Gelsenkirchen. Der Gelsenkirchener Bundesligist hatte VIP-Karten zu günstig an Spieler und Trainer abgegeben. Das fiel Steuerprüfern auf. Nun wird prozessiert.

Die Verantwortlichen von Schalke 04 müssen sich derzeit nicht nur mit den finanziellen Folgen befassen, die die Corona-Pandemie ausgelöst hat. Zusätzlichen Ärger bereitet der Vereinsführung das Finanzamt. Zwischen 2014 und 2017 waren die Steuerprüfer im Haus. Sie hatten aufgedeckt, dass der Verein Spielern, Betreuern und Trainern zwischen 2010 und 2012 extrem teure Luxuskarten für deren Freunde oder Angehörige viel zu günstig überlassen hat.

Gelsenkirchener Finanzbehörde erließ Steuer- und Haftungsbescheid

Über die nicht gezahlten Steuern erließ die Finanzbehörde einen Steuer- und Haftungsbescheid gegen den Verein. Der legte zwar Widerspruch ein, zahlte aber dennoch die Steuerschulden für seine Mitarbeiter. Der Verein klagt jetzt vor dem Arbeitsgericht gegen ehemalige Spieler und Trainer. Er will sich von ihnen die gezahlten Steuerschulden wieder zurückholen.

Generell ist der Arbeitnehmer selbst verantwortlich, den geldwerten Vorteil, den er durch die extrem verbilligten Karten erlangt hat, auch zu versteuern. In den Klageverfahren tauchen Namen auf, die zwischen 2010 und 2012 im Kader waren oder auf der Trainerbank saßen. Die Liste reicht von Alexander Baumjohann, über Levan Kenia, Peer Kluge, Bogdan Müller, Albert Streit bis zum Ex-Trainer Felix Magath und dessen damaligem Berater Gersch.

Spieler und Trainer zahlten zwischen 35 und 40 Euro

Für die Karten hatten Spieler und Trainer zwischen 35 und 40 Euro bezahlt. Das Finanzamt war bei seiner Schätzung von einem Einzelwert von über 300 Euro ausgegangen. Den tatsächlichen Wert hatte Schalke nicht angegeben. Die Tickets erlaubten neben komfortablen Sitzpositionen nicht nur den Plausch mit Spielern im Blauen Salon oder im LaOla-Club, sondern sie schlossen auch eine großzügige Bewirtung mit ein. Einige der Karteninhaber hatten sich auch exklusive Gerichte vom Sternekoch Jörg Freitag aus Dorsten servieren lassen. Für diesen Luxus waren dann schon mal 85 Euro pro Karte fällig.

Karten lagen im Trainingsraum neben den Schuhen

Dass die Spieler reichlich von den Sonderkonditionen Gebrauch machten, verrät die Summe, um die es im Einzelfall geht. In den Klagen ist von gut 12.000 Euro die Rede, die Schalke pro beklagtem Karteninhaber an das Finanzamt gezahlt hat. Bogdan Müller, der in der Saison 2010/11 in Schalke unter Vertrag stand, war aus Süddeutschland zur Verhandlung angereist. Er sei verdutzt gewesen, als er die Vorladung zum Gerichtstermin erhalten habe. Der Umschlag mit den Karten, erklärt er, habe im Trainingsraum neben seinen Schuhen gelegen. Eine Aufklärung über den tatsächlichen Wert der Karten habe es nicht gegeben.

Vorwurf: Schalke ist der Fürsorgepflicht nicht nachgekommen

Kein Interesse am Rechtsstreit

Noch stehen einige Klagen des Vereins gegen ehemalige Spieler aus. Der Rechtsvertreter von Schalke 04 hat erklärt, dass der Verein eigentlich kein Interesse habe, den Rechtsstreit vor Gericht auszutragen. Der geldwerte Vorteil, den die Karteninhaber durch zu niedrige Preise erzielt haben, muss auf jeden Fall versteuert werden.

Die Karten im VIP-Bereich sind beliebt, die Plätze bieten beste Sitz- und Sichtverhältnisse. Im Blauen Salon ist ein Plausch mit den Spielern nach dem Spiel besonders begehrt.

Der Rechtsvertreter des ehemaligen Spielers wirft Schalke vor, seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen zu sein. Der Spieler habe keine Chance gehabt, den Wert der Karte zu erkennen. Schalkes Rechtsvertreter erklärt, dass der Verein die einzelnen Verfahren eigentlich nicht führen wolle, betont gleichzeitig, dass jeder einzelne Spieler auch Steuerschuldner sei. Wobei der Verein aber für die richtige Berechnung zuständig sei, wandte die Richterin ein.

Beklagte sollen eine Verzichtserklärung unterschrieben

Einige Verfahren stehen noch aus. Der Verein, sagte ihr Anwalt, würde die Klagen zurückziehen, wenn die Beklagten eine Verzichtserklärung unterschrieben. Darin würden sie sich verpflichten, nicht von dem Antrag auf eine mögliche Verjährungsfrist Gebrauch zu machen. Einige Spieler haben die Verzichtserklärung bereits unterschrieben. Schalke wehrt sich gegen den Haftungsbescheid. Über den Widerspruch des Vereins hat die Finanzbehörde noch nicht entschieden. Ein Verfahren vor dem Finanzgericht, zu dem es vermutlich kommen wird, könnte lange dauern und über die Verjährungsfrist hinausgehen. Die vom Verein nachgezahlten Steuern werden sicherlich beim Fiskus bleiben. Die Frage ist nur, welches Konto letztlich in welcher Höhe belastet wird, das des Vereins oder das des Karteninhabers.