Gelsenkirchen. Für manche war das Spielplatzverbot “katastrophal“. Viel los war am Öffnungstag aber nicht. Aus Angst oder weil man sich anders arrangiert hat?

Kein Kind auf Schaukel und Kletterwand – nur zwei rauchende Jugendliche davor. Öffnungseuphorie? Am Spielplatz an der Robert-Koch-Straße in der Innenstadt ist am Donnerstag davon nichts zu spüren. „Wir haben den ganzen Morgen fast nirgendwo Kinder gesehen“, sagen auch zwei Mitarbeiter vom Quartierservice, die am ersten Tag der Spielplatzöffnungen nach den Corona-bedingten Schließungen ihren Kontrollgang durch die Stadt machen. „Hier sehen wir jetzt zuerst mehrere.“

Hier, das ist an einem der drei Spielplätze im Stadtgarten. Drei Familien spielen dort unter der Vormittagssonne, an unterschiedlichen Stellen. Abstand halten – so ist das kein Problem.

Als erstes geht es an die Tischtennisplatte

Brüder Dave (7, vorn) und Luca (8) haben als erstes die Tischtennisschläger ausgepackt.
Brüder Dave (7, vorn) und Luca (8) haben als erstes die Tischtennisschläger ausgepackt. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Luca (7) und Dave (8) packen erst einmal ihre Tischtennisschläger aus. Sich die Bälle hin- und her zu schlagen, haben die Brüder am meisten vermisst. Ihre Mutter ist erleichtert, dass die beiden nun wieder mehr draußen machen können als nur Familien-Dogge Layla beim Gassi gehen zu begleiten. „Sie waren unruhig, unausgelastet“, erzählt Anja Böhle (24). Als nächsten Schritt freut sie sich auf die Schulöffnung für die ersten Klassen. „Die ganze Zeit nur mit dem Bruder zu spielen, wird irgendwann langweilig.“

Wenige Meter weiter hat es sich der sechsjährige Leon mit seiner Mama Ines Böring auf dem Rasen gemütlich gemacht. Warum nicht endlich auf den Spielplatz? „Da gehen wir bestimmt die nächsten Tage mal hin“, sagt die 24-Jährige. „Die Wiese haben wir ganz für uns alleine“, ergänzt Leon lautstark. Stimmt, den Sandkasten muss man sich eben meistens teilen. Aber das klappt auch auf den anderen Spielplätzen im Stadtgarten ganz gut.

Mutter: Abstandsregeln einzuhalten wird schwierig

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Désirée Stöwsand (22) und ihre Freundin Chiara Stach (18) versuchen möglichst darauf zu achten, dass ihre eineinhalbjährigen Söhne Jacob und Gian nicht zu sehr mit anderen Kindern in Berührung kommen. So wünschen sich das auch Land und Stadt, die bei der Einhaltung der Abstandsregeln auf die Vernunft der Eltern setzen. „Aber dass sich zwei Kinder nahe kommen, wird sich auf Dauer nicht verhindern lassen“, sagt Désirée Stöwsand.

Für sie und ihren Sohn war die sechswöchige Schließung eine „Katastrophe“. Ob Trägheit oder Wutausbrüche – beides habe sich ohne Holzburg und Rutsche gehäuft. „Jacob konnte man das nicht wirklich erklären, dass man beim Spazierengehen am Spielplatz vorbeigehen muss.“

Fahrradfahren statt Sandburgen bauen

Bei Vierjährigen geht das schon besser: Der kleine Elias radelt zielgerichtet auf die Zwergenburg im Revierpark Nienhausen zu. Daneben der Opa, vollgeladen mit Bagger, Kipplaster und Co. „Jungs sind eben wild, die brauchen den Spielplatz. Aber er hat die Sache mit Corona schon ganz gut verstanden“, sagt Mama Irina Bußian – und wird dann direkt von ihrem Sohn unterbrochen. „Komm jetzt! Komm jetzt!“ Hier merkt man sie dann doch - die Eile, die Öffnungsfreude.

Elias (4) hat lange darauf gewartet, endlich wieder im Sand buddeln zu können.
Elias (4) hat lange darauf gewartet, endlich wieder im Sand buddeln zu können. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Aber auch wenn Familie Bußian nun „dankbar für wieder mehr Abwechslung“ ist: Die Zeit der Einschränkungen hat sie anderweitig genutzt. „Elias ist jetzt viel sicherer auf dem Fahrrad“, sagt Irina Bußian. Wenige Meter weiter, auf der großen Kinderburg, hört man Ähnliches. Auch Nadine Asic (39) hat in der Zwischenzeit ihrer Tochter Pia (4) das Radfahren beigebracht – außerdem „Parcours aufgebaut und unglaublich viel gebastelt.“ Irgendwie hat man sich eben arrangiert, in der spielplatzfreien Zeit.

Die meisten Familien scheinen es deshalb am ersten Öffnungstag nicht besonders eilig gehabt zu haben. Selbst auf den sonst so beliebten Spielplätzen im Revierpark: Verhaltener Andrang. „Die Leute haben eben noch ein bisschen Angst“, glaubt Spielplatzaufseher Stefan Kretschmann. „Der große Kinderansturm wird noch kommen.“

Maximal 15 Kinder auf der Kinderburg

Damit die Hygieneregeln auch bei großem Ansturm keine Herausforderung werden, hat der Ziegenmichel e.V. für die beiden privaten Spielplätze härtere Regeln getroffen als die Stadt. Während im städtischen Regelwerk von Maximalzahlen noch keine Rede ist, dürfen auf der Kinderburg höchstens 15, auf der Zwergenburg maximal zehn Kinder spielen. „Wir mussten aber heute noch niemanden bitten zu warten“, sagt Kretschmann, der mit drei weiteren Kollegen von 9 bis 15 Uhr kontrolliert. Sollten es in den nächsten Tagen mehr Kinder werden, will der Verein in zwei Schichten bis 18 Uhr kontrollieren. „Heute war aber alles im grünen Bereich.“

Ähnlich äußert sich die Stadt, die heute ganztägig kontrolliert hat. Die Abstandsregelungen sind laut Stadtsprecher Martin Schulmann gut eingehalten worden, die Flatterbändchen am einzigen noch gesperrten Spielplatz im Nordsternpark nicht entfernt worden. „Und besser es läuft alles langsam an, als wenn die Familien in Massen zu den Spielplätzen stürmen.“