschen. Aber was soll's: Die Freude darüber, wie überraschend anders das vertraute Gotteshaus wirkt, überwiegt. Jedenfalls bei Licht betrachtet.
>> Verantwortlich für LED-Bandentechnik bei Fußballspielen
Lipphaus Firma Lambda Light and Media Design mit Sitz in Buer zeichnet verantwortlich für die LED-Bandentechnik verschiedener Fußball-Bundesliga-Vereine wie Schalke 04.
Auch bei der internationalen Messdiener-Wallfahrt der Bistümer Essen und Aachen nach Rom 2018 sorgte er in zwei Basiliken für stimmungsvolle Beleuchtung.