Eindhoven. Bis September ruht wegen Corona in Holland der Ball. Lars Unnerstall über seinen Ex-Klub Schalke und kommende harte Monate als Eindhoven-Torwart.
Der Abbruch der niederländischen Eredivisie ist wohl nur noch Formsache. Bis Anfang September wird nach einer Entscheidung der Regierung kein Profifußball mehr stattfinden. Der Verband KNVB will am Freitag mit allen Beteiligten beraten, wie die Spielzeit gewertet wird.
Insgesamt 29 Legionäre aus Deutschland sind von dieser Maßnahme betroffen. Darunter auch bekannte Gesichter aus der Bundesliga, wie etwa Lars Unnerstall. Der ehemalige Schalker (zwischen 2008 und 2014 bei S04) ist derzeit Stammtorwart beim Spitzenklub PSV Eindhoven.
Im Interview erklärt der 29-Jährige, wie er über den drohenden Saisonabbruch denkt und welche Probleme sich daraus ergeben. Zudem verrät der Keeper, dass er Schalke auch heute noch verbunden ist. Eine Pleite der Königsblauen im Zuge der Corona-Krise wäre für ihn eine „Katastrophe“.
Herr Unnerstall, der niederländische Ministerpräsident hat erklärt, dass der Profifußball im Land bis zum 1. September ausgesetzt wird. Wie haben Sie diese Entscheidung aufgefasst?
Lars Unnerstall: Als leidenschaftlicher Fußballer finde ich es schade. Ich hätte gern schon früher wieder angefangen. Doch die Sicherheit der Bevölkerung steht natürlich über allem und die ist nach Meinung der zahlreichen Experten im Land noch länger nicht gegeben. Daher ist es nur legitim, die Saison abzubrechen. Der niederländische Verband KNVB und die Uefa beraten am Ende dieser Woche noch einmal, wie es mit der Liga weitergeht – auch in Bezug auf den internationalen Wettbewerb. Darauf warten wir nun gespannt.
In Deutschland werden voraussichtlich ab Mai Bundesligaspiele vor leeren Rängen ausgetragen. Warum geht das in den Niederlanden nicht?
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Unnerstall: In den Niederlanden sind ausnahmslos alle Veranstaltungen verboten, bei denen ein Polizeiaufgebot eingesetzt werden müsste. Somit auch alle Begegnungen im Profifußball. Theoretisch könnte die Saison also erst im September fortgesetzt werden. Zu diesem Zeitpunkt würde normalerweise schon die neue Spielzeit laufen, daher scheint das keine Option zu sein. Spannend wird nun, wie die Uefa darauf mit ihren Qualifikationswettbewerben reagiert, die gewöhnlich auch schon vor September starten. Davon sind wir bei PSV direkt betroffen.
Nach aktuellem Tabellenstand wäre Ajax Amsterdam nur dank der besseren Tordifferenz gegenüber AZ Alkmaar Meister. Mit PSV müssten Sie als Vierter in die Europa-League-Qualifikation.
Unnerstall: Ob das wirklich die fairste Lösung ist, darüber wird hier hitzig debattiert. Ajax hat beispielsweise das bessere Torverhältnis, im Saisonverlauf aber zweimal gegen AZ verloren. Kritiker des Ganzen plädieren beispielsweise dafür, die Europapokalplätze nach dem Uefa-Koeffizienten zu vergeben. Auch die Entscheidung über den Abstieg hat riesige finanzielle Folgen. Es sind extrem schwere Entscheidungen und ich bin froh, sie als Spieler nicht treffen zu müssen.
Drohen Vereinen in den Niederlanden durch den Saisonabbruch Insolvenzen?
Unnerstall: Ich weiß natürlich nicht genau, wie es um die Finanzen einzelner Klubs bestellt ist. Gerade die Kleineren wie etwa mein ehemaliger Verein VVV Venlo werden aufgrund der Krise allerdings einsparen müssen, weil der Großteil der Einnahmen fehlt. Im Endeffekt ist es bei Fußballvereinen nicht anders als bei jedem anderen Unternehmen, dem plötzlich die Geschäftsgrundlage wegbricht.
In Deutschland hat auch Schalke 04 finanziell mit der Corona-Krise zu kämpfen. Inwiefern verfolgen Sie die Situation Ihres Ex-Klubs?
Unnerstall: Ich lese jeden Morgen deutsche Zeitung und informiere mich über die Lage in der Heimat. Nach sieben Jahren auf Schalke habe ich natürlich noch immer ein Auge auf den Verein und hoffe sehr, dass sie die Krise überstehen. Alles andere wäre eine Katastrophe. Ich habe auf Schalke meine ersten Schritte als Profi gemacht und werde dem Klub immer verbunden bleiben.
Sollten Sie tatsächlich bis zum 1. September keine Pflichtspiele mehr bestreiten dürfen, stehen noch über vier Monate ohne Fußball bevor. Wie gehen Sie mit diesem Gedanken um?
Unnerstall: Das ist extrem schwierig. Wir warten auf Lockerungen, denn wir wissen nicht einmal, wann wir in Eindhoven wieder trainieren können. Anders als in Deutschland dürfen wir uns nicht in Kleingruppen treffen, sondern halten uns nur individuell zu Hause fit. Weitere vier Monate ohne Wettkampf sind Gift für alle Profis. Doch es bringt nichts, zu jammern.
Haben Sie als Mannschaft schon besprochen, wie es weitergeht?
Unnerstall: Wir wurden bislang nur über die angeordnete Fußball-Pause bis September informiert. Noch ist offen, wie wir die Zeit bis dahin gestalten, wann wir wieder mit dem Training starten und wann wir Urlaub bekommen. Wenn in den kommenden Tagen noch mehr Klarheit herrscht, wird es sicher weitere Informationen geben.
Wie planen Sie persönlich für die kommende Saison?
Unnerstall: Mit dem neuen Trainer Roger Schmidt wird es spannend. Mein Vertrag läuft noch bis 2021 und ich bin gespannt, wie er mich sieht und wo der Verein mit mir hin will. In den kommenden Monaten werden wir mit Sicherheit genug Zeit für Gespräche haben. (lacht)