Gelsenkirchen-Heßler. Unbefristete Jobs in Zeiten von Corona: Zwei Mitarbeiter der Gafög in Gelsenkirchen haben den Weg zurück in den ersten Arbeitsmarkt geschafft.

Die Corona-Krise setzt der Wirtschaft hart zu, und trotzdem werden während der Pandemie auch Erfolgsgeschichten geschrieben. Eine handelt vom Heßler-Markt, einem kleinen Supermarkt im Fersenbruch, heute unter dem Dach der gemeinnützigen Gesellschaft für Arbeitsförderung (Gafög) und mit seinem Ableger im Tossehof systemrelevant für die Nahversorgung der Anwohner in den Stadtteilen Heßler und Bulmke-Hüllen. Die gute Nachricht: Zwei Mitarbeiter, Marga Smirschalla (59) und Dieter Thiedemann (62) wurden jetzt mit unbefristeten Verträgen ausgestattet – in Vollzeit.

„Endlich Sicherheit“, freuen sich Marga Smirschalla und Dieter Thiedemann beim Vorstellungstermin. Ihren Weg zurück in den ersten Arbeitsmarkt gefunden haben die beiden Gelsenkirchener über das Teilhabechancengesetz, das Langzeitarbeitslosen über sozialversicherungspflichtige Jobs (Sozialer Arbeitsmarkt) und Lohnkostenzuschüsse wieder in Lohn und Brot bringt. Gafög-Geschäftsführer Folker Gebel und Dirk Sußmann, Chef des Gelsenkirchener Integrationscenters für Arbeit (IAG) sprechen daher auch von „einem positiven Zeichen in Corona-Zeiten“ und „effektiver Arbeitsmarktpolitik“, wenn Förderprogramme auf längere Sicht ausgelegt sind.

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Die 59-Jährige arbeitet in der Metzgerei des Heßler-Marktes und damit an einer Stelle, die eigentlich ausgebildeten Fleischereifachkräften vorbehalten ist. Ihr 62-jähriger Kollege ist sogar in leitender Funktion im Tossehof-Markt tätig, übernimmt unter anderem die Personalplanung und Warenbestellung. Das spricht für die Qualifizierungsmaßnahmen des IAG. Aktuell haben in Gelsenkirchen knapp 600 Langzeitarbeitslose über den sogenannten „Sozialen Arbeitsmarkt“ zurück in einen Job gefunden.

Kunden entdecken während der Corona-Pandemie die kleinen Nahversorger

Heßler- und Tossehof-Markt, der eine ein kleiner Supermarkt mit Metzgerei, der andere ein kleiner Supermarkt mit Bäckerei und Café, Lotto-Shop und DHL-Postservice, wirken ob ihrer überschaubaren Größe wie aus der Zeit gefallen, was ihre Bedeutung für die Nahversorgung vor Ort aber nicht schmälert. Im Gegenteil: 2015 respektive 2016 gestartet und wegen schwankendem Kundenzuspruch nicht immer finanziell im sicheren Fahrwasser, haben die Kunden die kleinen Läden um die Ecke währen der Corona-Pandemie augenscheinlich wiederentdeckt und zu schätzen gelernt.

Supermärkte sind Zweckbetriebe mit sozialer Ausrichtung

Die Gafög als Bildungsträger betreibt den Heßler- und Tossehof-Markt als wirtschaftliche Zweckbetriebe. Als solche und wegen der Gemeinnützigkeit der GmbH steht die soziale Komponente und nicht die wirtschaftliche mit dem Ziel, Gewinne zu erzielen, im Vordergrund.

Das Hauptaugenmerk beider Supermärkte ist es nach Angaben von Geschäftsführer Folker Gebel, „die Versorgung älterer Menschen im Quartier sicherzustellen und zugleich Ältere/Langzeitarbeitslose wieder in Lohn und Brot zu bringen“.

Beide Supermärkte arbeiten Folker Gebel zufolge „mehr oder weniger kostendeckend, viele Jahre aber auch defizitär“. Die Corona-Krise hat den Läden ein Umsatzplus beschert, das womöglich dazu führt, dass am Ende des Geschäftsjahres die Gewinnzone erreichbar ist.

„Wir haben in den Monaten der Corona-Krise in beiden Läden 30 bis 45 Prozent mehr Umsatz gemacht“, sagt Marktleiter Jörg Sandner. Im Gegensatz zu weit größeren Mitbewerbern habe es weder in Heßler noch in Bulmke-Hüllen Engpässe gegeben. Toilettenpapier, Mehl, Nudel oder auch lange Warteschlangen – alles kein Problem. Gafög-Geschäftsführer Folker Gebel ist daher optimistisch, in diesem Geschäftsjahr mit „beiden Geschäften in der Gewinnzone“ zu landen.

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Verkaufsfördernd, so ihre Einschätzung, hat aber nicht nur die Lage mitten in den Vierteln gewirkt, sondern unter anderem auch ein von zwei auf auf fünf Tage ausgeweiteter Lieferservice, eine Preispolitik, „die keinen Vergleich mit den großen Ketten scheut“, dazu ein Mittagstisch, vegetarische und vegane Kost und ständig verfügbare regionale Produkte. Firmen, Jugend- und Altenheime nutzen diesen Service, Höfe aus dem ländlichen Umfeld des Ruhrgebietes liefern jahreszeitabhängig alles was das Herz begehrt. Beispielsweise Erdbeeren und Spargel.

Jeweils zwölf Mitarbeiter arbeiten in beiden Märkten, das Gros sind Kräfte, die über das Teilhabechancengesetz wieder Arbeit haben, dazu fünf Fachkräfte in der Metzgerei. Ihr Kapazitätsgrenze haben die Läden aber noch nicht erreicht. „Platz und Arbeit gebe es jeweils noch für bis zu vier Beschäftigte“, sagt Folker Gebel und schaut in Richtung Dirk Sußmann. Der IAG-Chef nickt: „Die Botschaft ist angekommen, die kriegen sie.“