Zwei Teams prüfen die neuen Fahrradtrassen zwischen Buer und Gelsenkirchen-Altstadt im Alltag. An einigen Stellen sehen sie noch Schwierigkeiten.
Was die neue Radverbindung zwischen der Gelsenkirchener City und Buer im Alltag taugt, haben Grüne, Grüne Jugend, ADFC-Mitglieder und Aktive von Fridays for Future getestet. 19 Radbegeisterte waren in zwei Teams unterwegs. Das Hans-Sachs-Haus im Süden und das Rathaus Buer im Norden waren die Ausgangspunkte, um sowohl die Ost- als auch die Weststrecke auszuprobieren.
„Galt Radfahren bislang als Freizeitvergnügen, wird das Rad nun endlich auch mal als tägliches Verkehrsmittel gesehen. Da ist die ausgeschilderte Nord-Süd-Verbindung ein Schritt in die richtige Richtung“, erläutert Nik Witzel, Sprecher der Grünen Jugend.
„Aber das kann erst der Anfang sein. Noch immer ist vor allem das Auto Fixpunkt der Verkehrspolitik. Wer mit dem Rad unterwegs ist, muss Umwege in Kauf nehmen, während der direkte Weg für den Autoverkehr ist.“
Alternative zur Schumacher-Straße
Zwei Alternativen zur Fahrt auf der Kurt-Schumacher-Straße hat das Referat Verkehr dazu ausgewählt und ausgeschildert: Eine Nord-Süd-Radroute West und eine Nord-Süd-Route Ost. Die Radverkehrsverbindungen sollen beide im Vergleich zur Fahrt über die Kurt-Schumacher-Straße deutliche Qualitätsvorteile haben und sind nur unwesentlich länger, jedenfalls die Route Ost.
Die westliche Route führt nur über sehr wenige signalgeregelte Kreuzungen und ist damit auch die schnellere. Sie ist circa zwölf Kilometer lang, die östlich verlaufende Route zehn Kilometer. Beide Routen verlaufen zum größten Teil auf separat geführten Radwegen oder Radfahr- und ausgewiesenen Schutzstreifen und sind frisch ausgeschildert.
Schutzstreifen zugeparkt
Kritik übten die Teilnehmer allerdings im Detail. Wer auf der Ostroute in Richtung Norden rollt, muss nicht nur manchen Ärger runterschlucken, sondern auch gehörig aufpassen. Allzu oft wird der breite Schutzstreifen für Radfahrende etwa schon auf der viel befahrenen Bismarckstraße von Autos zugestellt. „Wenn man dann ausweicht, wird einem schon mulmig“, weiß Ursula Gransch vom ADFC aus der alltäglichen Praxis. Als gefährlich stuft die erfahrene Radfahrerin beispielsweise das Linksabbiegen von der Bismarckstraße in den Hüttweg ein: „Hier gibt es keine Linksabbiegerspur, und man steht mit dem Rad mitten im tosenden Verkehr.“
Gemessen an diesem Gefahrenpunkt war die mangelnde Beschilderung der Strecke nur ein kleines Ärgernis für die Testfahrer. Nicht nur an der Alfred-Zingler-Straße fehlt ein Schild, das den Weg zu der extra vorgesehenen Parallelstraße weist. „Egal ob Ost- oder Westroute, die Beschilderung ist an der einen oder anderen Stelle doch noch lückenhaft. Zum Beispiel auch an der Theodor-Otte-Straße, Ecke Flurstraße“, bemängelt Mirco Kranefeld, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen.
Steiler Umweg für manche
Karin Alshut ging auf der Westroute Richtung Hans-Sachs-Haus gleich mehrfach die Puste aus: „Bei der einen oder anderen Steigung bin ich mit meiner Drei-Gang-Schaltung an meine Grenzen gekommen und musste schieben. Außerdem ist die Strecke doch auch ein ziemlicher Umweg.“
Neben Steigungen galt es auf der Westroute noch andere Hürden zu überwinden. So erwies sich zum Beispiel die Umlaufsperre am Bahnübergang an der Siedlung am ehemaligen Schalker Bahnhof als echter Engpass, und das nicht nur für Ulrich Krauß vom ADFC, der mit seinem Liegerad unterwegs war. Mit viel Mühe und Zeitverlust schaffte er es aber die Hürde zu nehmen. „Auch wer hier mit einem Fahrradanhänger unterwegs ist, wird seine Mühe haben durch die Sperre zu kommen“, meint Krauß.
Dunkle Unterführung
Dass es an der Unterführung Overweg- und Robert-Koch-Straße zu Konflikten zwischen Radfahrenden und Fußgängern kommen wird, befürchtet Birgit Wehrhöfer von den Grünen: „Hier ist manchem nicht klar, welche Seite für welchen Verkehrsteilnehmer gedacht ist. Außerdem kommt dazu, dass man in dunklen Morgen- oder Abendstunden kein ängstlicher Typ sein darf, wenn man durch die düstere Unterführung fährt.“
Faltplan mit Zusätzen
Ergänzend zur Beschilderung der beiden Nord-Süd-Fahrradtrassen zwischen dem Gelsenkirchener Norden und Süden gibt auch ein kompakter Faltplan eine Orientierung über den Streckenverlauf. Dazu sind auch wichtige Regelungen und Hinweise rund um das Thema Radverkehr zu finden. Er führt auch die Service-Stationen auf, die im Sommer eingerichtet sein sollen, die Abstellanlagen „DeinRadschloss“ und die Standorte des Verleihsystems Metropolradruhr.
An allen Tankstellen im Stadtgebiet und einigen zusätzlichen Standorten sollen Fahrrad-Servicestationen eingerichtet werden, die Werkzeuge, Luftpumpe und eine Fahrradhalterung vorhalten. Damit die Servicestationen gut erkennbar sind, sollen sie im Stadt-Design gelabelt werden, verspricht die Programmplanung Radverkehr.
Den Plan gibt’s online unter www.gelsenkirchen.de/radfahren oder gedruckt in der Stadt- und Touristinfo im Hans-Sachs-Haus. Über die GEmeldet-App können Anregungen zu den Nord-Süd-Rad-Routen erfolgen.
„Wir werden der Stadtverwaltung eine Liste mit unseren Kritikpunkten und Anregungen übergeben und darum bitten, hier und da noch nachzubessern“, kündigte Nik Witzel an. Für die Grüne Jugend ist nach dieser Erfahrung die Nord-Süd-Route ein erster Einstieg für einen besseren Radverkehr in Gelsenkirchen, dem noch viele weitere Schritte folgen müssen, um zu einer echten Verkehrswende zu kommen.